Herrin Der Stürme - 2
durchnäßte und animalische Erniedrigung. Und wieder kamen feuerentfachende Blitzschläge. Brände rasten wütend durch die Zelte und legten alles in Schutt und Asche. Noch nie hatte Allart solch einen Sturm erlebt. Cassandra klammerte sich an ihn, barg ihren Kopf an seiner Brust und schluchzte voller Furcht. Dom Mikhails Gesicht zeigte wilden Triumph, als er zusah, wie der Sturm katastrophale Verwüstungen in den Lagern Scathfells und Damon-Rafaels anrichtete.
Schließlich, Stunden später, begann er wieder nachzulassen. Leises Donnergrollen blieb zurück und erstarb in bebenden Lauten auf den fernen Hügeln. Der Regen wurde allmählich schwächer. Als der Himmel sich zu weißlichen Wolkenfetzen aufklarte, blickte Allart ins Tal hinab. Zerstört und still lag es vor ihm. Im Lager wüteten noch ein paar Brände, dazwischen rasten die über ihre Ufer getretenen Flüsse dahin. Nirgendwo zeigte sich ein Anzeichen von Leben.
Dorilys – ihr Gesicht war weiß – wankte und fiel in einem Ohnmachtsanfall gegen Donal. Behutsam hob er sie hoch und trug sie hinein. Sie hat uns alle gerettet, dachte Allart, zumindest für den Augenblick. Aber zu welchem Preis?
28
Es war Mittag, bevor es irgendein Lebenszeichen im Lager von Lord Scathfell gab. Hoch über ihnen grollte es immer noch, und der unheilverkündende Lärm des Donners war zu hören und krachte über den Gipfeln. Allart fragte sich, ob Dorilys im erschöpften Schlaf noch immer von dieser schrecklichen Schlacht träumte und das Donnern ihre Alpträume widerspiegelte.
Renata meint, daß Dorilys das Magnetfeld des Planeten anzapft, überlegte er. Das kann ich mir gut vorstellen! Aber kann sie bei all der Energie, die durch ihren armen kleinen Körper und ihr Gehirn fließt, ohne Schaden zu nehmen, überleben?
Er fragte sich, ob es für Aldaran auf lange Sicht nicht besser gewesen wäre, aufzugeben. Was war das für eine Vaterliebe, die ein geliebtes Kind einer solchen Gefahr auszusetzen bereit war? Gegen Mittag erstarb der Donner. Cassandra, die man gerufen hatte, um Dorilys zu überwachen, berichtete, sie sei aufgewacht, habe gegessen und sei wieder in einen normalen Schlaf gefallen. Doch Allart fühlte immer noch eine angsterfüllte Unruhe, und ihm schien, als zuckten die Blitze immer noch unaufhörlich um die Burg. Auch Donal wirkte sehr beunruhigt. Obwohl er die Aufsicht über die Totengräber übernommen hatte, kam er immer wieder zurück, stahl sich zur Tür von Dorilys’ Zimmer und lauschte ihren Atemzügen. Renata sah ihn angsterfüllt an, aber er wich ihren Blicken aus.
Voller Angst fragte sie sich: Hat ihn der Gedanke an die Macht korrumpiert? Was geht in Donal vor? Aber auch sie hatte Angst um Dorilys und fragte sich, was die Anwendung jener sengenden Kraft dem Mädchen angetan hatte.
Ein oder zwei Stunden nach Mittag erschien ein Bote auf der zur Burg hinaufführenden Straße. Sie war ausgespült und zum Teil von Steinen blockiert, die beim Zusammenbruch des Turms hinuntergestürzt waren. Noch immer floß das Wasser in Rinnsalen auf ihr talwärts. Die Botschaft wurde Donal übersandt, der sie sofort zu Dom Mikhail brachte. »Vater, dein Bruder hat einen Boten mit der Bitte um Friedensverhandlungen gesandt.«
Aldarans Augen blitzten wild auf, aber er sagte ganz ruhig: »Sag meinem Bruder Scathfell, ich werde mir anhören, was er zu sagen hat.« Nach einiger Zeit kam der Führer der gegnerischen Armee zu Fuß den Pfad hinauf. Ihm folgten ein Friedensmann und zwei Wachen. Als er die Belagerungslinie überquerte, sagte er zu dem einzelnen dort postierten Mann: »Warte, bis ich zurückkehre.« Donal, der ihn zu Aldarans Empfangsraum begleiten wollte, wurde mit einem höchst verächtlichen Blick bedacht. Trotzdem, Scathfell wirkte geschlagen, und alle wußten, daß er gekommen war, um sich zu ergeben. Von seiner Armee war kaum etwas übriggeblieben – und von der Damon-Rafaels überhaupt nichts. Lord Aldaran, der sich darauf vorbereitet hatte, seinen Bruder im Empfangszimmer zu begrüßen, betrat den Raum mit Dorilys am Arm. Donal dachte an das letzte Zusammentreffen. Scathfell sah älter und verbitterter aus als damals. Das drückende Gewicht der Niederlage hatte auch ihn sichtlich altern lassen. Er blickte Donal und Dorilys in ihrem blauen Gewand an. Ein ernster, abschätzender Blick traf Allart, als dessen Name genannt wurde. Obwohl man ihn als Verräter und Aufrührer gebrandmarkt hatte, blickte Scathfell ihn mit dem fast ehrfürchtigen Blick des
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