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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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dann weihte sie Dar in weiteren Tratsch ein. Der Familiensitz der Yat-Sippe hatte immerhin den Umfang einer Kleinstadt, also gab es jederzeit viel zu schwatzen. Dar erfuhr durch Nir-yat vom Schicksal einer Mutter mit zwei Velazulen. Keiner hatte vom anderen gewusst, bis beide sie am selben Tag besuchten. »So hat sie lernen müssen«, zog Nir-yat schlussendlich das Fazit, nachdem sie das verhängnisreiche Abendessen des Dreigespanns geschildert hatte, »dass es besser ist, einen Velazul zu haben als keinen.«
    Dar und Nir-yat plauderten bis in den Nachmittag hinein, bevor Dar nochmals auf die Schwierigkeiten der Herrschaftsausübung zu sprechen kam. »Nir, kannst du mich lehren, wie Große Mütter schalten und walten?«
    Sofort wurde Nir-yat ernst. »So etwas steht mir nicht zu.«
    »An wen könnte ich mich wenden? Muthuri? Muth-yat?«
    »Muthuri würde von mir jede Frage wiederholt haben wollen, die du stellst, warum also richtest du deine Fragen nicht gleich an sie?«
    Weil sie im Gegensatz zu dir versuchen würde, mich zu übertölpeln, dachte Dar.

    »Außerdem war ich noch jung, als Großmutter starb«, fügte Nir-yat hinzu. »Kurze Zeit, nachdem Zeta-yat Muth Mauk geworden war, ging sie nach Taiben und ist nie zurückgekehrt. «
    Dar überdachte ihre Lage. »Hai«, antwortete sie schließlich. »Ich stelle meine Fragen Muthuri.« Erneut redete sie mit ihrer Schwester über andere Angelegenheiten. »Wie hieß Großmutter«, fragte sie dann überraschend, »bevor sie Muth Mauk wurde?«
    »Wir hatten den gleichen Namen.«
    »Sie hieß Nir-yat?«
    »Hai.«
    »Dann hieß ihre Schwester wohl Dargu-yat?«, fragte Dar und bemühte sich um einen fröhlichen Tonfall.
    »Thwa«, zischte Nir-yat. »Wer würde eine Tochter Dargu nennen?« Wiesel. »Ihr Name ist Meera.«
    »Sie lebt also noch?«
    »Hai, aber sie ist so alt, dass ihre Tochter Hanmuthi-Oberhaupt ist.« Da sie endlich in Erfahrung gebracht hatte, was sie wissen musste, ließ Dar das Geplauder zwanglos dahinplätschern, ganz wie es sich ergab.
    Kurz nachdem Nir-yat gegangen war, rief Dar einen der Söhne herein, die sich vor dem Hanmuthi in Bereitschaft hielten. Er trat ein und machte eine Verbeugung. »Hai, Muth Mauk?«
    »Weißt du, wo Mutter Meera-yat wohnt?«
    »Hai. Im Hanmuthi ihrer Tochter. Es liegt im ältesten Bereich des Familiensitzes, in der Nähe des Innenhofs mit dem schwarzsteinernen Wasserbecken.«
    »Führe mich hin. Sprich mit niemandem darüber.«

5

    ALS CORIC HÖRTE, dass am Hauseingang seines Meisters jemand pochte, ging er mit einer gewissen Besorgnis zur Tür. Die Sonne sank, und in Taiben war es gerade zu einer Reihe von Überfällen gekommen. Das Haus eines wohlhabenden Händlers gab für einschlägige Schurken stets ein begehrenswertes Ziel ab.
    Coris zog den Schieber des Guckfensterchens beiseite und sah einen schäbigen Kerl auf der Straße stehen. Sein grobes Gesicht hatte einen geistesabwesenden Ausdruck. Coric bemerkte, dass seine Wangen haltlos zuckten und Seiber an seinem Kinn hing. Neben dem Mann stand ein Handkarren; ein prächtiger Wandbehang bedeckte die Fracht.
    Coric nahm an, dass der Wandbehang Diebesgut war, aber er wusste, dass sein Meister durchaus auch fragwürdige Geschäfte machte, ohne sich mit Fragen aufzuhalten.
    »Ich hab was für deinen Meister«, sagte der Unbekannte mit tonloser Stimme. »Mach die Tür auf.«
    Über diese einfältige Gaunerlist konnte Coric nur lächeln. »Wohl kaum.«

    »Dann schau gut her und melde deinem Meister, was ich ihm bringe.«
    Der Mann hob einen Zipfel des Wandbehangs an und enthüllte ein geschwärztes Gesicht mit stechenden Augen.
    »Gehorche mir«, verlangte das Gesicht.
    Sofort wichen aller Wille und jeder selbstständige Gedanken aus Corics Geist. »Ja, Herr«, antwortete er im gleichen leblosen Ton, den er von dem Kerl mit dem Handkarren gehört hatte.
     
    Corics abruptes Eintreten verdross Balten, und er ließ es seinen Ladenschwengel spüren. »Klopf gefälligst an, ehe du hereinkommst, du Hornochse!«
    Doch anscheinend blieb Coric vom Unmut seines Meisters unbeeindruckt. »Kommt in die Wandelhalle«, sagte er in einem seelenlosen Ton, den Balten nicht von ihm kannte. »Ihr müsst jemanden kennenlernen.«
    »Ich muss? Ach, muss ich? Ich lerne nur den kennen, den ich kennenlernen will. Hau ab, wirf diese anmaßende Filzlaus aus dem Haus.«
    Coric packte Balten am Arm, statt ihm zu gehorchen, und zog ihn zur Tür. Wiederholt gab Balten ihm Maulschellen, doch Coric scherte

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