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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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hinunter in die Dunkelheit. Sander entdeckte die Überreste einer Leiter, die durch eine Öffnung im Boden abwärts führte. Fanyi leuchtete ihm, und er kletterte vorsichtig in die Tiefe, indem er zunächst jede Sprosse, so gut es ging, auf ihre Tragfähigkeit prüfte.
    Er befand sich jetzt in einem Raum, der vollgestopft mit Gegenständen war, die er nicht deuten konnte. Doch die Leiter führte noch weiter. Er stieg weiter hinunter und gelangte in einen größeren Raum, an dessen Seiten sonderbare Behälter aufgereiht waren. Alles war vom Meerwasser zerfressen und zerbrochen. Er rief etwas, und Fanyi warf ihm das Licht zu, so daß er nun ihren Abstieg beleuchten konnte. Als sie schließlich neben ihm stand, starrte sie verwundert auf die rätselhaften Ausstattungen an den Wänden.
    „Was benutzten sie, die Früheren Menschen meine ich, um ihre Schiffe anzutreiben?“ fragte sie. „Wir haben keine Spur von Masten und Rudern gesehen.“
    Sander war sich des Überflusses an Metall um ihn herum bewußt. Offensichtlich war dieses Schiff der großen Flut der Finsteren Zeit ausgeliefert gewesen, und das Wasser, das durch die Deckluke eingedrungen war, hatte vieles zerstört. Trotzdem war der Großteil des Metalls noch in Ordnung. Er brauchte nur die Meeresablagerungen und die Rostschicht abzukratzen, und die glänzende Oberfläche kam zum Vorschein.
    Zu seiner Rechten, hinter den zerstörten Wandausstattungen, die für ihn völlig sinnlos waren, lag eine ovale, fest verschlossene Tür. Vorsichtig bahnte er sich durch die Trümmer einen Weg, um nach einem Riegel zu suchen. Es gab ein Rad – ob man das vielleicht drehen mußte?
    Doch selbst als er es mit aller Kraft versuchte, bewegte es sich nicht. Er holte den Hammer aus dem Gürtel und schlug auf das Rad ein. Das war schwierig, denn der Raum war so angefüllt mit Gegenständen und Trümmern, daß er nicht zu einem richtigen Schlag ausholen konnte.
    Zunächst splitterten nur die jahrhundertealte Meeresablagerung und der Rost ab, doch dann gab das hartnäckige Schloß ein wenig nach. Seine Schläge wurden wilder, bis endlich das Rad kreischend nachgab. Ein letzter Schlag mußte es so weit bewegt haben, daß der Riegel, der die Tür öffnen würde, gelöst wurde. Doch um den Türrahmen saßen dicke Schichten von Krustentieren, die die Öffnung versiegelten. Er begann sie abzuschlagen.
    Endlich steckte er seinen Hammer wieder ein und ergriff mit beiden Händen das Rad und schob die Tür auf. Aus der finsteren Höhle strömte sonderbar riechende Luft. Luft – unter dem Meer? Sander nahm Fanyi die Lampe aus der Hand und leuchtete in den geöffneten Raum. Er sah einen Tisch, der fest im Boden verankert gewesen sein mußte, denn selbst die schrecklichen Stöße, die das Schiff vernichteten, hatten nicht vermocht, ihn zu lösen. Zu beiden Seiten standen Bänke. Unter ihnen –
    Er hörte, wie Fanyi nach Luft schnappte. Sie beide kannten den Tod, denn in ihrer Welt war er nicht selten. Doch das war kein Tod, wie sie ihn jemals gesehen hatten. Diese geschrumpften, verwelkten Dinger hatten durchaus keine Möglichkeit mit Menschen.
    „Sie haben sich selbst eingesiegelt“, sagte Fanyi leise. „Und dann hat das Meer ihr Schiff gepackt, und für sie gab es kein Entkommen mehr. Die Früheren Menschen – wir sehen hier die Früheren Menschen.“
    Aber diese Bündel, die noch immer Kleider trugen! Sander konnte nicht glauben, daß sie einst zu den Menschen gehört hatten, die stolz einherschritten und die Welt beherrschten. Die Weisen sagten von den Früheren Menschen, daß sie größer, stärker und in jeder Beziehung überlegener waren als diejenigen, die nach der Finsteren Zeit die verwüsteten Länder bewohnten. Diese hier waren nicht die Helden dieser Gesänge! Langsam schüttelte er den Kopf.
    „Diese da sind – waren – bloß Menschen …“, sagte er. Und plötzlich wurde ihm bewußt, daß er bis zu diesem Augenblick immer geglaubt hatte, daß die Vorfahren so ganz anders als sie selbst gewesen sein mußten.
    „Und doch“, fügte Fanyi leise hinzu, „was müssen sie für Menschen gewesen sein! Denn dieses Schiff entsprang ihrem Geist! Ich glaube, dieses Schiff ist eines von denen, die unter dem Wasser segelten und nicht auf der Oberfläche, so wie die Sagen erzählen.“
    Sander empfand eine plötzliche Abneigung gegen den Ort. Was für Menschen waren das gewesen, die sich in eine Metallhülle einsperrten, um unter dem Wasser zu fahren? Er glaubte, ersticken zu

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