Herrscherin des Lichts
musste.
Als sie die Tür zu Garrets Räumlichkeiten erreichten, kam Cedric dichter zu ihr und flüsterte: „Ich muss Euch erneut warnen, Garret hat diesen Darkworlder furchtbar zugerichtet. Ihr habt als Assassine grauenhafte Dinge gesehen. Nutzt diese Erfahrungen jetzt, um Euch auf den Anblick vorzubereiten.“
Sie hatte grauenhafte Dinge gesehen. Und grauenhafte Dinge getan. Gleich würde sie erfahren, zu welchen Grausamkeiten Garret fähig war.
Die Wachen, die innen rechts und links neben der Tür standen, sahen sie feindselig an, als sie an ihnen vorbeiging. Cedric hatte offenbar schon gewusst, warum er ihre eigenen Leibwächterbesonders sorgfältig für sie ausgewählt hatte.
Ayla hatte die Gemächer des königlichen Gefährten nie zuvor gesehen. Bis jetzt war ihr nicht einmal bekannt gewesen, dass es im Palast so etwas überhaupt gab. Verglichen mit denen der Königin waren sie nicht allzu großzügig bemessen, dafür aber nicht weniger komfortabel. Obwohl sie noch nie jemand bewohnt hatte, wurden sie offensichtlich über die Jahrhunderte hinweg laufend instand gehalten. Die wertvollen Möbel aus der Oberwelt waren sauber und gepflegt, sämtliche Einrichtungsgegenstände derart akkurat angeordnet, als ob Mabb höchstpersönlich jeden kleinsten Handgriff der Bediensteten überwacht hätte.
Sie durchquerten, geführt von einem von Garrets Wachmännern, den ersten Raum, dann traten sie in einen weiteren ein.
„Bleibt in meiner Nähe“, flüsterte Cedric ihr zu, und sie nickte, obwohl sie befürchtete, es könne sie schwach erscheinen lassen, als würde sie sich hinter dem Gildenmeister verstecken.
Der zweite Raum war nicht annähernd so schön wie der vorherige. Er war trist und hässlich. Keine Tapeten an den grauen Betonwänden, kein einziges Möbelstück. In einer Ecke zusammengesunken, mit den Knöcheln an einen dicken Eisenring am Boden gefesselt, lag Malachi, reglos. Und neben ihm stand Garret, den Kopf hoch erhoben und offensichtlich stolz auf sein Werk, der Triumph in seinem Gesichtsausdruck unübersehbar.
Dicht, aber nicht zu dicht, wie Ayla auffiel, als sie den Abstand zwischen Garret und seinem Gefangenen abschätzte. Das hieß, Malachi war noch am Leben, zumindest genug, um Garret Vorsicht walten zu lassen.
„Ihr habt nach mir verlangt, hier bin ich“, sagte sie kalt. Ihre Hände wurden zu Fäusten, und sie verbarg sie schnell in den Falten ihrer Robe, damit Garret nicht bemerkte, wie sehr sie alldies in Wirklichkeit mitnahm. „Was war nun so wichtig, dass es nicht bis zu meiner Morgenaudienz warten konnte?“
„Ayla.“ Garret sprach ihren Namen in einem nachsichtigen Tonfall aus, als würde er mit einem Kind sprechen. So wie er es früher immer getan hatte, wenn ihr etwas beim Training nicht gelang oder sie wieder einmal seit längerer Zeit keinen Auftrag mehr gehabt hatte und deswegen frustriert war. Jetzt bereitete es ihm solch ein Vergnügen, in diesem Ton mit ihr zu reden, dass sie sich unwillkürlich vorstellte, die Hand auszustrecken und ihm das Genick zu brechen. Er kam langsam näher, ein Grinsen erschien auf seinem selbstzufriedenen Gesicht. „Hättest du etwa gewollt, dass der ganze Hofstaat den Beweis für deinen kleinen Ausrutscher zu sehen bekommt?“
„Ich sehe keinen Beweis für irgendetwas“, sagte Cedric ruhig. „Nur einen Darkworlder, den Ihr über unsere Grenze geschmuggelt und fast zu Tode gefoltert habt.“
Garrets Wutausbruch kam plötzlich und mit derselben Heftigkeit wie die verheerenden Orkane in der Oberwelt, die alles dem Erdboden gleichmachten. „Wer hat dich gefragt! Wag es nicht noch einmal, mit deinem König zu sprechen, als stündest du mit ihm auf einer Stufe!“
„Er wird so sprechen, wie es ihm beliebt!“ Ayla fixierte Garret mit einem eisigen Blick. „Ich muss Euch wohl nicht daran erinnern, dass Ihr keinesfalls die höchste Instanz seid. Ihr seid der königliche Gefährte, in der Gegenwart der Königin, und Ihr werdet Euch zügeln und Euren Ton mäßigen.“
„In der Gegenwart der Königin?“ Garret lachte und schaute sich zu seinen Wachen um, als erwarte er, dass sie mit einstimmten. Sie wagten es nicht. „Du bist nur deswegen Königin, weil ich dich dazu gemacht habe! Bevor ich den Fehler beging, mich mit dir einzulassen, warst du nichts als eine wertlose Halbelfe, eine unbedeutende Assassine.“ Sein giftiger Blick wanderte zu Cedric. „Und du! Du wärst nie so weit nach oben gekommen, wenn meine Schwester sich dich nicht als ihr
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