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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund
Autoren: Andre Norton
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Fluß hinauf- und hinunterschwammen, so daß sie überall mit ihrem Erscheinen rechnen mußten.
    Sollten sie es also wagen, den Fluß hier zu überqueren?
    Der Fluß hatte sich an seiner Mündung tief in die Meeresküste hineingegraben, und Sander, der probeweise Holzstückchen ins Wasser warf, beobachtete besorgt, wie heftig die Hölzchen vom Strudel mitgerissen wurden. Dann prüfte er die Flußtiefe mit einem Zweig. Nahe am Ufer, so schätzte er, war das Wasser ungefähr hüfthoch. Später würden sie wahrscheinlich schwimmen müssen. Zudem hatten sie gegen die Strömung zu kämpfen, damit sie nicht ins Meer gespült wurden. Das hieß, sie würden eine Strecke flußaufwärts gehen müssen, um die Abdrift auszugleichen. Er kannte die Flüsse der Ebenen. Doch sie waren, abgesehen vom Frühjahr, nie ein so großes Problem gewesen.
    „Kannst du schwimmen?“ fragte er Fanyi. Stolz konnte er auf, seine Schwimmkünste nicht gerade sein, aber er würde sich über Wasser halten können, bis er das andere Ufer erreichte. Vorausgesetzt natürlich, daß der Bursche, der sie letzte Nacht besucht hatte, nicht nochmals auftauchte.
    „Ja – und du?“
    „Gut genug, um hinüberzukommen.“
    „Es ist besser, hier hinüberzuschwimmen“ – das Mädchen sprach aus, was er auch überlegt hatte. „Wenn wir umkehren, verlieren wir nur Zeit, und vielleicht ist es weiter zurück nur schwieriger.“
    Sie bereiteten sich auf die Überquerung, so gut sie konnten, vor. Die Taschen wurden hoch auf Rhins Rücken gebunden. Sie zogen die Kleider aus und packten sie ebenfalls dem Kojoten auf. Dann ging Sander, in der Hand einen langen Stock, vorsichtig ins Wasser. Es war eisig. Allmählich wurde der Sog der Strömung größer, je weiter er vordrang. Sorgfältig prüfte er den Grund, um der Gefahr zu entgehen, unvermutet keinen Boden mehr unter den Füßen zu spüren. Rhin warf sich neben ihm in die Strömung, und dann vernahm er ein Platschen: Fanyi und ihre Freunde folgten.
    Er hatte einen Lederstrick dabei, den er fest an Rhins Sattel verknotete, sich selbst um die Taille geschlungen und endlich an Fanyis Gürtel befestigt hatte.
    Jetzt reichte ihm das Wasser bereits bis zur Schulter, und er hatte Mühe, sich aufrecht zu halten. Plötzlich glitt sein Stab ab; er verlor den Halt. Prustend und schnaubend begann er zu schwimmen. Innerhalb von Sekunden war er so weit abgetrieben, daß er mit Rhin zusammenstieß. Angst stieg in Sander auf. Was würde geschehen, wenn sie die Strömung nicht bezwingen konnten?
    Bevor sie aufgebrochen waren, hatte er Fanyi strikte Anweisungen erteilt, den Strick sofort zu lösen, wenn er und Rhin zu weit abtreiben würden, damit sie allein eine bessere Chance hatte. Aber immer noch war der Lederriemen gespannt: sie hatte ihn nicht gelöst.
    Rhin schwamm zügig, und Sander kam ganz gut neben ihm voran. Er wagte nicht, sich umzusehen, wie weit sie bereits auf das Meer zugetrieben waren. Er kämpfte weiter und fühlte sich im Wasser ebenso hilflos wie in den Netzen der Waldmänner.
    Schließlich fand der Kojote Halt unter den Pfoten und watete auf das Ufer zu. Rasch packte Sander den Lederriemen mit der Hand, und einen Augenblick später schrammte sein Bein schmerzlich über einen Felsen. Er kämpfte sich weiter vor, bis er sicheren Halt fand und, angeklammert an Rhin, kletterte er mühsam am Ufer hinauf.
    Unten im Fluß blitzte Fanyis Arm auf und verschwand wieder. Sie war bereits etwas weiter abgetrieben worden als Rhin und Sander. Er gab dem Kojoten einen sanften Stoß gegen die Schulter, damit er ziehen half. Und es gelang ihren vereinten Bemühungen, Fanyi heranzuziehen, bis sie eine Strömung packte, die sie direkt auf sie zutrug. Bevor sich Sander überlegen konnte, was hätte passieren müssen, wenn er und Rhin versagt hätten, watete sie bereits an Land.
    Wie glänzende Blitze schossen die beiden anderen Tiere auf sie zu – ihnen hatte die Überquerung die wenigste Mühe bereitet. Am Ufer schüttelten sie sich wild, daß die Tropfen in alle Richtungen stoben. Rhin aber hatte sich wieder dem Wasser zugewandt und knurrte böse.
    Sander erblickte flüchtig die gekräuselten Wellen, die sich v-förmig ihnen näherten, und im gleichen Augenblick zerrte er an dem Riemen, der sie immer noch verband.
    „Los, komm!“
    Er begann zu laufen und zog das Mädchen hinter sich her: sie waren waffenlos und konnten sich nicht verteidigen. Rhin trottete ihnen voran, doch die Tiere bildeten die Nachhut und knurrten das Ding
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