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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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diesem merkwürdigen Blick. »Jetzt denke
ich, dass eine wiederauferstandene Tote vor mir sitzt.«
     
    Teetee stand an einem Arbeitstisch im ersten Stock der Zentralen
Abteilung 2 in Stockdorf,
Tarnname: Bundesstelle für Fernmeldestatistik, und widmete sich hingebungsvoll
der Überprüfung eines taktischen PSC -5 -Satellitenfunkgeräts, das mitten im Einsatz seinen Geist aufgegeben
hatte. Die Antenne sah aus wie ein umgestülpter Regenschirm.
    Das Portable Terminal Spitfire sollte eigentlich in zehn Minuten auf- und
wieder abgebaut sein. Teetee frickelte schon den ganzen Vormittag an der
High-Gain-Antenne herum, aber mehr als die vage Ähnlichkeit mit einer
Wäschespinne hatte auch er nicht zustande gebracht. Vielleicht war er einfach
nur zu nervös. Am Morgen hatte er Kellermann ein verschlüsseltes Protokoll
über das interne Netz geschickt. Ein Resümee aller dürftigen Informationen,
die er über Judith Kepler zusammengetragen hatte. Hoffentlich baute Kaiserley
keinen Mist. Wenn herauskam, dass Teetee ihm Informationen gesteckt hatte, die
eigentlich für einen Abteilungsleiter gedacht waren, brauchte er überhaupt
keine Ausweise mehr. Oder nur noch die, mit denen er sich bei der
Arbeitsagentur melden konnte.
    Kellermann hatte noch nichts von sich hören lassen. Teetee ging zu seinem
Computer und sandte eine neue Salve von Suchanfragen in den virtuellen Äther.
Die Programme liefen auf Hochtouren. Wann immer Kepler auch nur irgendwo husten
würde - sie hätten sie. Aber die Frau hatte offenbar gelernt. Sie war wie vom
Erdboden verschluckt.
    Teetee schlich hinaus auf den Gang und sah sich um. Er war allein.
Mittagszeit, alle saßen in der Kantine oder beim Rabenwirt. Sorgfältig schloss
er die Tür hinter sich und holte das Toughbook aus seiner Messenger-Bag.
Während es hochfuhr und sich in die Systeme einloggte, überlegte er, wie er
sein Treffen mit Kaiserley am besten verkaufen konnte, wenn es aufflog.
Vorauseilender Diensteifer vielleicht. Oder, Teetee grinste bei dem Gedanken, mitdenken. Das wurde doch immer gefordert. Vom daraus
folgenden Handeln war aber nie die Rede. Vermutlich, weil auch das erst von
oben angeordnet werden musste.
    Quirin Kaiserley.
    Er tippte den Namen und merkte, wie sein Puls sich beschleunigte. Es
dauerte nur wenige Sekunden, in denen weltweit die Aktivitäten Kaiserleys unter
den üblichen Gesichtspunkten gecheckt wurden. Dann erschien die Liste mit den
einzelnen Protokollen auf dem Bildschirm.
    Lufthansa Flug LH 236 21:45 Uhr nach Berlin.
    Tausend Euro Bargeld am Schalter eines Geldautomaten in Tegel.
    Das waren die letzten Ergebnisse. Teetee klickte weiter in die
Vergangenheit. Was er las, beunruhigte ihn. Lufthansa Flug LH 235 15:45 nach München.
    Besuch der Mordkommission 6 in der Keithstraße, Berlin.
    Mehrere Anrufe bei Dombrowski Facility Management.
    Nachdenklich schloss Teetee die Anwendung und schaltete das Toughbook aus.
Er steckte es zurück in die Tasche. Die Antenne lag auf dem Tisch wie eine
tote Riesenspinne.
    Er hätte sich nie mit Kaiserley treffen dürfen. Seine Spuren waren so
deutlich wie Fußabdrücke in frisch gefallenem Schnee. Und sie führten direkt zu
ihm, Teetee.
    Sein Handy klingelte. Er zuckte zusammen. Anrufer unbekannt. Er wartete.
Das Klingeln hallte durch den stillen Raum. Nach dem fünften Mal hörte es auf.
Teetee geduldete sich eine Minute, dann hörte er die Mailbox ab.
    »Sweetheart«, hörte er die Stimme Angelina Espinozas. Keine
Namen. Sie klang gehetzt, als ob sie gerade eine Straße überqueren würde. »Ich
bin in der Stadt. Countdown zur großen Party. Sehe ich dich vorher noch einmal?
Ruf an.«
    Die große Party war die Sicherheitskonferenz. Also musste er doch Eindruck
auf sie gemacht haben, sonst würde sie sich nicht schon wieder melden.
Schlagartig fühlte er sich besser. Sie kannte Gott und die Welt, und
ausgerechnet mit ihm wollte sie sich treffen. Durch die geschlossene Tür hörte
er Schritte auf dem Gang, Gelächter, ein paar unverbindliche Worte. Die
Kollegen kamen zurück. Er wählte ihre Nummer und spürte, wie seine Handflächen
feucht wurden.
    »Wann?«, fragte er nur, als sie abnahm.
     
    *
     
    Die hohe Sonne über dem Stortorget hatte ihren Standort nur unmerklich
verändert. Judith rückte ihren Stuhl in den Schatten. Sie saß nun näher bei
Kaiserley. Dass sie dadurch aussahen wie ein Liebespaar, das arglos die
Straßenszene betrachtete, störte sie, ließ sich aber nicht ändern.
    »Von den Toten auferstanden. Wie

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