Herz auf Umwegen
Dann ging sie an der anderen Seite des Hauses zurück. So entdeckte sie im am Haus anliegenden Carport einen Stapel mit Brennholz. Dabei lag ein Pappschild, auf dem stand: 5 stk. 15 Kroner. Eine verrostete Kaffeedose diente als »Kasse«.
Als Katja wieder vor dem Haus ankam, schloss Grit gerade die Eingangstür auf. Janny folgte ihr ins Haus. Katja beeilte sich, zu den beiden aufzuschließen. Schließlich wollte sie bei der Zimmeraufteilung ein Wort mitreden.
Der Eingangsbereich war sehr geräumig und ging über in eine offene Küche, von wo aus man wiederum ins Wohnzimmer kam. Auch im Haus Blockhausstil, untermalt von einem offenen Kamin an der Front des großen Wohnraumes. Damit war klar, wofür das Holz draußen lag. Hier gab es natürlich keine Zentralheizung. Rechts und links vom Kamin sah man durch die Fenster und eine Glastür auf die Terrasse und das Seepanorama. Vier Türen gingen vom Wohnzimmer ab, auf jeder Seite zwei. Drei Schlafzimmer und ein Bad, wie sich zeigte.
»Ich nehme das Zimmer hier«, verkündete Grit und sicherte sich damit eines der beiden Schlafzimmer mit Ausblick zum See.
Katja fing Jannys Blick auf. Es war offensichtlich, dass Janny ihr die Entscheidung überlassen wollte. Katja wog ab. Sie würde zwar gerne das andere Zimmer mit Ausblick nehmen, aber dann wohnte sie neben dem Bad, während Grits und Jannys Zimmer nebeneinanderlagen. Es wäre ein Kinderspiel für Grit, nachts in Jannys Zimmer zu schlüpfen oder umgekehrt, ohne dass sie es mitbekäme. Und ergo würde sie es auch nicht verhindern können. Sie wollte den beiden ihr Techtelmechtel aber so schwer wie möglich machen. Falls in der Nacht Grits Zimmertür ging, würde sie es eher bemerken, wenn sie im Nebenzimmer schlief. Katja hatte zwar keine Ahnung, was sie machen würde, sollte … sich das Schlimmste anbahnen, aber das fand sich dann schon. Zunächst einmal galt es, eine taktisch gute Ausgangsposition zu schaffen. »Ich gebe den zweiten Seeausblick gerne an Janny ab.«
»Dann ist das schon mal geklärt«, meinte Grit.
Sie verschwanden jede in ihr Zimmer, um auszupacken. Katja brauchte genau fünf Minuten dafür, womit sie augenscheinlich die Schnellste war, denn bei ihrer Rückkehr ins Wohnzimmer stand sie allein da. Neugierig schaute sie sich um, schlenderte zu einem kleinen Regal, auf dem einige Bücher übereinander lagen. Katja griff nach dem obersten. Ein Blick auf das Cover genügte allerdings, Katjas Interesse erlöschen zu lassen. Norwegisch. Sie schob die anderen Bücher nacheinander zur Seite. Dabei fiel etwas auf den Boden. Katja bückte sich, griff nach dem kleinen, schwarzen Plastikding und nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger auf. Sie richtete sich wieder auf und drehte das Teil einmal hin und her. Eine Speicherkarte. Die musste einer der Vormieter vergessen haben.
Grit kam aus ihrem Zimmer. »Ich mach ein paar Sandwiches.«
Katja nickte und legte das kleine Stück Plastik in eine leere Schale auf dem Esstisch. Dann machte sie sich daran zu testen, ob der Fernseher deutsche Programme hergab. Im Wirrwarr der Fernbedienungen, hier hatte wohl schon ewig keiner die alten aussortiert, fand sie endlich die für Fernseher und Receiver und drückte so lange auf den Tasten herum, bis ein Kaffeehersteller in deutscher Sprache versicherte, dass das Aroma seiner Kaffeebohnen unwiderstehlich sei. »Na also«, murmelte sie zufrieden und schaltete auf´s Zweite, wo ein Leichtathletikwettbewerb übertragen wurde.
In der Zwischenzeit hatte Grit den Kühlschrank eingeräumt und die angekündigten Sandwiches fertig. Nun kam auch Janny aus ihrem Zimmer, mit einem Stapel Broschüren, die sie vom Touristikstand mitgenommenen hatte. Alle drei setzten sie sich um den Couchtisch, griffen zu Sandwiches und Broschüren. Eine Weile lasen sie schweigend.
»Hier, wie klingt das?«, unterbrach Janny die Stille als Erste. »Gilafjellet 1582 Meter, mittelschwere Bergwanderung, kein Kraxeln und Klettern, mit schöner Aussicht über Seen und Berge von mehreren Aussichtspunkten. Unterwegs kommen Sie an einer historischen Fallgrube zum Rentierfang vorüber, Teil einer größeren Fanganlage. Nehmen Sie im Sommer unbedingt ein Badehandtuch mit! Strecke hin und zurück zehn Kilometer, Zeit etwa vier Stunden. Höhenunterschied circa sechshundert Meter. Ausrüstung solide Wanderschuhe, keine Spezialausrüstung erforderlich. Es folgen eine Beschreibung der Wanderroute und der Anfahrt.« Janny
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