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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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entgegenbrachte, die er sich ausgemalt hatte. Er räusperte sich und nahm den nassen Hut ab. »Störe ich dich?«
    »Ich habe gedacht, du kommst nicht mehr.«
    Erschöpft und verzweifelt klang sie. Hatte sie wegen ihm geweint? Weil sie dachte, er käme nicht zurück? »Christopher kommt morgen nach. Mich hielt in Hermannsburg nichts. Ich hatte gehofft … Ist dir nicht wohl?«
    »Ich habe einen Brief bekommen. Du kannst ihn lesen.« Sie zeigte auf einen kleinen Stapel Papiere.
    »Schlechte Nachrichten? Ist jemand gestorben?«
    Ihre Reaktion verwirrte ihn vollends. Erst lachte sie auf, dann fing sie an zu weinen. »Nein«, schluchzte sie. »Eben nicht gestorben.«
    Sie hob mit spitzen Fingern einen der Briefe auf und schob ihn auf dem Tisch in seine Richtung. »Was soll ich antworten?«, fragte sie – nicht ihn, sondern sich selbst. Sie sah aus, als würde sie sich das seit Stunden fragen. Er hob den Brief auf und holte seine Brille von der Schreibplatte des Schrankes.
    Teure Konrade, verehrte Gemahlin,
    nach langen Irrfahrten ist es mir vor wenigen Tagen endlich geglückt, den Heimweg nach Celle zu finden, wo mich die, wie ich gestehe, nicht völlig überraschende Erkenntnis erwartete, dass ich sowohl von Euch als auch meiner Familie als tot aufgegeben worden war. Ich bin mir bewusst, dass meine Auferstehung für Euch eine große Erschütterung sein muss. Doch das wird die Zeit remedieren.
    Des Weiteren muss ich Euch mitteilen, dass mein verehrter Herr Großvater bei meinem Erscheinen von einem Schlag getroffen wurde und nun schwerkrank darniederliegt. Die Medici geben ihm nur noch kurze Zeit, die schon abgelaufen sein mag, wenn Euch dieser Brief erreicht.
    Ihr werdet verstehen, dass ich als Erbe des Hauses nun ohne Verzug dafür sorgen muss, dass unser Eheverhältnis geklärt wird. Euch muss selbstverständlich bekannt sein, dass die Rücknahme Eurer Mitgift und die Ehe mit dem Gehilfen und Nachfolger Eures Vaters, so Ihr sie bereits eingegangen seid, keinen rechtlichen Bestand haben und Ihr weiterhin meine Gemahlin seid. Ich gehe davon aus, dass Eure Loslösung von meiner Familie weniger Eurem als dem verständlichen Betreiben Eures Vaters zuzurechnen ist, und vergebe Euch. Allerdings werdet Ihr begreifen, dass diese Angelegenheit für einen Mann meines Standes eine erhebliche Unannehmlichkeit bedeutet, und ich vertraue nun darauf, dass Ihr mich nach Kräften dabei unterstützen werdet, sie rasch und diskret in Ordnung zu bringen.
    Sobald die Umstände, betreffend meinen armen Großvater, es zulassen, werde ich mich auf den Weg zu Euch machen.
    Euer Gemahl
    Dietrich von Bardeleben
    Ada sah Lenz mit brennenden Augen beim Lesen zu, fühlte sich aber innerlich so leer, dass sie sich nicht einmal darum sorgte, wie er die Nachricht aufnehmen würde. Sie sah Überraschung in seinen Zügen, dann Fassungslosigkeit, Misstrauen und am Ende Wut.
    Mit einem Knurren senkte er den Brief und legte unsanft die Brille auf den Tisch. »Willst du zu ihm zurück?«
    Er blaffte sie an, als wäre alles ihre Schuld. Neue Tränen drängten in ihr hoch, ließen sich nicht zurückhalten. Stumm schüttelte sie den Kopf.
    Er schleuderte den Brief von sich, das Papier flatterte zu Boden, halb unter den Schrank.
    »Dann schert uns das nicht.« Er kam zu ihr, drehte ihren Stuhl vom Tisch weg und zog sie hoch. Seine Sachen waren nass und kalt, sie schauderte und fing an zu zittern. »Lass ihn doch kommen«, sagte er, sein Mund schon ganz nah bei ihren Lippen, und danach hatten sie keine Zeit mehr zum Sprechen.
    In diesen Kuss legte er hinein, was er wochenlang für sie aufgespart hatte. Ihre Verzweiflung wurde von seinem Verlangen weggefegt. Er legte ihr besitzergreifend eine Hand in den Nacken, während er mit der zweiten sein Wams aufknöpfte.
    Als hätte sie ihm noch ausweichen wollen. Sie grub selbst ihre Finger in seine Schultern, sein nasses Haar.
    Es dauerte lange, bis sie sich von ihren Kleidern befreit hatten. Zumal Lenz sich wieder nicht damit zufriedengab, sie im Hemd zu lassen, sondern ihr auch noch ihre letzte Hülle raubte. Es war köstlich, wie seine kalte Haut danach auf ihre traf, wie er es ihr in dem Versuch gleichtat, so viel Haut wie möglich aneinanderzulegen, als wollten sie auch auf diese Art verschmelzen.
    Sie hatten keine Zeit, die türkisch gemusterte Decke vom Bett zu ziehen, sie hatten keine Zeit, das Licht zu löschen oder mehr Licht zu machen, keine Zeit, den Schlüssel im Türschloss zu drehen.
    Viel zu lange hatte

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