Herrin Der Stürme - 2
auf sie loslassen! Es war nicht weit bis zum Lager, aber es schien so weit entfernt wie das Ende der Welt. Fortgesetzt zeigte sein Laran ihm Bilder von Geschehnissen, die sich ereignen würden oder konnten, wenn er nicht handelte. In allzu vielen dieser Zukunftsmöglichkeiten lag er leblos zwischen den von der Burg herabgestürzten Steinen und hatte Damon-Rafaels Messer in der Kehle. Und Damon-Rafael fuhr fort, die Mauern von Aldaran zu schleifen, die Nordländer und die Reiche in Besitz zu nehmen, als Tyrann viele Jahre zu regieren, alle verbliebenen Freiheiten der Menschen rücksichtslos zu beschneiden und ihre Verteidigungsanlagen mit noch mächtigeren Waffen dem Erdboden gleichzumachen. Schließlich drang er mit seinen Leroni in ihre Köpfe ein und machte sie alle zu gefügigen Sklaven seines Willens.
Allarts Herz schrie auf: Ah, mein Bruder, mein Bruder, wie sind wir so weit gekommen?
Damon-Rafael war kein schlechter Mensch. Aber er hatte Stolz und den Willen zur Macht; er glaubte ernsthaft zu wissen, was das Beste für die Menschen sei.
Er ist Dom Mikhail nicht unähnlich … Allart schrak vor diesem Gedanken zurück. Erneut verlor er sich in der erschreckenden Vision, in der dieses Land unter der Tyrannei Damon-Rafaels lag. Eine Vision, die die Gegenwart auslöschte.
Aber mein Bruder ist nicht schlecht. Weiß er das überhaupt? Schließlich hielt er an. Er sah, daß er auf einem ebenen Stück Straße stand, inmitten der herabgestürzten Trümmer des Turms. Am anderen Ende des ebenen Platzes stand Damon-Rafael und beobachtete ihn. Wortlos verbeugte sich Allart.
Sein Laran schrie auf. Das also ist der Ort meines Todes. Aber DamonRafael war allein und schien unbewaffnet. Allart spreizte die Hände, um erkennen zu geben, daß auch er keine Waffe trug. Schritt für Schritt gingen die Brüder aufeinander zu.
Damon-Rafael sagte: »Du hast eine treue und liebevolle Frau, Allart. Es wird mir Kummer bereiten, sie dir wegzunehmen. Aber du warst so widerstrebend, sie zu heiraten, und noch widerstrebender, sie in dein Bett zu nehmen, daß ich annehme, es wird dich nicht sehr bekümmern, wenn ich sie nehme. Die Welt und das Königreich sind voll von Frauen, und ich werde dafür Sorge tragen, daß du mit einer vermählt wirst, die du ebenso gern magst. Aber Cassandra muß ich haben. Ich brauche die Unterstützung der Aillards. Ich habe entdeckt, daß ihre Gene vor der Pubertät modifiziert worden sind, so daß sie mir einen Sohn mit der Hastur-Gabe, in der die der Aillards dominiert, gebären kann.« Allart räusperte sich und erwiderte: »Cassandra ist meine Frau, DamonRafael. Wenn sie dich liebte oder den Ehrgeiz hätte, Königin zu werden, würde ich euch beiden nicht im Wege stehen. Aber ich liebe sie, und sie liebt mich. Und du hast kein anderes Interesse an ihr, als dem an einer Schachfigur im Spiel um die politische Macht. Deshalb werde ich sie dir nicht überlassen. Eher werde ich sterben.«
Damon-Rafael schüttelte den Kopf. »Ich kann es mir nicht erlauben, sie über deine Leiche zu nehmen. Ich würde es vorziehen, nicht durch den Tod meines Bruders auf den Thron zu gelangen.«
Allart lächelte grimmig. Dann sagte er: »Dann kann ich dir also auf deinem Weg zum Thron Schwierigkeiten bereiten, und sei es durch meinen Tod!«
»Ich verstehe das nicht«, gab Damon-Rafael zurück. »Du hast mich gebeten, dir die Vermählung mit der Aillard-Frau zu ersparen, und jetzt sprichst du wie ein Romantiker von Liebe. Du hast geschworen, meinen Anspruch auf den Thron zu unterstützen, und jetzt verweigerst du mir deine Unterstützung und willst mich aufhalten. Was ist geschehen, Allart? Ist es das, was die Liebe zu einer Frau einem Mann antun kann? Wenn es das ist, bin ich froh, eine solche Liebe nie kennengelernt zu haben.«
»Als ich dir meine Unterstützung gelobte«, sagte Allart, »wußte ich noch nicht, was sich daraus entwickeln wird, wenn du König bist. Jetzt habe ich Prinz Felix Treue gelobt.«
»Ein Emmasca kann nicht König sein«, gab Damon-Rafael zurück. »Das ist eines unserer ältesten Gesetze.«
»Wärest du fähig, König zu sein«, erwiderte Allart, »wärest du nicht mit einer Armee unterwegs, um deine Herrschaft über die Nordländer auszuweiten. Du würdest warten, bis der Rat dir den Thron anbietet und seinen Ratschlag einholen.«
»Wie könnte ich meinem Königreich besser dienen, als dadurch, daß ich seine Macht auch über die Hellers ausweite?« fragte Damon-Rafael. »Komm, Allart, es gibt für uns
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