Herrscherin des Lichts
gebracht worden war. In der Mitte des Raumes stand ein Kamin unter einem riesigen viereckigen Metallgebilde, das bis zur Decke reichte und irgendwo in die Dunkelheit führte. Der Rauch des Feuers zog durch diesen Schornstein nach oben, aber nicht vollständig. Was sich davon im Zimmer verteilte, machte die Luft drückend und stickig.
Die Dinge um ihn herum waren noch die gleichen wie gestern, aber nicht seine Empfindungen. Er hatte beinahe gar keine Schmerzen mehr. Die Schwellung seines Auges war abgeklungen. Wenn er sich zu schnell bewegte oder zu tief einatmete, spürte er hier und da einen kurzen Stich, davon abgesehen jedoch hatte sich seine Verfassung über Nacht wie von Zauberhand erstaunlich gebessert.
Vorausgesetzt, es war nur eine Nacht gewesen. Den Großteil der Zeit hatte er mehr oder weniger schlafend verbracht, wenige Male war er von einem monotonen Summen aus seinem Dämmerzustand geweckt worden, das gleichzeitig aus Stimmen und Farben zu bestehen schien, und dann hatte ihn dasselbe unwirkliche Geräusch wieder in den Schlaf gelullt.
An einer Seite des Kamins bewegte sich etwas, ein Schatten. Langsam richtete die schlanke Gestalt sich auf, und das Licht des Feuers schimmerte durch ihre leichte Robe. Zuerst flößte sie ihm Furcht ein, doch dann erkannte er sie. Die Heilerin, zu der Keller ihn gebracht hatte.
„Das waren die Elfenheiler“, sagte sie, mit diesem ihr eigenen wissenden Unterton, als könne sie Malachis Gedanken lesen,so wie es Keller gekonnt hatte. „Sie heilen durch Gesänge. Für dich haben sie ein ziemlich großes Konzert geben müssen, um dich wieder hinzubekommen.“
Sie setzte sich zu ihm auf die Bettkante und strich mit ihren faltigen Händen seine Decke glatt. „Du musst durstig sein.“
Malachi nickte, und sie griff, irgendwo außerhalb seines Sichtfeldes, nach einem Becher mit Wasser. Als er sich aufsetzte, tat ihm plötzlich jeder einzelne Muskel weh, und die Heilerin fasste unter seine Schultern, um ihm zu helfen. Sie war überraschend stark und doch vorsichtig.
Nachdem er ausgetrunken hatte, fragte er, vor Anstrengung schwer atmend: „Wo bin ich?“
Die alte Frau stellte den Becher beiseite und drückte Malachi sanft in die Kissen zurück. „Du bist noch immer in der Lightworld. In einer Kammer in den Privatgemächern der Königin.“
„Der Königin?“ Irgendetwas regte sich in seinem Gedächtnis, aber er war zu müde, um es festzuhalten, so müde.
Die Heilerin nickte und schob ihm mütterlich eine Haarsträhne aus der Stirn, leise einen bestätigendes „M-hm“ murmelnd. „Sie war hier, weißt du. In der Nacht.“
Er erinnerte sich daran, im Nebel seiner Qual eine Erscheinung gesehen zu haben, die aussah wie Ayla, aber viel zu elegant war, um wirklich sie zu sein. Gepflegt und strahlend, wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Sie hatte ausgesehen wie eine Elfe. Es konnte nicht Ayla gewesen sein.
„Sie war es“, sagte die Frau. „Sie hat große Mühen auf sich genommen, um bei dir sein zu können. Diese Welt verängstigt und verwirrt sie ebenso sehr wie dich.“
„Sie ist Königin?“ Er schloss die Augen und versuchte sich zu erinnern. „Ich glaube, ich weiß etwas darüber, aber alles, was war, bevor ich hierherkam, ist so verschwommen.“
„Es war ein Test“, erklärte die Heilerin. Auf eine merkwürdige Weise gelang es ihr, ihre Worte mitfühlend klingen zu lassen,aber ohne, dass es sich anhörte, als würde sie ihn bedauern. „Du wirst weitere Prüfungen bestehen müssen, wenn du dich für das Schicksal entscheidest, das dich an ihrer Seite bleiben lässt.“
„Ich glaube nicht an Schicksal. Ich glaube an den freien Willen.“ Er zuckte zusammen und rückte seine Flügel zurecht. „Wenn so etwas wie Schicksal existiert, würde das bedeuten, dass Gott seinen Geschöpfen ihren freien Willen genommen hätte.“
„Ja, einem Angehörigen deiner Art muss das Konzept der Vorbestimmung vollkommen widernatürlich erscheinen.“ Sie lachte leise, als wüsste sie alles, was es über seine Art zu wissen gab. „Aber es gibt nicht nur ein Schicksal für jeden einzelnen, sondern viele. Und wir wählen sie selbst, durch unser Handeln und unsere Taten, nicht durch irgendein Zufallsprinzip des Universums. Und eines von deinen liegt nun vor dir. Hier. Doch du wirst stark sein müssen, wenn du dich dafür entscheidest.“
Er öffnete den Mund, um zu widersprechen. Er war verletzt und hatte noch immer Schmerzen. Seit er ein Sterblicher geworden war, hatte
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