Herrscherin des Lichts
kleines Schoßhündchengehalten hätte. Glaubst du wirklich, du hättest es bis zum Gildenmeister gebracht, ohne dass sie im Hintergrund ihre Fäden spinnt?“
Cedric nickte. „Ja, das glaube ich.“
„Dann bist du noch dümmer, als ich dachte.“
Ayla verlor langsam die Geduld. Es gab im Moment wichtigere Dinge als diese fruchtlose Streiterei. Nämlich, Malachi aus Garrets Gewalt zu befreien. „Wachen“, rief sie. Dann, um etwaige Missverständnisse zu vermeiden: „Meine Wachen. Bringt den Gefangenen in den Kerker. Und lasst nach den Heilern schicken.“
„Halt!“ Garret wandte sich an seine Wachen. „Ihr werdet ihnen nicht erlauben, ihn auch nur anzufassen.“
Ayla fühlte, wie ein plötzlicher Anflug von Panik ihre Brust einschnürte. Wenn Garret sie um jeden Preis davon abhalten wollte, Malachi mitzunehmen, hätte sie ihm nichts entgegenzusetzen. Sie war in Begleitung von nur zwei Leibwächtern gekommen, und darüber hinaus wusste sie sehr gut, welchen Vorteil ein Feind auf seinem eigenen Terrain hatte, selbst wenn er nicht zahlenmäßig überlegen war.
„Ihr könnt einen Gefangenen nicht gegen den Willen der Königin festhalten“, erklärte Cedric, beinahe gelangweilt klingend. „Weist Eure Wachen an, zurückzutreten, oder Ihr werdet wegen Hochverrats angeklagt werden.“
In den Sekunden, in denen Garrets Gesicht tiefrot anlief, seine Augen und Nasenflügel zuckten und seine Fühler vor Zorn vibrierten, verspürte Ayla eine unglaubliche Erleichterung. Er würde es nicht darauf ankommen lassen und sich ihr offen widersetzen, jedenfalls nicht bei einer Sache dieser Größenordnung.
„Wachen“, rief Cedric knapp, dann, mit dem Kopf eine Verbeugung andeutend, „wenn Eure Majestät keine Einwände hat?“
„Nein, ich habe keine Einwände.“ Ihre Stimme blieb fest und ruhig. Sie zeigte nicht die leiseste Spur ihrer tatsächlichenGefühle. Und sie war stolz und dankbar, dass es so war.
Als ihre Leibwächter Malachi vom Fußboden hoben und jeder von ihnen sich einen seiner Arme um die Schulter legte, um ihn zu stützen, schien er kurz zu sich zu kommen. Er schaute hoch, richtete mit dem einen Auge, das nicht komplett zugeschwollen war, seinen Blick auf Ayla, doch es sah nicht so aus, als ob er sie erkenne. Dann kippte sein Kopf wieder nach vorn, sein Körper hing kraftlos zwischen den beiden Wachen. Sie wankten unter seinem Gewicht, aber es gelang ihnen dennoch, ihn zu halten und zur Tür zu schleppen.
„Eure Majestät“, verabschiedete sich Cedric mit einer kühlen Verbeugung von Garret.
Er gab ihm keine Antwort, sondern verneigte sich steif vor Ayla. „Eure Majestät.“
Ayla drehte sich wortlos um und ging zu ihren Wachen, die an der Tür warteten.
Als sie Garrets Domizil verlassen hatten und Ayla sich vergewissert hatte, dass keiner seiner Bediensteten sie heimlich beobachtete, stoppte sie ihre Leibwächter.
„Ihr bringt ihn nicht in den Kerker. Ich wünsche, dass er in meinen privaten Räumen untergebracht und gut behandelt wird.“ Sie sah Cedric fragend an. „Es gibt doch sicherlich einen geeigneten Platz in meinen Gemächern, an dem dies auf diskrete Weise arrangiert werden kann?“
„Selbstverständlich, Eure Hoheit. Ich werde mich selbst darum kümmern.“ Er bedeutete den Wachen, ihm zu folgen.
„Danke.“ Die Tränen in ihren Augen und das Beben ihrer Stimme kamen für sie selbst überraschend, und sie scheuchte beides fort. „Kommt bitte zu mir, nachdem dafür gesorgt ist, dass die Heiler ihr Möglichstes für ihn tun.“
Cedric verbeugte sich zustimmend. Sie sah ihnen traurig nach, wie sie mit Malachi davongingen. Sie wollte zu ihm laufen, ihn aus seinem Schockzustand aufwecken und ihm versichern, dass niemand ihm mehr wehtun würde. Ihm die Angstund Verzweiflung nehmen, die ihn umgab wie dichter grauer Nebel. Doch sie konnte es nicht. Nicht jetzt. Genauso wenig wie sie ihm ihre Zuneigung hatte zeigen können, bevor sie Königin geworden war. Es würde ihr niemals vergönnt sein, ihre Liebe zu Malachi in der Öffentlichkeit nicht verheimlichen zu müssen.
Sie hatte ein Gefängnis gegen ein anderes eingetauscht.
20. KAPITEL
W ieder war er an einen anderen Ort gebracht worden. Anfangs hatte er es für einen Traum gehalten, doch als Malachi aufwachte, befand er sich noch immer in derselben Umgebung wie am Abend zuvor. Die kahlen Wände mit den schwarzen Rußflecken und der zerlumpte Baldachin über ihm sahen genauso aus, wie sie es getan hatten, als er hierher
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