Herrin Der Stürme - 2
andauernd – ich kann es nicht aufhalten! Ich tue Margali weh; ich habe es Kathya angetan, als sie mich ankleidete. Oh, Cassandra, laß es aufhören, laß es aufhören! Kann niemand den Donner vertreiben?« Dom Mikhail trat heran und beugte sich über sie. Sein Gesicht wirkte verzerrt und besorgt. »Still, still, mein kleiner Schatz, niemand macht dir Vorwürfe.« Er blickte Cassandra gequält an. »Kannst du ihr helfen? Donal, du besitzt doch auch diese Art Laran. Kannst du nichts für sie tun?«
»Ich wünschte wirklich, ich könnte etwas tun«, sagte Donal, während er das Mädchen in den Armen wiegte. Dorilys entspannte sich. Erneut faßte Cassandra ihre Hand. Diesmal geschah nichts, aber sie fühlte sich geängstigt, als sie sich auf die ruhige Sachlichkeit einer Überwacherin vorbereitete.
Einmal blickte sie über Dorilys’ Kopf hinweg zu Renata, und diese verstand ihre Gedanken: Ich wünschte, sie würde erlauben, daß du es tust. Du hast viel mehr Erfahrung als ich.
»Ich werde dir etwas geben, das dich schlafen läßt«, sagte sie schließlich. »Vielleicht brauchst du nur Ruhe, Chiya.«
Als Renata das Schlafmittel brachte, hielt Donal das Fläschchen an ihre Lippen. Dorilys schluckte die Medizin gehorsam, aber ihre Stimme klang kläglich, als sie sagte: »Ich habe Angst vor dem Einschlafen. Meine Träume sind schrecklich, und ich höre, wie der Turm einstürzt. Der Donner ist in mir. Die Stürme sind alle in meinem Kopf …« Donal stand auf. Er hielt Dorilys noch immer in seinen Armen. »Ich werde dich zu Bett bringen, Schwester«, sagte er, aber sie klammerte sich an ihn.
»Nein, nein! Oh, bitte, bitte, ich habe Angst davor, allein zu sein. Ich habe solche Angst. Bitte bleib bei mir, Donal! Laß mich nicht allein!« »Ich bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist«, versprach Donal seufzend und gab Cassandra ein Zeichen, mit ihnen zu kommen.
Cassandra folgte ihm, als er Dorilys durch die Halle und die lange Treppe hinauftrug. Am Ende des Korridors war das Dach oberflächlich repariert worden, aber ein großer Haufen aus Steinen, Mörtel und Trümmern blockierte ihn noch immer. Cassandra dachte: Es ist nicht sehr verwunderlich, daß sie es in ihren Alpträumen hört.
Donal trug Dorilys in ihr Zimmer, legte sie auf das Bett und ließ ihre Damen rufen, die ihr die Kleider aufknöpfen und die Schuhe ausziehen sollten. Aber selbst als sie unter den Decken lag, wollte sie seine Hand nicht loslassen. Sie murmelte etwas, das Cassandra nicht verstehen konnte. Mit der freien Hand streichelte Donal sanft ihre Stirn. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit, darüber zu sprechen, Chiya. Du bist krank. Wenn du wieder gesund und kräftig bist und die Schwellenkrankheit ganz überwunden hast – dann ja, wenn du es wünschst. Ich habe es dir versprochen.« Er beugte sich vor, um sie sanft auf die Stirn zu küssen, aber sie zog seinen Kopf mit beiden Händen hinab, so daß ihre Lippen sich trafen. Der Kuß, den sie ihm gab, war alles andere als der eines Kindes oder einer Schwester. Donal zog sich verlegen zurück. »Schlafe, Kind, schlafe. Du bist erschöpft. Heute abend mußt du für die Siegesfeier in der Großen Halle gesund und kräftig sein.«
Lächelnd lag sie auf ihren Kissen.
»Ja«, sagte sie schläfrig. »Zum ersten Mal werde ich als Fürstin von Aldaran in dem Hohen Sessel sitzen … und du neben mir … als mein Gatte …«
Das starke Schlafmittel ließ sie immer müder werden. Dorilys schloß die Augen, löste aber den Griff von Donals Hand nicht. Es dauerte einige Zeit, bis sich ihre Finger soweit entspannten, daß er sie freimachen konnte. Cassandra war verlegen, Zeugin dieser Szene geworden zu sein, obwohl sie genau wußte, daß Donal sie gerade deswegen hatte dabeihaben wollen.
Sie ist außer sich. Wir sollten ihr keine Vorwürfe für das machen, was geschieht, wenn sie solcher Belastung ausgesetzt ist. Das arme Kind. Aber im Innern wußte Cassandra, daß Dorilys sich sehr wohl über ihre Beweggründe im klaren war.
An Jahren gemessen ist sie zu alt…
Als sie in die Halle zurückkehrten, blickte Renata ihnen fragend entgegen, und Donal sagte: »Ja, sie schläft. Aber im Namen aller Götter, Cousine – was hast du ihr gegeben, daß es so schnell wirkte?« Renata sagte es ihm, und er starrte sie bestürzt an.
»Das? Für ein Kind?«
Dom Mikhail sagte: »Das wäre sogar für einen Mann, der an der Schwarzfäule stirbt, eine zu große Dosis. War das nicht riskant?« »Ich habe nicht gewagt, ihr weniger
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