Herrin des Blutes - Thriller
zögerte, und ihr Mund blieb einen Moment lang offen stehen, bevor sie den Satz ernüchtert beendete: »… jemand anders.«
»Oh, ich weiß ganz genau, was du gedacht hast, Süße.« Die tote Frau auf dem Bett änderte ihre Position und streckte ein Bein über Dreams Bauch, bevor sie mit gespreizten Beinen auf ihr Platz nahm. Sie trug noch immer das hautenge, kurze schwarze Kleid, das nun bis zum Ende der Oberschenkel hochgeschoben war und ihre fleckige Haut entblößte, die einst so weich und straff gewesen war. »Du dachtest, ich wäre irgendein Typ, den du in einer Bar aufgegabelt hast. Aber woran du wirklich denken musstest, war …«
»Halt’s Maul!« Dream riss erneut vergeblich an ihren Fesseln. »Und geh von mir runter, du beschissenes, widerliches … Ding.«
»Das werde ich nicht tun.« Alicia schloss ihre aufgedunsenen Hände um Dreams Brüste und zwickte mit den Daumen ihre Nippel. Die Nägel waren unnatürlich lang und vergilbt. Als Dream zusah, wie sie ihre Haut streichelten, drehte sich ihr der Magen um. »Du bist wirklich nicht in der Position, irgendwelche Forderungen zu stellen. Und eins will ich ein für alle Mal klarstellen: Ich bin Alicia Katherine Jackson. Selbst wenn du es nicht wolltest, hast du mich trotzdem zurückgeholt und mir diesen untoten Zustand der Existenz eingebrockt. Ich kann dir außerdem sagen, dass ich keine allzu große Lust habe, mich meiner ehemaligen besten Freundin gegenüber nachgiebig zu zeigen. Es ist nicht besonders lustig, als halb verweste Leiche durch die Gegend zu stapfen.«
Dream konnte es noch immer nicht akzeptieren. Wenn sie hinnahm, was diese groteske Erscheinung ihr aufzutischen versuchte, dann war sie selbst eine Art Monster. »Nein. Du lügst. Du bist nicht sie, sondern irgendein Ding, das sich nur als Alicia ausgibt, um mir Kummer zu bereiten.«
»Unsinn. Denkst du wirklich, dass ich irgendein x-beliebiger Wiedergänger bin, der seine Spielchen mit dir treibt? Was für einen Sinn hätte das? Nein, ich hab dir gesagt, wer ich bin, und du wirst das wohl oder übel akzeptieren müssen.« Alicia kratzte sich mit einem ihrer vergilbten Fingernägel an einer der triefenden Rasiermesserwunden. »Die tun übrigens weh. Vielen Dank, dass du mir wieder einen Körper geschenkt hast, Dream, ehrlich. Danke, dass ich durch dich wieder etwas fühlen kann. Alles tut weh, Dream. Alles fühlt sich an, als würde ich jeden Moment auseinanderfallen, aber dank der Kräfte, die du meinem Körper eingehaucht hast, wird das nie passieren. Dafür möchte ich dir aus dem tiefen Grund meines toten, aber noch immer schlagenden Herzens tausend beschissene Male danken. Blöde Fotze.«
Vor Dreams Augen verschwamm alles. Sie schniefte und blinzelte die Tränen weg. »Es tut mir leid.« Ihre Stimme klang mickrig und leise, die Stimme eines geschundenen, gebrochenen Menschen. »Ich wollte dir niemals wehtun.«
Alicias Lächeln verschwand. »Ich frage mich, wie oft du das in deinem Leben schon behauptet hast. Weißt du, ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber ich glaube so langsam, der gute Chad hatte vor all den Jahren nicht ganz unrecht mit dem, was er über dich rumerzählt hat. Du liebst das große Drama. Du suhlst dich in Selbstmitleid. Und letzten Endes ist alles, was du je zustande gebracht hast, anderen Menschen wehzutun.«
»Hör auf.« Dreams Augen füllten sich weiter mit Tränen. »Bitte …«
Plötzlich waren auf der anderen Seite der Tür mehrere Stimmen zu hören. Alicia seufzte, kletterte aus dem Bett und stellte sich neben das Bücherregal. »Die Arschlöcher, die dich vorhin verschleppt haben, sind zurück. Ich glaube, ich lehn mich einfach zurück und genieße die Show. Hoffentlich lassen sie mir wenigstens noch ein paar klägliche Reste übrig.«
Die Tür wurde aufgestoßen und eine Gruppe junger Leute stürmte ins Zimmer. Dream zählte insgesamt acht, darunter die Tussi, die sie auf der Toilette des Villager angegriffen hatte, außerdem zwei weitere Mädchen und fünf Jungen. Sie schienen allesamt im Teenageralter oder Anfang 20 zu sein. Einer der Jungen schleppte eine riesige Kühlbox mit sich herum. Er klappte den Deckel auf und holte eine Dose Pabst Blue Ribbon heraus. Auch ein paar der anderen schnappten sich ein Bier. Eines der Mädchen trug ein schwarzes Zigeunerkleid. Sie war platinblond gefärbt, auch wenn ihr normalerweise schwarzes Haar am Ansatz bereits wieder zwei Zentimeter herausgewachsen war. Ihre langen Beine steckten in
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