Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
sich krank bei der Vorstellung, überhaupt irgendetwas zu tun, und es drehte sich ihm der Magen um. Seine Gedanken wurden andauernd von Zweifeln heimgesucht.
Das ist der Sinn von Religion, dachte Sazed, als er am Kopfende der Kolonne durch die Asche stapfte und sein Gepäck auf dem Rücken trug. Sie hilft den Menschen durch Zeiten wie diese.
Er schaute hinunter auf seine Mappe. Dann öffnete er sie und durchblätterte ihren Inhalt, während er ging. Hunderte hatte er bereits bearbeitet, und von ihnen hatte nicht eine einzige Religion die Antworten gegeben, nach denen er suchte. Vielleicht kannte er sie alle einfach zu gut. Die meisten aus der Mannschaft hatten Schwierigkeiten damit, Kelsier so zu verehren wie die anderen Skaa, denn sie wussten um seine Fehler und Schrullen. Sie hatten ihn als Menschen gekannt und erst später als Gott. Möglicherweise war es für Sazed mit den Religionen dasselbe. Er kannte sie so gut, dass er ihre Fehler allzu leicht entdeckte.
Er verachtete die Menschen nicht, die den Religionen gefolgt waren, aber Sazed hatte – bisher – nur Widersprüche und Heuchelei
in jeder einzelnen Religion gefunden, die er untersucht hatte. Das Göttliche sollte vollkommen sein. Das Göttliche sollte nicht zulassen, dass seine Anhänger niedergemetzelt wurden, und vor allem sollte es nicht erlauben, dass die Welt von guten Menschen vernichtet wurde, die sie eigentlich retten wollten.
Eine der verbliebenen Religionen würde die Antwort bieten. Es musste eine Wahrheit geben, die er entdecken konnte. Als das dunkle Gefühl, ersticken zu müssen, ihn zu überwältigen drohte, begab er sich wieder an seine Studien. Er nahm das nächste Blatt hervor und band es außen an seine Mappe. Er würde während des Gehens lesen und die Mappe mit dem Blatt nach unten tragen, wenn er nicht las, so dass die Asche von ihm abgehalten wurde.
Er würde die Antworten finden. Er wagte nicht daran zu denken, was er tun würde, wenn es keine gab.
Endlich kamen sie ins Zentrale Dominium und damit in ein Land, in dem die Menschen noch um Nahrung und Leben kämpfen konnten. Weher und Allrianne blieben im Wagen, aber Sazed war froh, dass er gehen konnte, auch wenn es schwierig war, dabei die Religionen zu studieren.
Er war sich nicht sicher, was er von den bebauten Feldern halten sollte. Sie kamen an Dutzenden vorbei, denn Elant hatte so viele Menschen wie möglich ins Zentrale Dominium gebracht und ihnen befohlen, Getreide für den nahenden Winter anzubauen. Auch die Skaa, die in den Städten gelebt hatten, waren an harte Arbeit gewöhnt, und sie taten rasch, was Elant von ihnen wollte. Sazed wusste nicht, ob die Menschen verstanden, wie schwierig ihre Lage war, oder ob sie nur einfach froh darüber waren, dass jemand ihnen sagte, was sie zu tun hatten.
Hohe Ascheberge türmten sich an den Straßenseiten auf. Jeden Tag mussten die Skaa-Arbeiter die Asche zusammenfegen,
die während der Nacht gefallen war. Diese niemals endende Aufgabe machte den Ackerbau zusammen mit der Notwendigkeit, Wasser für die neu angelegten Felder herbeizuschaffen, äußerst anstrengend.
Doch die Pflanzen wuchsen. Sazeds Trupp passierte ein Feld nach dem anderen, und auf jedem knospten braune Pflanzen. Dieser Anblick hätte ihm eigentlich Hoffnung schenken sollen. Doch es war schwer, die sprießenden Halme zu betrachten und dabei nicht noch größere Verzweiflung zu fühlen. Neben den Aschehaufen sahen sie so klein und schwach aus. Selbst wenn man den Nebel außer Acht ließ, wie sollte Elant ein ganzes Reich unter diesen Bedingungen ernähren? Wie lange würde es dauern, bis die Asche nicht mehr weggefegt werden konnte? Die Skaa arbeiteten auf den Feldern, und ihre Haltung war so wie in den Tagen des Obersten Herrschers. Was hatte sich wirklich für sie geändert?
»Seht sie Euch an«, sagte eine Stimme. Sazed drehte sich um und sah, wie Hauptmann Goradel neben ihn trat. Er war kahlköpfig und schroff, aber gutmütig – ein Charakterzug, der den meisten Soldaten gemein war, die von Hamm gefördert wurden.
»Ich weiß«, sagte Sazed leise.
»Trotz Asche und Nebel macht mir ihr Anblick Hoffnung.«
Sazed schaute ruckartig auf. »Wirklich?«
»Natürlich«, meinte Goradel. »Meine Familie bestand aus Bauern, Meister Terriser. Wir haben zwar in Luthadel gelebt, aber auf den Feldern draußen gearbeitet.«
»Aber du warst doch ein Soldat«, wandte Sazed ein. »Warst du nicht derjenige, der Herrin Vin in jener Nacht, als sie den Obersten Herrscher
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