Herrscherin des Lichts
trivialen, sterblichen Ebene, dann war sie möglicherweise geneigt, positiv auf Offenheit zu reagieren. Er beugte sich ein wenig vor und tat so, als würde er einen funkelnden Ring näher betrachten. „Ich fürchte, ich habe mich verlaufen. Könntest du mir vielleicht sagen, wie ich zur Lightworld komme?“
Ihre Augen leuchteten auf. „Was suchen Sie denn in der Lightworld, das Sie hier nicht finden können?“
„Wahre Liebe.“ Er fand, es hörte sich lächerlich an, kaum dass er es ausgesprochen hatte, dennoch zeigte es die gewünschte Wirkung, ihrem mitfühlenden Gesichtsausdruck nach zu urteilen.
Sie griff mit einer schrundigen Hand, die von harter Arbeit zeugte, in eine Kiste unter dem Tisch und holte eine Kette heraus, an der ein Anhänger aus Metall baumelte.
„Jeder beliebige Gang am südlichen Ende des Streifens führt in die Lightworld. Und nehmen Sie dies.“
Ihre rasche Bewegung auf ihn zu überraschte ihn, trotzdem beugte er sich automatisch hinunter, sodass sie die Kette über seinen Kopf ziehen konnte. „Es wird Ihnen helfen, Ihre wahre Liebe zu finden“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Dann trat sie zurück und sah ihm tief in die Augen, als versuche sie, ihm noch irgendeine geheime Botschaft zu übermitteln, doch im nächsten Moment drehte sie sich einfach um und verschwand im Inneren ihres Verkaufsstandes. Er wollte ihr hinterhergehen, aber es trieb ihn zu sehr in die Lightworld, jetzt, da er den Weg dorthin kannte.
Er rollte den geliehenen Umhang aus, legte ihn an und machte die Verschlüsse am Hals zu. Dabei warf er einen kurzenBlick auf den Anhänger, den das Mädchen ihm gegeben hatte. Eine gebogene Ranke, mit spitzen Dornen übersät. Nicht ganz das, was er erwartet hätte. Wenn dies ein Zeichen sein sollte, dann war es ein nicht besonders imposantes.
Irgendwie gelang es ihm, sich an den Kreaturen im Hauptverkehrsstrom des Streifens vorbeizudrängeln, bis er endlich die nebeneinanderliegenden verschiedenen Eingänge der Lightworld erreichte. Über jedem von ihnen waren Schilder in zahlreichen Sprachen angebracht. Er entdeckte eines, dessen Inschrift er entziffern konnte, und las:
Reisender, sei dir des Manifests von Königin Mabb gewahr: Niemals soll ein Feind der Lightworld dieses Tor durchschreiten. Keine Kreatur der Finsternis soll sich ins Innere dieser Mauern wagen. Befolge dies Gebot oder bezahle einen Verstoß dagegen mit dem Leben.
Für einige mochte diese Drohung vielleicht eine abschreckende Warnung sein, aber bloße Worte würden Malachi nicht von seinem Vorhaben abhalten. Er zog die Kapuze des Umhangs tiefer ins Gesicht und legte seine Flügel so dicht an, wie es ging, froh darüber, dass ihre Spitzen unter dem langen Stoff nicht zu sehen waren, der glücklicherweise bis zum Boden reichte.
Trotz ihres Namens erwies sich die Lightworld als ein ebenso trüber Ort wie die Darkworld. Allerdings sauberer und trockener. Und in der Darkworld hatte Malachi niemals auch nur einen einzigen Soldaten oder sonstige Indizien eines organisierten Militärs gesehen, hier jedoch erwarteten ihn, keine fünfzig Schritte vom Tunneleingang entfernt, gleich zwei schwer bewaffnete Wachmänner.
Er fing an, im Geist die bevorstehende Konversation mit ihnen durchzuspielen, was er am besten sagen sollte. Würden sie ihn nach seinem Namen fragen? Für welchen Drachen er arbeitete? Zum ersten Mal, seit er aufgebrochen war, beschlichen ihnechte Zweifel, ob er sich dies alles nicht etwas zu leicht vorgestellt haben könnte. Doch die Wachen beäugten nur kurz seinen Umhang, dann machten sie wortlos Platz und ließen ihn passieren, und während er an ihnen vorbeiging, kam es ihm sogar fast so vor, als hätten sie ein wenig Angst vor ihm. Das mochte an seiner Körpergröße liegen – die beiden waren klein und schmal wie Kinder, worüber auch ihre dick gepolsterten Rüstungen nicht hinwegtäuschen konnten – oder daran, dass sie glaubten, er stünde tatsächlich im Dienst einer so furchterregenden Kreatur wie einem Drachen.
Er war über Drachen informiert und wusste, dass es gemeinhin als tödlich galt, sie zu verärgern.
Nachdem er nun also die erste Hürde genommen hatte, konzentrierte er sich auf die nächste. Wo in den Weiten dieser Lightworld würde er seine Elfe finden? An einer Abzweigung zweier Tunnel, vier mögliche Richtungen zur Auswahl, blieb er unentschlossen stehen. Es wäre leicht, sich hier zu verlaufen, und außerdem gefährlich. Er sah sich um, in der Hoffnung, irgendein Zeichen zu
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