Herrin des Blutes - Thriller
und schwang seine Beine aus dem Wagen. Er hielt einen Augenblick lang inne, bevor er ganz ausstieg. »Ich vertraue dir, mein Freund, und wenn du dieser Frau dein Vertrauen schenken willst, dann akzeptiere ich das. Aber ich kann es mir nicht leisten, den Ort, zu dem wir unterwegs sind, zu gefährden. Wir werden anhalten, kurz bevor wir da sind, und der guten Allyson die Augen verbinden. Sie wird den Rest der Strecke bei mir mitfahren. Diese Bedingung ist nicht verhandelbar. Verstanden?«
Allyson antwortete, bevor Chad überhaupt eine Chance hatte, den Mund aufzumachen. »Verstanden. Ich tue, was immer du verlangst.«
Jim nickte. »Gut.«
Er wandte sich ohne ein weiteres Wort ab, knallte die Tür zu und kehrte zu seinem Pick-up zurück. Allyson machte es sich wieder auf ihrem Sitz bequem und spürte, dass ihr die Augen zufielen. Es gab noch so vieles, was sie Chad über ihr altes Leben in Kalifornien erzählen wollte. So vieles, was sie ihm erklären musste, aber dafür fehlte ihr im Moment einfach die Kraft.
Dunkelheit umfing sie, während der Lexus dem alten Ford zurück auf den Highway folgte.
Kapitel 10
Giselle Burkhardt öffnete die Augen in völliger Dunkelheit. Sie war zurück. Sie konnte den kalten Stahl des Käfigs unter ihrem Hintern spüren. Giselle rappelte sich auf und packte die Gitterstäbe ihres Gefängnisses. Sie zog sie so problemlos auseinander, als wäre sie ein Kind, das ein ungeschickt zusammengesetztes Lego-Häuschen demontiert. Das Material gab mit verblüffender Leichtigkeit nach. Sie kletterte aus ihrem Gefängnis und sprang auf den Boden. Ihr Instinkt leitete sie zum einzigen Ausgang des Raums – einer Stelle, an der das Gefüge der Realität durchlässiger und empfänglicher für magische Manipulation war. Sie spreizte die Hände auf der kalten Steinmauer und fokussierte ihren Willen.
Es war ganz einfach.
In der Mauer zeichnete sich eine Tür ab, die Giselle entgegenschwang. Sie trat in ein großes Zimmer, das den ehemaligen Gemächern des Meisters exakt nachempfunden war. Die Tür schloss sich hinter ihr, und die Umrisse der Öffnung verschwanden augenblicklich. Ein seltsames Gefühl des Friedens ergriff Giselles Körper, als sie sich in ihrer neuen, auf unheimliche Weise vertrauten Umgebung umsah. Sie hatte ihr feuchtes, eiskaltes Gefängnis als andere Frau verlassen. Es war, als hätte sie beim Gang zurück durch Azaroths Portal eine alte Haut abgestreift. Die fehlenden Teile ihres Körpers waren ersetzt worden, aber parallel hatte auch eine innerliche Wandlung stattgefunden.
Der Mord an Eddie und seiner Frau schien die letzten Reste ihres Gewissens ausgelöscht zu haben. Sie war nicht länger eine erlöste Sünderin. An ihren Händen klebte frisches Blut. Unschuldiges Blut. Sie hatte es bereitwillig vergossen, ja, sogar begierig. Sie fürchtete sich nicht länger vor der tiefen Wahrheit über ihr Wesen, schreckte nicht vor dieser Erkenntnis zurück. Sie war eine Mörderin. Eine Sadistin. Und indem sie Eddie tötete, ließ sie die gezähmte Bestie von der Leine, die sie so lange im finstersten Winkel ihrer Seele verborgen hatte.
Sie musste an Eddie denken und versuchte, einen Hauch ihrer früheren Gefühle für ihn heraufzubeschwören, aber diese Gefühle schienen inzwischen ebenso tot zu sein wie sie selbst.
Sie hatte es schnell getan, war förmlich durch das Wohnzimmer auf das ahnungslose Paar auf dem Sofa zugerauscht. Die beiden schauten sich einen Film an und lachten laut. Sie umarmten sich. Der Kopf der Frau ruhte an Eddies Schulter. Giselle packte ein Büschel von Eddies Haar und riss seinen Kopf zurück. Eddie würgte, als er aufsah und sie anstarrte. Seine Frau schrie. Für einen Augenblick lang huschte Erkenntnis über Eddies entsetzte Miene. Vielleicht sprach auch der Schmerz über ihren Verrat aus seinen Augen. Das Messer schlitzte ihm die Kehle auf, und Blut quoll aus der Wunde, während Eddies Frau sich von ihrem sterbenden Mann löste und zu Boden fiel. Sie rappelte sich wieder auf und stürzte zur Tür.
Giselle setzte ihr nach, bewegte sich mit der Geschwindigkeit und Anmut eines Wolfs. In einem unnatürlichen, unmenschlichen Tempo. Sie packte die schreiende Frau an der Schulter, wirbelte sie herum und schleuderte sie gegen die Tür. Dann rammte sie das Messer in das weiche Fleisch und trieb es direkt unter dem Brustbein tief in den Körper der anderen hinein. Die Frau schrie erneut auf und schlug noch ein wenig um sich, aber Giselle umschloss ihre Kehle mit
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