Herrin des Blutes - Thriller
Sorgen machen?«
Michael gab den Versuch auf, die Aufmerksamkeit seines Verwandten zu erregen, und wandte sich dem Mädchen zu. »Und was, wenn, Marcy?« In seiner Stimme lagen aufrichtige Gehässigkeit und eine Härte, die durch das alkoholbedingte Nuscheln seiner Worte kaum gemindert wurde. »Hast du Angst, dass ich die Seiten wechsle?« Er trank einen Schluck von seinem Bier. »Und was, wenn ich das wirklich tue, hm? Was dann? Bringst du mich dann auch um?«
Marcy entgegnete zunächst nichts. Sie riss die Bierdose aus Michaels zitternder Hand, trank den Rest aus und warf die leere Dose in die offene Kühlbox. Dann legte sie eine Hand auf Michaels Schulter und sagte: »Für dich gibt’s heute Abend kein Bier mehr. Das macht dich nur irre und du musst dich wieder beruhigen.«
Der Junge zitterte am ganzen Körper. Marcys unmittelbare Nähe schien ihn aus irgendeinem Grund in Todesangst zu versetzen. Er wollte sich aus ihrem Griff winden, wagte es jedoch nicht. Ohne das Bier in der Hand wirkte er entschieden weniger mutig.
Mit sehr leiser Stimme erwiderte er: »Wir können das nicht tun. Das ist nicht richtig.«
Marcy versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, die in der ansonsten vollkommenen Stille des Raumes entsetzlich laut knallte.
»Verdammt«, sagte Alicia und brüllte vor Lachen.
Niemand reagierte. Die Jugendlichen konnten die tote Frau weder sehen noch hören. Dream blickte zu ihr hinüber. Alicia zwinkerte und warf ihr eine Kusshand zu. Dream zwang sich, ebenfalls keine Reaktion zu zeigen, und machte eine geistige Notiz, auch sonst auf nichts zu reagieren, was Alicia vielleicht noch tun oder sagen würde. Sie spürte, dass das Gleichgewicht im Raum gefährlich auf der Kippe stand und ihr eigenes Schicksal möglicherweise davon abhing, ob dieser Junge die Kraft hatte, sich weiterhin zu behaupten. Es war ihrer Sache ganz sicher nicht dienlich, wenn sie anfing, sich mit unsichtbaren Leuten zu unterhalten.
Marcy packte den Jungen am Kinn und beugte sich ganz dicht an ihn heran. »Wir werden das hier durchziehen. Niemand kann tun, was sich diese Schlampe geleistet hat, und kommt einfach so damit durch. Nicht, wenn es dabei um meine Familie geht, du Arschloch.« Der Junge zitterte noch mehr als zuvor, und Dream verzweifelte, als ihr bewusst wurde, dass der Kampf bereits verloren war. »Und was deine Frage angeht, Michael: Sagen wir einfach, du willst nicht, dass ich auch nur eine Sekunde darüber nachdenke, ob du damit liebäugelst, die Seiten zu wechseln.« Sie ließ sein Kinn wieder los und trat einen Schritt zurück. »Kann ich dir vertrauen? Und bitte, sag mir die Wahrheit, weil ich es sowieso merke, wenn du lügst.«
Michael seufzte und nickte. »Ja.«
»Und es ist ja auch nicht so, als wär sie der erste Mensch, den wir umbringen.« Es war Michaels Bruder oder Cousin, der seine Sprache schließlich doch wiedergefunden hatte. »Keiner von uns spricht darüber, aber wir wissen alle, dass es der Penner im Overton Park, auf den wir letzten Sommer losgegangen sind, nicht überlebt hat.«
Dreams Herz machte angesichts dieser Enthüllung einen Satz. Auch diesmal sagte niemand ein Wort. Der allgemeine Angstpegel schoss in astronomische Höhen. Noch mehr nervöses Fußgetrappel folgte. Begleitet von unruhigem Gezappel. Marcys Schwester wirkte entsetzlich blass, als würde sie sich jeden Moment übergeben.
Der winzige Anflug eines Lächelns umspielte Marcys Mundwinkel, verschwand jedoch sofort wieder. »Das ist in der Tat wahr«, durchbrach sie die Stille. »Danke, dass du uns daran erinnerst, Kevin. Aber zurück zu dieser Angelegenheit hier.«
Sie trat wieder ans Bett und ließ ihren abschätzenden Blick ganz offen und in aller Ruhe über Dreams gespreizte lange Beine und ihren nackten Körper schweifen. Dann sah sie Dream fest in die Augen und erklärte: »Du bist wirklich wunderschön, weißt du das?«
Dream machte sich nicht die Mühe, zu antworten.
Alicia baute sich auf der anderen Seite des Betts auf und sah sie ebenso abschätzend an. »Die Tussi ist zwar ’ne verfluchte Grufti-Schlampe, aber sie spricht die Wahrheit.« Sie setzte ein breites Grinsen auf, und aus den entstandenen Rissen rund um ihre Mundwinkel sickerte frisches Blut. »Hey, wenn sie dich wirklich umbringen, vielleicht kannst du genauso zurückkommen wie ich. Wär das nicht ein Spaß? Unser süßer heißer Feger ganz verrottet und stinkend?« Sie prustete los. »Also, mir würde das auf alle Fälle einen inneren Durchmarsch
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