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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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stand-by. Die
Journalisten sitzen in der ersten Reihe. Ich habe sogar einen deiner ehemaligen
Kollegen im Publikum gesehen.«
    Sie trat
einen Schritt näher und blickte ihm tief in die Augen. »Wir haben einen
Einspieler vorbereitet. Archivmaterial über die alten Karteien in der
Birthler-Behörde, Außenaufnahmen von Pullach und der BND-Baustelle in Berlin.
Die Kollegen vom Nachtmagazin stehen Gewehr bei Fuß, um dir jeden Satz von den
Lippen abzulesen und an die Agenturen weiterzugeben. Ein Vertreter vom
Verfassungsschutz ist unter den Gästen, der dafür sorgen wird, dass das
Material sofort nach der Sendung weitergeleitet und untersucht werden kann.
Ich frage dich also ...«
    Sie kam
noch einen Schritt näher, und er nahm einen Hauch Opium wahr, das Parfüm, das
auch die Dietrich getragen haben sollte. Ihre Stimme wurde leiser, es lag
nichts Freundliches mehr in ihr.
    »... was
für ein Problem?«
    »Sie
müsste schon längst hier sein.«
    »Das ist
ein Witz.« Aber sie sah ihm an, dass es ernst war. »Sie ist nicht da?«
    Sie
schaute sich um, als ob sich irgendwo in diesem Raum, der die Gemütlichkeit
einer Gefängniszelle hatte, jemand versteckt haben könnte.
    »Du hast
doch gesagt, du bringst sie mit!«
    »Ja, ich
weiß!« Er wandte sich ab, schlug den Deckel seines Aktenkoffers mit einem
lauten Knall zu. Sie zuckte zusammen, hatte sich aber sofort wieder in der
Gewalt. So kurz vor der Aufzeichnung brachte man weder den Ablauf noch sein
Make-up in Gefahr. Mit versteinertem Gesicht sah sie zur Seite und strich
mechanisch mit der rechten Handinnenfläche über ihren mitternachtsblauen
Blazer.
    »O du
Scheiße«, murmelte sie. Sie holte ein Funkgerät aus der Anzugtasche und sprach
hinein. »Sofort checken, ob am Empfang eine Florena wartet.«
    Auf diesen
Namen hatten sie sich geeinigt, nachdem Quirin Juliane erzählt hatte, wie die
Quelle die Filme transportierte.
    »Nein?«
Ihre großen Augen sahen zu Quirin. Sie steckte das Gerät wieder weg. »Sie ist
nicht da. Was heißt das? Sie sollte doch hier sein! Mit dir!«
    »Wir waren
verabredet...«
    »Verabredet?
Höre ich verabredet? Ich dachte, ihr seid siamesische Zwillinge! Hast du eine
Ahnung, was das für die Sendung bedeutet? Für mich? Ein Kracher sollte das
werden. Die ganze Verjährungsdebatte hätte einen neuen Drive bekommen. Und
jetzt?«
    Stasi-Überprüfung:
Pro oder Contra? Der Trailer war die ganze Woche über im Fernsehen
gelaufen. Das ist das Thema am Freitagabend bei Juliane Westerhoff.
Meine Gäste: Vertreter der Parteien im Bundestag, des Brandenburger Landtages,
die Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde und der ehemalige BND-Agent Quirin
Kaiserley.
    Es
klopfte. Kirsten lugte herein. Hinter ihr tauchte ein kleiner, in
ausgewaschenes Schwarz gekleideter Techniker auf.
    »Frau
Westerhoff? Der Fraktionschef der Linken ist da. Und Herr Kaiserley soll jetzt
schon verkabelt werden.«
    »Gleich.
Gleich!«
    Kirsten
zog den Kopf ein und verschwand. Juliane atmete einmal tief durch. »Wo sind die
Filme?«
    »Ich weiß
es nicht.«
    »Verdammt!
Ich habe dich eine Woche lang angetrailert! Ich habe dir geglaubt!«
    »Und ich
habe sie gesehen. Mit meinen eigenen Augen!«
    »So what? Hast du
immer noch nicht kapiert, was all das ohne Beweise wert ist? Hast du nichts
gelernt?« Quirin sah, wie Juliane beinahe verzweifelt den Kopf schüttelte. »Es
sind haltlose Behauptungen, Hirngespinste eines durchgeknallten Exagenten!«
    Erst
begriff er nicht. Sie beruhigte sich langsam wieder und überlegte sich ihre
Worte besser.
    »Es hat
dir schon einmal das Genick gebrochen«, sagte sie leise. »Du machst dich
lächerlich.«
    Lächerlich.
    Wann hatte
es eigentlich angefangen? An dem Tag, an dem er seinen Dienstausweis abgegeben
hatte? Oder schon viel früher, als ihm niemand geglaubt hatte, als er aus
Sassnitz zurückgekommen war? Vielleicht war es auch ein schleichender Prozess
gewesen. Ein langer, abwärtsmäandernder Weg vom Superstar des BND zur
Schießbudenfigur.
    »Okay. Ich
gehe.«
    »Du
bleibst. Dazu ist es jetzt zu spät. Konzentriere dich auf deine Rolle als
Sachverständiger für Geheimdienste im Kalten Krieg. Dann kann ich die Sendung
vielleicht noch retten.«
    »Darum
geht es mir nicht.«
    Blitzschnell
fuhr ihr Zeigefinger hoch. »Doch. Genau darum geht es.«
    Ohne ihn
aus den Augen zu lassen, ging sie zur Tür. »Um deine kalten Scheiterhaufen.«
     
    Die
Scheinwerfer am Rigg flammten auf. In der Regie liefen bereits die Bilder der
sechs Kameras über

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