Herrin Der Stürme - 2
geht es auch mit einem Reich: In Zeiten wie diesen ist eine starke Hand vonnöten. In Kriegszeiten kann ein jüngerer Sohn – oder einer, dessen Elternschaft ungewiß ist – sich eine Machtstellung erarbeiten, wie zu keiner anderen.«
Allart dachte: Aber ich habe nicht den Ehrgeiz, ein Land zu beherrschen. Allerdings wußte er, daß Lord Aldaran das nie glauben würde. Für Männer seines Schlages war Ehrgeiz für einen Mann, der einem Herrscherhaus angehörte, die einzige legitime Empfindung. Und das ist es, was unsere Welt im Bruderkrieg erzittern läßt … Aber er sagte nichts. Hätte er es getan, hätte Aldaran sofort den Schluß gezogen, er sei weibisch – oder noch schlimmer, ein Feigling. »Mein Bruder und Großfürst meinte, ich könnte meinem Reich mit dieser Mission besser dienen, Sir.«
»Wirklich? Sie muß wichtiger sein, als ich gedacht habe«, sagte Aldaran mit ernstem Blick. »Nun, berichte mir, Verwandter, wenn deine Mission von so großer Bedeutung für Aldaran ist, daß dein Bruder seinen engsten Rivalen schickt!« Er wirkte verärgert und wachsam, und Allart wußte, daß er keinen guten Eindruck gemacht hatte. Als er jedoch zur Sache kam, entspannte Aldaran sich langsam und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Als Allart endete, nickte er und stieß mit einem langen Seufzer die Luft aus.
»Es ist nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte«, sagte er. »Ich habe ein bißchen Vorausschau und konnte deine Gedanken ein wenig lesen. Nicht viel; wo hast du gelernt, sie so abzuschirmen? Ich wußte, daß du gekommen bist, um mit mir über den Krieg zu sprechen und hatte schon gefürchtet, ihr wolltet mich wegen der alten Freundschaft, die zwischen deinem Vater und mir bestand, drängen, auf eurer Seite in die Kämpfe einzugreifen. Obwohl ich deinen Vater sehr schätzte, wäre ich diesem Wunsch sehr abgeneigt gewesen. Ich wäre vielleicht bereit, bei der Verteidigung Elhalyns zu helfen, würde man euch hart bedrängen, hätte es aber vermieden, gegen die Ridenows vorzugehen.«
»Solch eine Bitte habe zwar ich nicht geäußert, Sir«, bemerkte Allart, »aber würdet Ihr mir dennoch Euren Grund nennen?«
»Den Grund? Du fragst nach dem Grund? Nun, dann sage mir, Junge«, erwiderte Aldaran, »welchen Groll du gegen die Ridenows hegst?« »Ich persönlich? Keinen, Sir, außer, daß sie einen Luftwagen angriffen, in dem ich mit meinem Vater fuhr, und damit seinen Tod verursacht haben. Die anderen Reiche der Tiefländer sind gegen die Ridenows, seit sie das alte Serrais an sich rissen und sich alle Frauen einverleibt haben.«
»Ist das so schlimm?« frage Aldaran. »Haben die Frauen von Serrais eure Hilfe gegen diese Eheschließungen erbeten oder euch bewiesen, daß sie gegen ihren Willen verheiratet worden sind?«
»Nein, aber …« Allart hielt inne. Er wußte, daß es den Frauen von Hastur nicht erlaubt war, aus ihrer Sippe herauszuheiraten. Als ihm dieser Gedanke kam, griff Aldaran ihn auf und sagte: »Wie ich es mir dachte. Es ist so, daß ihr die Frauen für euch selbst und eure nächste Verwandtschaft wollt. Ich habe gehört, daß die männliche Linie von Serrais ausgelöscht ist; daß es die Inzucht war, die sie vernichtete. Ich weiß genug über sie, um vorherzusagen, daß das Laran der Frauen von Serrais keine hundert Jahre überleben wird, wenn sie wieder in die Hastur-Sippe einheirateten. Sie brauchen neues Blut in dieser Familie. Die Ridenows sind gesund und fruchtbar. Den Serrais-Frauen könnte nicht besseres geschehen, als daß die Ridenows sie nehmen.« Allart wußte, daß sein Gesicht seine Abscheu verriet, obwohl er sie zu verbergen suchte. »Wenn Ihr ein offenes Wort vergebt, Sir, ich halte es für abstoßend, über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen nur in den Begriffen dieses verfluchten Zuchtprogramms zu sprechen.« Aldaran schnaubte. »Aber du findest es angebracht, die Serrais-Frauen immer wieder an Hasturs, Elhalyns und Aillards zu verheiraten? Heißt das nicht auch, sie wegen ihres Laran zu züchten? Wieviel fruchtbare Söhne sind den Serrais in den letzten vierzig Jahren geboren worden? Komm, komm, glaubst du, die Fürsten von Thendara dächten auch nur daran, zu versuchen, die Reinheit der Serrais’ zu erhalten? Du bist jung, aber so naiv kannst du kaum sein. Die Hastur-Sippe würde Serrais eher aussterben lassen, als zu gestatten, daß Fremde sich in die Fortpflanzung einschalten. Aber die Ridenows haben nun einmal andere Vorstellungen. Und das ist für Serrais die
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