Herz aus Eis
liegt direkt vor uns.“
„Dann liegt der Swimmingpool jetzt linker Hand.“
Sie drehte sich nach links und war für einen Moment geblendet von der Sonne, die sich glitzernd auf dem blauen Wasser spiegelte. Eingebettet zwischen dunkelgrüne Büsche, lag das große Bassin da wie ein kostbares Juwel.
„Der Pool ist neu angelegt worden, nicht wahr?“ Der junge Wuchs und die exklusive Mosaikarbeit legten diese Vermutung nahe.
„Ich wünschte, ich könnte behaupten, es sei nur meine Extravaganz. Aber seit zehn Jahren renoviere ich dieses alte Kloster jetzt. Mit Hingabe und Liebe zum Detail.“
Sie hatten die niedrige Steinmauer erreicht, die das Poolareal umgab, und Elizabeth öffnete das kleine schmiedeeiserne Tor. „Warum Taygetos? Warum ein altes Kloster? Stammt Ihre Familie von hier?“
„Nein, aber ich liebe die Berge, hier fühle ich mich zu Hause.“ Er hob die Hand und beschattete sein Gesicht. „Meine Mutter wuchs in einem Dorf am Fuße der französischen Alpen auf. Mit meinem Vater gingen wir wandern, bergsteigen und Ski fahren. Es ist einfach ein gutes Gefühl, hier zu leben.“
Elizabeth war nicht entgangen, wie er mit der Hand seine Augen abdeckte. „Stört die Sonne Sie?“
„Normalerweise trage ich einen Verband. Oder eine dunkle Brille.“
„Sie sind empfindlich gegen helles Licht?“
„Es ist sehr unangenehm“, gab er zu.
Sie wünschte ihm keine Schmerzen, aber diese Überempfindlichkeit war ein Hoffnungsschimmer, dass er vielleicht doch eines Tages wieder etwas würde sehen können. „Soll ich Pano rufen, damit er Ihnen die Brille bringt?“
„Das ist nicht nötig. Wir werden nicht lange bleiben.“
„Aber es ist so schön hier draußen.“ Mit einem zufriedenen kleinen Seufzer sah sie sich um. Wilde Blumen wuchsen in der Mauer, krochen wuchernd über die Steine. Die winzigen violetten Blüten bildeten einen hübschen Kontrast zu dem alten grauen Stein. „Ich hole sie Ihnen. Dann können Sie sich besser entspannen.“
„Nein, sagen Sie mir einfach nur, wo etwas Schatten ist, damit ich aus der Sonne herauskomme.“
„Die andere Seite des Pools liegt schon ein wenig im Schatten, bei der Steinwand“, sie zögerte. „Soll ich Sie schieben?“
„Nein, das schaffe ich allein.“
Doch irgendwie setzten beide zur gleichen Zeit an, den Rollstuhl zu bewegen. Elizabeth fasste an die Griffe, Kristian umklammerte die Räder, und schon hingen die Vorderräder plötzlich über dem Poolrand, die Hinterräder rollten nach wie in Zeitlupe …
Kristian schlug mitsamt dem Stuhl auf dem Wasser auf.
Elizabeth versuchte noch, den Stuhl zurückzuhalten, doch sie konnte dem Schwung nicht genügend Kraft entgegensetzen.Letztendlich musste sie loslassen, um nicht auch ins Wasser und vielleicht auf ihn zu fallen. Die Gefahr bestand, dass sie ihn dann verletzen würde.
Mit vor Entsetzen hämmerndem Herzen ließ sie sich am Poolrand auf die Knie nieder. Ihr Patient war mitsamt Rollstuhl ins Wasser gefallen! Wie hatte sie das nur geschehen lassen können! Wie hatte sie nur so achtlos sein können!
Sie wollte gerade ins Wasser springen, als Kristian auftauchte. Der Stuhl jedoch lag längst auf dem Boden des Pools. Mit kräftigen Zügen schwamm Kristian auf den Beckenrand zu.
„Kristian, es tut mir so unendlich leid! Es tut mir so leid“, stammelte sie immer wieder. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nicht so unfähig und tollpatschig gefühlt. Ein solcher Unfall geschah nur aus Nachlässigkeit, und Kristian wusste das genauso gut wie sie. „Ich hätte besser aufpassen müssen. Oh, es tut mir endlos leid!“ Sie streckte die Hand aus, als er den Beckenrand fast erreicht hatte. „Sie haben es geschafft, gleich fühlen Sie den Rand. Meine Hand ist direkt vor Ihnen.“ Erleichterung durchflutete sie, als seine Finger fest ihre Hand umklammerten. Ihm war nichts passiert! „Ich habe Sie.“
„Sind Sie da sicher?“ Sein Griff wurde fester. „Oder ist es nicht eher andersherum?“
Kaum hatte er die Worte zu Ende gesprochen, zog er Elizabeth mit einem harten Ruck nach vorn. Sie schwankte, ruderte wild mit dem freien Arm – und landete bäuchlings im Wasser.
Er hatte sie ins Wasser gezogen! Mit voller Absicht! Sie konnte es kaum glauben. So viel also zu dem armen, hilflosen Kristian Koumantaros!
Der Mann war alles anderes als hilflos. Das war jetzt das dritte Mal, dass er sie überrumpelt hatte.
Als sie prustend auf ihn zuschwamm, hielt er sich lässig mit einer Hand am Beckenrand
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