Herz aus Eis
hinschauen. Ich kann nämlich nicht in nassen Kleidern tauchen, also muss ich mich ausziehen.“
Sie zog die Knie an und verkniff sich das Lachen. „Sie haben Angst, ich könnte Sie nackt sehen?“
„Es ist nur zu Ihrem Schutz. Sie haben lange nicht mehr mit Patienten gearbeitet. Meine Blöße könnte Sie schockieren.“
„Sicher.“
„Sicher – was? Schauen Sie hin, oder wenden Sie diskret den Blick ab?“
Grinsend benutzte sie seine Worte. „Ich wende diskret den Blick ab.“
Und obwohl sie versprochen hatte, nicht hinzusehen, war die Versuchung einfach zu groß. Sie musste feststellen, dass er einen bemerkenswerten Körper hatte – ein kräftiger Oberkörper mit breiten Schultern, und im Wasser wirkten seine Beine lang und wohlgeformt.
Er tauchte unter. Erstaunlicherweise dauerte es nicht lange, bis er den Stuhl gefunden hatte. Mit kräftigen Schwimmzügen zog er den Rollstuhl zum flachen Ende des Pools. In diesem Moment kamen auch schon Pano und eines der Hausmädchen angerannt.
„Kyrios“ , rief Pano aufgeregt, „ist Ihnen etwas passiert?“
„Nein, mir geht es gut.“
Pano nahm den Stuhl an und stellte ihn auf. Das Wasser lief aus allen Ritzen. Das Mädchen machte sich sofort daran, den Stuhl trocken zu reiben. In der Zwischenzeit hatte Kristian sich aus dem Pool gestemmt, und der alte Hausdiener bedeckte seine Schultern mit einem Badelaken und warf ihm ein weiteres Handtuch über den Schoß.
Er ist viel stärker, dachte Elizabeth, und kann sich sehr viel besser um sich selbst kümmern, als er zugibt. Kristian brauchte niemanden, um den Rollstuhl zu schieben. Wahrscheinlich brauchte er nicht einmal jemanden, der sich um ihn kümmerte. Wenn jeder ihn in Ruhe ließe, würde er wahrscheinlich bestens zurechtkommen.
Elizabeth hatte den Blick nicht von den starken Schultern, der schmalen Hüfte und dem festen Hinterteil abwenden können, als er sich aus dem Pool stemmte. Kristian sah keineswegs krank oder wie ein hilfloser Patient aus, im Gegenteil. Er war ein Mann, noch dazu ein höchst sinnlicher und viriler Mann. Mutter Natur hatte es gut mit ihm gemeint. Ganz und gar.
Das Blut schoss ihr in die Wangen. Verlegenheit, Scham und Neugier vermischten sich. Was sie hier trieb, war alles andere als professionell! Und dennoch, er hatte einen geradezu verboten beeindruckenden Körper. Selbst als Kristian jetzt wieder in seinem Stuhl saß, wirkte jeder Zentimeter an ihm männlich.
„Hatten wir nicht eine Abmachung?“, murmelte er in ihre Richtung.
„Hatten wir. Haben wir.“ Mit hochrotem Kopf sprang Elizabeth auf. „Ich denke, ich sollte mich umziehen gehen.“
„Tun Sie das.“ Er hob den Kopf und lächelte leicht. Ein Lächeln, das besagte, dass er genau wusste, wie sie ihn angestarrt hatte. „Wir wollen doch nicht, dass Sie sich eine Erkältung holen, nicht wahr?“
„Nein.“
Sein Lächeln wurde breiter. Das Sonnenlicht spielte auf seinem Gesicht, ließ die gezackte Narbe aufleuchten. Elizabeth stockte das Herz, als sie daran dachte, was das Schicksal dieser klassischen griechischen Schönheit angetan hatte. „Wir sehen uns dann beim Dinner.“
Natürlich konnte er sie nicht wirklich sehen, aber das sollte wohl heißen, dass er sie zu einem gemeinsamen Dinner erwartete. In ihrem Magen begann es zu flattern. „Heute Abend?“
„Sagten Sie nicht, ich solle meine Mahlzeiten mit Ihnen einnehmen?“, erwiderte er träge. „Wollten Sie nicht wieder einen zivilisierten Menschen aus mir machen?“
Ihr Puls raste. „Richtig.“ Ihr Lächeln fiel gezwungen aus. „Heute Abend also.“
Sie drehte sich so hastig um, dass sie sich den Zeh stieß. Mit einem unterdrückten Wimmern humpelte sie davon und rannte schließlich los, um in ihrem Zimmer Zuflucht zu suchen, während sie sich unablässig in Gedanken die erste Regel ihres Pflegedienstes vorbetete: Sich nie persönlich mit einem Patienten einlassen. Ganz gleich, was auch geschieht und wie sich das Verhältnis entwickelte. Es durfte niemals persönlich werden.
Doch als sie in ihrem Zimmer ankam, hätte sie vor Verzweiflung am liebsten heulen mögen.
Zu spät. Sie war bereits persönlich involviert.
6. KAPITEL
Draußen im Garten kämpfte Kristian sich im Rollstuhl über die Kieswege zurück zum Haus. Noch immer tropfte es überall aus dem Stuhl, und das Sitzkissen war vollgesogen mit kaltem Wasser.
Dem Himmel sei Dank, dass er bald auf dieses Ding würde verzichten können.
Der Sturz in den Pool war eine zwiespältige Erfahrung
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