Herrin des Blutes - Thriller
sein, um sich überhaupt darum zu scheren?«
Damit endete die Botschaft, und Allyson saß eine Zeit lang zitternd da, bevor sie den Mut aufbrachte, auch die letzte Nachricht abzuhören. Sie wollte den andeutungsvollen Tonfall des Mannes nicht noch einmal ertragen, aber sie wusste, dass sie sich anhören musste, was er zu sagen hatte. Also drückte sie auf eine Taste und lauschte. »Ich nehme an, dass Sie nun schreckliche Angst haben, Allyson. Angst nicht nur vor dem, was noch auf Sie zukommen wird, sondern auch davor, dass Ihre verzweifelte Hoffnung zerbricht und Chad doch irgendwann eins und eins zusammenzählt. Und das wird er, Allyson, das wissen Sie so gut wie ich. Er ist ein kluger Mann. Bereits in diesem Augenblick denkt er angestrengt über die verwirrenden Details nach, und schon bald wird er die Wahrheit über Sie herausfinden. Dann wird er Sie wegwerfen wie das Stück Dreck, das Sie ja auch tatsächlich sind.«
Es folgte ein Moment des Schweigens, eine Pause, in der er ihr die Möglichkeit gab, über seine Worte nachzudenken. Über die offensichtliche Wahrheit, die darin lag. Sie suchte verzweifelt nach einer Alternative, aber jedes Mal, wenn sie versuchte, sich eine glückliche Zukunft mit Chad vorzustellen, leuchteten die Bilder nur einen zerbrechlichen Augenblick lang in künstlich-verlogenem Sitcom-Glanz auf, ehe sie sich jäh in Luft auflösten.
Dann atmete der Mann deutlich hörbar ein und ganz langsam wieder aus. »Kein sehr schönes Bild. Aber wissen Sie was, Allyson? Ich bin heute in großzügiger Stimmung. Ich werde Ihnen eine Chance geben, aus diesem Durcheinander zu entkommen.«
Allyson spannte sich an und schloss erneut die Augen.
»Rufen Sie diese Nummer an, sobald Sie Ihr Ziel erreicht haben. Sagen Sie uns, wo Sie sind, und machen Sie sich aus dem Staub, sobald Sie niemand beobachtet. Wenn Sie tun, was ich sage, werde ich Ihr Todesurteil widerrufen. Sie werden zwar die 100.000 Dollar nicht mehr erhalten, die Ihnen ursprünglich zugesagt waren, aber das haben Sie sich inzwischen wahrscheinlich ohnehin gedacht. Sie dürfen die zehn Riesen behalten, die wir Ihnen als Vorschuss ausbezahlt haben … sofern davon noch etwas übrig sein sollte, natürlich. Was ich bezweifle, falls Sie noch immer dieser unsäglichen Kokainsucht aus Pornozeiten anhängen. Das ist der Deal, Sie Schlampe. Greifen Sie zu oder sterben Sie. Und vergessen Sie nicht … vor Sonnenuntergang.«
Die Nachricht endete, und Allyson drückte eine Taste, um sie zu löschen. Sie verwarf das Angebot, das sie erhalten hatte, nicht sofort. Es bot einen einfachen Ausweg aus einer sehr komplizierten Lage. Ein einziger Anruf. Sie konnte es tun, ihre Beine in die Hand nehmen und aus Jims »sicherem Hafen« verschwinden, wo immer zur Hölle der auch sein mochte. Sie hatte noch immer jeden einzelnen Cent der 10.000 Dollar Vorschuss. Sie hatte ihre Kokainsucht überwunden, bevor sie nach Georgia gezogen war, und der Versuchung, das Geld anzutasten, erfolgreich widerstanden. Es war zwar kein so komfortables Polster wie die 100.000, auf die sie ihren ursprünglichen Plan gestützt hatte, aber mehr als genug, um irgendwo ein neues Leben zu beginnen.
Allyson klappte ihr Handy auf und tippte eine Nummer ein. Sie hielt sich das Telefon ans Ohr und lauschte dem Klingeln. Der Mann antwortete nach dem zweiten Wählton. »Hallo, Allyson. Wollen Sie mein Angebot annehmen?«
Allyson ließ einen Moment verstreichen, bevor sie antwortete. Sie dachte immer noch nach. War sich immer noch unsicher. Sie wusste erst, was sie sagen würde, als die Worte ihren Mund bereits verlassen hatten. »Sie werden uns niemals finden, Sie verfluchtes Arschloch«, sagte sie, und in ihrer Stimme lag nicht das geringste Zittern. »Und es gibt nichts auf der Welt, womit Sie mir drohen oder mir Angst machen könnten. Ich habe Chad alles gebeichtet, und er hat mir verziehen. Und selbst wenn Sie herausfinden, wohin wir gehen, werde ich jeden töten, den Sie hinter uns herschicken, genau wie ich diese beiden Männer letzte Nacht getötet habe.«
Es folgte eine lange Pause am anderen Ende der Leitung. Dann erwiderte der Mann mit einem Grunzen: »Nächstes Mal werden Sie nicht in der vorteilhaften Lage sein, zu wissen, dass meine Männer kommen. Eines Nachts, wenn Sie schlafen, werden sie sich in Ihr Zimmer schleichen und Sie mitnehmen. Sie werden Sie zu mir bringen. Und dann …«
Ein leises Lachen.
Die Leitung war tot.
Das Telefon rutschte Allyson aus der Hand und landete
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