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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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er
etwas hat oder weiß, das man haben will.«
    »Wer
überwacht?«
    »Öffentlich
rechtlich: Polizei, Verfassungsschutz, MAD, BND.
    Privat:
Sicherheitsdienste, Wachschutzunternehmen. Ihr Nachbar, Ihr Vermieter, Ihr
Exlover.«
    »Und warum
hat jemand vier verschiedene Namen?«
    »Das lässt
auf einen Profi schließen.«
    Sie stieß
einen verächtlichen Laut aus, der einiges über die Professionalität dieses
Mannes sagte.
    »Zeigen
Sie mir noch mal die Ausweise.«
    Sie holte
sie aus ihrer Hosentasche und reichte sie ihm zögernd. Als er das Foto neben
dem Namen Karsten Drillich sah, weiteten sich für einen Moment seine Augen. Er
erkannte ihn sofort, auch wenn sie sich über zehn Jahre nicht mehr gesehen hatten.
Teetee. Bachelor of Engineering, mittelmäßiger Absolvent der
Bundeswehruniversität München-Neubiberg im dualen Studiengang mit praktischer
Ausbildung beim BND. Gutes Mittelmaß, technisch okay, für Führung völlig
ungeeignet und eigentlich nur dank seiner, Quirins, Fürsprache nach einer zwei
Mal verlängerten Probezeit beim Dienst gelandet. Der Junge hatte ihm nie
verziehen, dass er die Brücken hinter sich abgebrochen hatte. Sie hatten sich
seitdem nicht mehr wiedergesehen.
    Er checkte
die anderen Karten. Bei dem BND-Ausweis stockte er, schüttelte den Kopf und
reichte ihr alle zusammen zurück.
    »Sie haben
sich noch gar nicht vorgestellt.«
    »Mein Name
ist Judith Kepler. Ich bin Gebäudereinigerin.«
    Er sagte
nichts und wartete ab. Doch sie klärte den Scherz nicht auf, also war es
keiner. Eine Putzfrau. Nie im Leben hätte er darauf getippt. In Quirin regte
sich eine leise Heiterkeit, der er aber nicht gestattete, sich zu zeigen. Man
wurde nicht jeden Tag von einer Putzfrau überfallen. Jede Bemerkung darüber
wäre politisch höchst unkorrekt. Sie klopfte mit den Ausweisen ungeduldig auf
die Armlehne und warf sie dann auf den Couchtisch.
    »Sie
kennen den Kerl. Also ist das einer vom BND?« Quirin nickte. »Der BND ist ein
Auslandsnachrichtendienst. Wenn er eine Wohnung in Berlin überwacht, dann kam
Ihre Kundin aus dem Ausland, oder sie hatte Kontakte dorthin, die interessant
waren.«
    »Sie kam
aus Schweden.«
    Schweden.
    Al-Qaida.
Rechtsextremismus. Hauptwegenetz russischer Agenten. Technologietransfer und
Waffenhandel. Jeder vierte Offizier des russischen Geheimdienstes wählte
mittlerweile Schwedisch als erste Fremdsprache. Schweden hieß: Halt dich raus,
wenn du nicht weißt, was du tust. Will man dich hinschicken, dann werde krank
oder lass deine Oma sterben, aber fahr nicht. Trag in der U-Bahn ein Käppi mit
der Aufschrift »I love BND«, oder noch besser, melde dich bei der katholischen
Akademie fürs Priesterseminar an und sag, Gott liebt auch die Russen. Wenn
das nicht hilft und du trotzdem gehen musst, vergiss den Geigerzähler nicht
vorm Essen. Vermeide belgische Pralinen. Regle deine Dinge. Sei bereit. Für
alles.
    Das war
Schweden.
    Judith
Kepler sollte die Ausweise in den nächsten Mülleimer werfen und Täschner nie
mehr über den Weg laufen. Das war einige Nummern zu groß für eine ...
Gebäudereinigerin.
    »So leid
es mir tut, ich kann Ihnen nicht helfen. Sie sind da durch Zufall in eine
Observation hineingeraten. Das ist nicht schön, kommt aber vor. Vergessen Sie
es einfach.«
    »Ist das
alles? Ich dachte, Sie hätten was gegen den Spitzelstaat.«
    »Gegen
das, was der Verfassungsschutz und das Innenministerium anrichten. Gegen
Angstmacherei und Generalverdacht. Aber Sie sind einem technischen Informatiker
des BND in einer deutschen Wohnung über den Weg gelaufen. Das heißt, Sie sind
nichtsahnend durch eine Operation der Auslandsdienste gestiefelt. Es wundert
mich, wie Sie an die Ausweise gekommen sind. Ehrlich gesagt...« Er beugte sich
vor und nahm sie genau ins Visier. »Es wundert mich, wie Sie da lebend
rausgekommen sind.«
    Sie blähte
die Nasenflügel, wenn sie wütend war. Nur eine Winzigkeit, aber das gab ihrem
Gesicht für einen Moment den Ausdruck einer Kriegerin, die man weit unter ihrem
Niveau beleidigte.
    »Sie
verarschen mich.«
    »Nicht im
Geringsten«, erwiderte er leise.
    Sie strich
sich die Haarkringel aus der Stirn und wirkte ratlos. Doch im nächsten Moment
hatte sie sich schon gefasst.
    »Dann
waren die das also.«
    Sie stand
auf und ging Richtung Flur. Quirin hatte Mühe, ihr zu folgen.
    »Wer war
was?«, rief er ihr hinterher. »Die haben sie umgebracht.«
    Sie war
schon fast an der Tür, als er sie erreichte und festhalten konnte. Wütend
wirbelte

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