Herrin des Blutes - Thriller
um ihn erblinden zu lassen. Erneutes Wimmern. Undeutliches Murmeln. Sie bearbeitete ihn ausführlich mit dem Messer, und ihre brodelnde Wut trieb sie dazu, den Körper des Mörders ihrer Freundin auf erdenklich obszönste Weise zu verstümmeln.
Bis er sich schließlich nicht mehr rührte und sein Atem versiegte.
Dream erhob sich und betrachtete erneut ihr Spiegelbild. Ihre Klamotten aus dem Secondhand-Laden waren blutgetränkt. Überall Blut. Sie schielte zu Marcy hinüber, die ans Bett gelehnt auf dem Boden saß und den reglosen Körper ihrer Schwester in den Armen wiegte. Als ihr Blick Dream traf, glänzte ihr Gesicht unter Tränen.
Marcys Trauer brachte einen Teil der Härte zum Schmelzen, die von Dreams Seele Besitz ergriffen hatte.
»Ist sie …?«
Marcy nickte und schniefte. »Ja.«
Dream spürte, wie Trauer in ihr hochstieg, aber sie schluckte sie hinunter. Ein Mitglied ihrer Adoptivfamilie war tot, und sie würden eine Weile brauchen, um den Verlust zu verarbeiten. Aber im Moment gab es Dringlicheres, um das sie sich kümmern mussten. Sie riss den Mann im Anzug auf die Beine und beugte sich ganz dicht zu ihm. Ihre Gesichter waren nicht mehr als zwei Zentimeter voneinander entfernt.
»Wer hat euch geschickt?« Ihre Stimme klang leise, ihr Tonfall ruhig, aber die Erbarmungslosigkeit, die darin mitschwang, ließ sich nicht überhören. »War es Miss Wickman? Sie war es, nicht wahr? Ich habe es in den Augen dieses Jungen gelesen, bevor ich sie ihm ausstach.«
Der Mann schluckte mühevoll. Seine blutunterlaufenen Augen tanzten in den Höhlen hin und her. Sein Atem stank nach billigem Bier und noch billigeren Zigaretten. Er leckte sich das Blut von der Unterlippe und schluckte erneut. Er konnte ihre wilde Entschlossenheit spüren und wusste, dass es in seiner Situation nur Raum für die Wahrheit gab.
»Nicht Miss Wickman. Sie ist weg. Tot.« Er leckte sich erneut die Lippen und zitterte. Er hatte Angst vor Dream, keine Frage, aber seine Angst vor der Person, die ihn geschickt hatte, wer immer es gewesen sein mochte, schien noch größer zu sein. »Eine andere hat ihren Platz eingenommen. Meisterin Giselle.«
Alicia war schon wieder auf den Beinen. »Die Schlampe ist tot? Ehrlich?«
Der Mann nickte. »Ja. Und sie ist noch schlimmer als Miss Wickman. Die alte Hexe hatte ihre Leute ausgesandt, um nach Überlebenden aus dem Haus des Blutes zu suchen. Ich nahm an, dass der Irrsinn mit ihrem Tod ein Ende nimmt. Aber auch die neue Meisterin verlangt nach euch. Ich weiß nicht, warum, und das ist die ganze verdammte Wahrheit.«
Dream lächelte. »Ich glaube dir. Wie heißt du?«
Der Mann hustete. »Harlan Dempsey. Aber alle nennen mich nur Dempsey.«
Dream hörte Sirenen, die durch die Nacht heulten. Eine Menge Sirenen, die mit jeder Sekunde näher kamen. Das Geräusch von quietschenden Reifen auf dem Parkplatz. Sie ließ das Hemd des Mannes los und stieß ihn brutal zur Seite. Er stolperte über die Bettkante und polterte auf die Matratze. Stimmen drangen heran. Geschrei und entschlossene Befehle. Blinkende rote und blaue Lichter drangen durch den Spalt an der Seite der Jalousien.
Alicia warf ihr einen besorgten Blick zu. »Dream?«
»Alles okay, Alicia. Ich kümmere mich darum. Und sobald ich damit fertig bin, wird uns Harlan zu dem verdammten Höllenloch führen, in dem sich dieses Miststück von Giselle verkrochen hat. Ist es nicht so, Harlan?«
Harlans Blick huschte von den Fenstern zu Dream und zurück. Er schluckte schwer und nickte. »Sicher. Klar. Wenn ihr das wollt.«
Dream richtete sich an Alicia. »Diese Suche ist noch nicht vorbei. Miss Wickman mag tot sein, aber wir haben eine Bestimmung zu erfüllen, klar?«
Alicia nickte langsam. »Ja. Alles klar, Dream. Und ich bleibe bis zum bitteren Ende an deiner Seite.« Sie spähte zur Zimmertür. Das hektische Treiben auf dem Parkplatz wurde immer lauter. »Aber bist du auch sicher, dass du uns hier rausboxen kannst?«
Dreams Augen funkelten. »Ja.«
Marcy rappelte sich auf und griff nach der Glock. »Ich helfe dir.«
Dream lächelte sie an. »Danke. Aber das wird nicht nötig sein. Bleib einfach hier und genieß die Show.«
Sie ging zur Zimmertür und umfasste den Türknauf, der inzwischen wieder abgekühlt war. Sie wappnete sich für das Bevorstehende und öffnete die Tür.
Noch mehr Gebrüll.
Eine Stimme quäkte aus einem Megafon und erteilte Befehle, die Dream ignorierte. Sie schritt furchtlos der Ansammlung auf sie gerichteter Pistolen
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