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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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Wie fühlt sich der Nasenring
eigentlich an, an dem man Sie vorführt?«
    Maikes
Hand schnellte wieder zum Hörer.
    »Sagen Sie
mir, wer den Vorgang wirklich bearbeitet. Und ich lasse Sie in Ruhe das tun,
was Sie Arbeit nennen.«
    Maike schob
wieder die Unterlippe vor. Noch ein paar Jahre, und er sähe aus wie ein
Nussknacker.
    »Ich
sollte mir so einen Blödsinn gar nicht anhören.«
    »Aber Sie
tun es.« Quirin spürte, dass die Ablehnung seines Gegenübers zu bröckeln
begann. »Warum rufen Sie nach Ihrem Chef, der genauso kastriert worden ist wie
Sie? Um mich von irgendeinem anderen Eunuchen in diesem Haus rausschmeißen zu
lassen?«
    »Die
Unterlagen sind in Kopie nach Schwerin gegangen. Fragen Sie da. Wenn Sie
können.«
    »Schwerin?«
    »Ans
Innenministerium.«
    Maike war
klug genug, das Wort Verfassungsschutz nicht in den Mund zu nehmen. Der
Mordfall Borg hatte die Untersuchungsführung gewechselt und war nun an einer
Stelle angesiedelt, für die Quirin stärkere Geschütze auffahren musste. Alte,
ganz alte Verbindungen. Er fragte sich, wen er noch kannte, den er damit
konfrontieren und um Hilfe bitten konnte.
    »Aber von
mir haben Sie das nicht. Wir haben hier nur die kriminaltechnische Untersuchung
geleitet.«
    »Mit
welchem Ergebnis?«
    »Netter Versuch.
Aber wenn Sie schon einmal hier sind, kennen Sie eigentlich diese Person?«
    Maike
holte ein Foto aus einem Stapel Unterlagen. Quirin warf einen Blick darauf. Es
zeigte Judith Kepler, wie sie mit Arbeitshandschuhen und einem Putzeimer in
der Hand ein Zimmer durchquerte. Auf ihrem blauen Kittel stand der Name
Dombrowski. Die Firma war stadtbekannt und mit Sicherheit schon längst im
Visier der Ermittler.
    »Nein. Wer
ist das?«
    »Sie
wissen also nicht, wo sie sich aufhält? Sie haben keinerlei Kontakt zu ihr?«
    »Nein.«
    »Herr
Kaiserley, melden Sie sich umgehend bei mir, sollte sich das ändern. Und falls
Sie Verschwörungstheorien hegen - wir sind die Guten.«
    Maike
legte das Foto wieder zurück.
    Quirin
stand auf. »Vielleicht erinnern Sie mich ab und zu daran.«
    Dombrowski.
Wenigstens wusste er jetzt, wo er Judith Kepler finden konnte. Sie hatte
etwas, und sie wusste etwas. Und mit beidem durfte sie nicht allein bleiben.
     
    Judith
folgte Liepelt zurück in den gekachelten Vorraum. Nach diesen Minuten in
eisiger Kälte war es draußen beinahe unerträglich heiß. Sie zog den Umhang
aus, legte ihn zusammen und verstaute ihn im Regal. Dann hetzten sie durch die
Gänge zurück in Weihrichs Büro. Es war drei Minuten vor halb eins. Liepelt
verstaute die Akte in der Registratur. Weihrich würde nicht auffallen, dass
fast die Hälfte fehlte.
    »Glück
gehabt. Aber frag mich so was nie wieder. Es sei denn ...«
    Judith
trat ans Fenster und sah in den Hof. Ein schwarzer BMW fuhr gerade durch die
Einfahrt und hielt auf die reservierten Parkplätze zu.
    »Was?«
    »... wir
gehen mal was zusammen trinken. Hab ich dich, glaube ich, schon öfter gefragt.«
    Judith
kniff die Augen zusammen und beobachtete Prof. Dr. Dr. Weihrich, der
übelgelaunt sein Auto auf den Parkplatz eines anderen Mitarbeiters stellte und
Dombrowskis Transporter mit einem vernichtenden Blick bedachte. Sie fragte
sich, wo Kai geblieben war.
    »Dein Chef
kommt.«
    »Scheiße.
Los, raus hier.«
    Liepelt
riss die Tür auf und lief in den Flur.
    »Mach
schon!«
    Am Eingang
schob Liepelt Judith durch das Drehkreuz, genau in dem Moment, in dem Weihrich
es von der anderen Seite enterte. Er brachte sie noch bis in den Hof.
    »Schwein
gehabt«, sagte er. Ihm war die Erleichterung anzusehen, dass er Judith endlich
aus dem Haus hatte. »Also? Was ist?«
    Liepelt
war Anfang dreißig. Er war ein Netter. Er rief Beschützerinstinkte hervor. Und
deshalb war er für Judith absolut ungeeignet. Er brauchte eine Frau, die ihn
hegte und pflegte. Bei ihr waren sogar Topfblumen verloren.
    »Freitagabend?
Einfach nur auf ein Bier.«
    »Ich
trinke kein Bier.«
    »Dann was
anderes?«
    »Sorry,
ich muss.«
    Sie mochte
ihn zu gern, um seine Lebenszeit weiter zu vertrödeln. In der Einfahrt drehte
sie sich noch einmal um. Liepelt stand im Hof, das personifizierte
Ausrufezeichen hinter dem Wort Abgeblitzt. Um ein Haar hätte sie doch noch
Mitleid mit ihm gehabt. Aber Obduktionshelfer waren ähnlich sexy wie
Tatortreiniger. Und der eine mochte den Job des anderen nicht.
     
    Als Judith
die Fahrertür öffnete, fiel ihr Kai beinahe entgegen. Er rieb sich verwundert
die Augen. Ein Narkoleptiker auf

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