Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
Vom Netzwerk:
habe eine rechtskräftige Ehe mit Herrn von der Wenthe geschlossen, und ich werde diese Ehe achten. Und pflegen werde ich meinen Gatten selbst.«
    Es überraschte sie nicht, dass er aufsprang und mit dem irren Blick eines Berserkers auf sie zukam. Schnell floh sie über die Diele und die Treppe hinauf. Als ihr Vater den Fuß der Treppe erreichte, war sie schon an der Tür ihrer Kammer. Er begriff, dass die Verfolgung sinnlos war, und blieb unten. Ada nahm noch einmal ihren Mut zusammen und trat ans Geländer der Galerie. »Es würde als unchristlich betrachtet werden, falls du mir die Unterstützung deines Hauses bei der Pflege meines Gatten verweigerst. Sobald er gesund genug ist, werden wir dir nicht weiter zur Last fallen.«
    Die Stimme ihres Vaters war wie drohendes Gewittergrollen. »Du weißt nicht, was du redest, und nicht, wie die Leute etwas betrachten. Was sie sehen werden, ist, dass du dich von einem Haderlumpen hast fangen lassen. Begreif es schnell, dann lässt es sich noch richten. Glaub nicht, ich helfe dir weiter, wenn er überlebt und du ihn am Hals hast. Von mir siehst du keinen Heller. Sei glücklich, dass meine Gesinnung so christlich ist, dass ich euch nicht umgehend in die Gosse werfe.«
    Ada ließ ein Nicken als Antwort genügen, bevor sie in die Kammer ging. Sie fuhr zusammen, als sie Carton neben der Tür bemerkte, wo er mit dem Degen in der Hand gelauscht hatte. Fahrig machte sie die Tür zu und drehte den Schlüssel im schwergängigen Schloss.
    Carton bewegte sich mühsam zu seinem Lager zurück. Mit der gesunden Hand, in der er auch den Degen hielt, stützte er sich an der Wand ab.
    Ada schnaubte belustigt. »Was wolltet Ihr tun? Attackieren? Ihr wäret ja kopfüber die Treppe hinuntergestürzt.«
    Er hielt inne und sah sie mit treuherzigem Augenaufschlag an. »Zu Eurem Schutz hätte ich mein Bestes versucht.«
    Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. »Das ist liebenswürdig, aber für Euch gibt es mehr zu befürchten als für mich.« Weit mehr, dachte sie. Einen Totschlag wollte sie ihrem Vater nicht zutrauen, aber es lag ihm bestimmt nicht fern, die Krankheit der beiden Männer auszunutzen, um sie loszuwerden.
    Aus christlicher Gesinnung behielt er sie nicht im Haus, er wollte nur Aufsehen vermeiden, da war Ada sicher. Gotthard Lobeke wusste so gut wie sie, wie die Leute sich damals das Maul über ihn zerrissen hatten, als es um ihre sterbende Mutter gegangen war. Er würde sich gut überlegen, ob er wieder einen Schwerkranken aus dem Haus wies.
    Carton sackte gequält auf der Strohmatratze am Boden zusammen. »Wenn es mir besser ginge und der Mann nicht Euer Vater wäre, dann hätte ich ihn für den ›Haderlumpen‹ zum Duell gefordert.«
    Seine Worte weckten in Ada warme, fast mütterliche Zuneigung. Er hatte ein junges, hübsches Gesicht, konnte nicht viel älter sein als sie selbst und steckte voll unverbrauchtem Heldenmut. Mehr, als gut für ihn war. Sie hatte das von ihrem Bruder Gotthard in Erinnerung. »Mein Vater hat immer Hellebarden und eine Muskete besessen, aber nie einen Degen. Einen Zweikampf würde er lächerlich nennen. Leute, mit denen er Händel hat, bringt er vor Gericht, und darin ist er gut. Bestimmt wird er versuchen, meine Ehe für ungültig erklären zu lassen. Ich kann nur hoffen, dass wir keinen Fehler gemacht haben, denn seine Juristen-Freunde wüssten ihn sicher zu finden.«
    »Es hat alles seine Richtigkeit.« Carton konnte nicht länger aufrecht sitzen und streckte sich auf seinem Lager aus. »Bis zu dem Tag, an dem wir vom Besitz seines Vaters aufgebrochen sind, hat Lenz nie einen Fehler gemacht. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Ich kann ein Papier nicht so schnell lesen, wie er eine kluge Antwort fertig diktiert.« Seine Augen fielen zu, er sprach schon wie im Schlaf. »Ohne ihn hätte ich mich schon viel öfter in Schwierigkeiten gebracht.«
    Zu Adas Freude stand ein Tablett mit Essen auf dem kleinen Tisch beim Fenster. Die letzte Aufregung hatte sie noch hungriger gemacht. Während sie sich setzte, stellte sie sich vor, dass ihr Vater in seiner Kammer genau unter ihr saß, wie ein Dämon der Unterwelt. Mochte er lauern, für den Moment war sie in Sicherheit. Sie hob den Deckel von der Steingutschüssel. Hühnerfrikassee. Das Wasser sammelte sich in ihrem Mund. Sie überlegte, ob sie angesichts der leidenden Kranken ein schlechtes Gewissen für ihren Appetit haben musste. Dann befand sie, dass es niemandem half, wenn sie sich nicht bei

Weitere Kostenlose Bücher