Herrin wider Willen
es schon bis zu diesem Moment gedauert. Sie fielen auf das schmale Lager, und Ada erfuhr zum ersten Mal, welche Gewalt im Begehren eines Mannes stecken konnte. Lenz’ Gesicht war hart, als wäre er wütend, und er war bald nicht mehr sanft. Doch selbst dann wollte sie ihn noch, selbst wenn er sie nach seinem Belieben herumstieß. Ihr wurde schwindlig von der Gier, die sie beide um Luft ringen ließ. Zuerst war sie stumm, später entkamen ihr Laute wie von einem Tier. Es fiel ihr nicht ein, sich dafür zu schämen. Er verstand ihr Seufzen, ihre kleinen Schreie, er lauschte, was ihr besondere Lust verschaffte. Eine Weile diente er ihr, dann hörte er sie nicht mehr, flüsterte ihr ungeheuerliche Dinge zu, die sie kaum begriff, bis er sich schließlich mit einem Wonnestöhnen in ihr ergoss. Sie streichelte ihn, bis er wieder zu Atem gekommen war. »Was hast du da für sündige Sachen gesagt?«
Er lachte in sich hinein, sie fühlte es auf ihrer Brust. Seine Stimme klang wärmer als sonst. »All die sündigen Sachen will ich noch mit dir tun. Gleich heute Nacht. Verrätst du mich an den nächsten Pastor, wenn uns je wieder einer begegnet?«
»Ob ich die sündigen Sachen mit dir tun werde, das fragst du nicht?«
»Das ist nicht nötig. Ich weiß, dass du es wirst. Und du wirst es nicht bereuen. Sag mir, seit wann willst du mich?«
Ada wurde rot und überlegte, ob sie lügen sollte, verwarf es jedoch. »Von Anfang an. Seit Christopher uns bekannt gemacht hat. Ich habe es mir nur verboten.«
»Wir sind offenbar beide nicht besonders gut darin, unseren wahren Wünschen zu folgen. Mir tut es leid um die vergeudete Zeit.« Er hob den Kopf, küsste sie und verlagerte dann sein Gewicht auf seine Ellbogen.
»Du hast mir sehr gut vorgespielt, dass du mich nicht willst«, sagte sie.
»Ich habe es mir selbst sehr gut vorgespielt. Verzeih mir. Es ist vorbei, und nun gebe ich dich nicht mehr her.« Neckend fuhr er mit den Lippen ihren Hals hinab bis zu ihrem Busen, und sie schauderte.
»Aber wir sind gar nicht verheiratet, Lenz. Was soll ich mit Dietrich machen?«
»Er muss dich aufgeben. Wir werden alles regeln. Ich sage ja nicht, dass wir keine Sorgen haben.«
»Ich werde ihn davon überzeugen, dass es so besser ist. Er muss nur erfahren, wie verschuldet mein Vater ist. Wenn ich meine Mitgift abtrete, hat er von mir ja nichts mehr zu erwarten. Dann kann er sich mit meinem Vater um das Recht darauf streiten.«
»Ist er so dumm, dass er deinen Wert nur darin sieht?« Für eine Antwort darauf ließ er ihr keine Zeit. Er arrangierte das Bettzeug mehr nach seinem Geschmack und neckte Ada mit Küssen, bis sie vor ihm lag, wie er es sich wünschte. Ein zärtliches Spiel begann zwischen ihnen, welches beinah die ganze Nacht dauern sollte.
Dietrich von Bardeleben war wütend. Er war es schon gewesen, als er aus Celle aufbrach. Nie wieder hatte er reisen wollen, so hatte er sich geschworen, als er nach all den Jahren endlich wieder dort angekommen war.
Es blieb ihm keine Wahl.
Auf den Brief an seine Gemahlin war keine Antwort gekommen. Er hatte ihr nicht gleich einen Vorwurf daraus gemacht. Der Brief konnte verlorengegangen sein, denn was ging nicht alles verloren in diesen Zeiten. Dennoch war er wütend, als er aufbrach. Weil er reisen musste, weil sein Schwiegervater ausgerechnet so kurz vor seiner Rückkehr beschlossen hatte, die Tochter neu zu verheiraten, und damit alles verkompliziert hatte. Weil sein Großvater gestorben war, kaum dass er ein paar Tage daheim gewesen war, und ihn mit dem Besitz, den Schulden und den Pflichten allein ließ, mit denen er sich nicht mehr auskannte.
Die Großmutter zählte nicht als Unterstützung. Die lag ihm von der ersten Stunde an nur mit ihrem Wunsch nach legitimen Enkelkindern in den Ohren.
Seine Wut war um ein Vielfaches gewachsen, als er in Lüneburg erfahren musste, dass seine Gemahlin noch kompliziertere Verhältnisse geschaffen hatte, als befürchtet. Von der Wenthe war kein unbekannter Name für ihn, vielleicht war das Geschlecht sogar mit seinem eigenen entfernt verschwägert, wenn die von Bardelebens auch nur von untituliertem kleinem Adel waren. Auf jeden Fall war es durch diese Wendung fraglich geworden, ob man die Angelegenheit ohne Aufsehen würde regeln können.
Aber sein Recht würde er schon bekommen. Als vom Schicksal gebeutelter Soldat hatte er in den vergangenen Jahren geübt, es sich zu erkämpfen.
15
Als die Sonne aufging, hatte der Regen aufgehört,
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