Herz aus Eis
Minuten.«
Er schnitt eine Grimasse. »Wer hat Ihnen beigebracht, wie man Geschäfte macht? Dann lassen Sie mich mal nachdenken.« Er ging zu einem Fenster und verharrte dort ein paar lange Minuten.
»Ich habe auch ein paar Forderungen an Sie«, sagte er, als er vom Fenster zurückkam. »Ich weiß, daß Sie mich meines Geldes wegen heiraten.« Er hob die Hand, als sie versuchte, etwas zu sagen. »Hat keinen Zweck, das abzustreiten. Sie würden nicht eine Sekunde daran denken, mich, der ich die Kartoffeln mit dem Messer esse, zu heiraten, wenn ich nicht ein so großes Haus als Mitgift hätte. Eine Lady wie Sie würde nicht mal mit einem Stallburschen wie mir reden. Was ich nun von Ihnen verlange und was Sie niemandem erzählen sollen, ist, daß Sie so tun, als ob . . .«
Er blickte auf den Parkettboden hinunter.
»Ich will«, begann er von neuem, »daß die Leute denken, Sie hätten sich — in mich verliebt; und nicht meinen, Sie würden mich nur heiraten, weil Ihre Schwester Ihnen den Verlobten weggenommen hat und ich zufällig in der Nähe gewesen bin. Ich will, daß sogar Ihre Schwester« — er sagte das mit großem Nachdruck — »denkt, Sie wären verrückt nach mir — so verrückt, wie ich das vor den Leuten in der Kirche behauptet habe. Und ich will, daß auch Ihre Mutter das glaubt. Ich möchte nicht, daß sie sich vor mir fürchtet.«
Houston war auf alles vorbereitet gewesen — nur nicht auf das. Das war also der große, furchtgebietende Mann, der über den Dingen und der ganzen Stadt stehen wollte. Wie schrecklich mußte es sein, wenn man nicht einmal die kleinsten gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen konnte. Natürlich wollte ihn keine Frau in ihr Haus einladen, wenn es dabei >Unfälle< gab und Porzellan zu Bruch ging. Im Augenblick paßte er überhaupt in keine Welt, weder in die der Armen, wohin er seinen Manieren und seiner Sprache nach gehörte, noch in die der Reichen, für die er seines Geldes wegen eigentlich prädestiniert war.
Er braucht mich, überlegte sie. Er braucht mich so sehr, wie noch niemand mich in meinem Leben gebraucht hat. Für Leander war ich etwas Besonderes, nett, aber nicht notwendig. Aber für diesen Mann sind die Dinge, die ich gelernt habe, wesentlich.
»Ich werde so tun, als wäre ich eine dich innig liebende Frau«, sagte sie leise. »Dann wirst du mich also heiraten?«
»Nun ja, ich denke schon«, sagte sie mit einem Gefühl, das sie selbst überraschte.
»Donnerwetter! Edan!« brüllte er, während er aus der Bibliothek rannte, »Lady Chandler wird mich heiraten.«
Houston setzte sich auf das Fensterbrett. Er würde >Lady< Chandler heiraten. Wem, in aller Welt, hatte sie eigentlich ihr Jawort gegeben?
Es war schon Abend, als Houston mit ihrer Kutsche wieder nach Hause fuhr. Sie war erschöpft, und in diesem Augenblick wünschte sie sich, daß sie nie von Kane Taggert gehört hätte. Er schien zu glauben, er können in seinem Haus bleiben und arbeiten, während seine Verlobte alle Parties, die zu diesem Zweck gegeben wurden, allein besuchte und jedem beteuerte, sie liebe ihn abgöttisch, und als Ehepaar hätten sie nur eine rosige Zukunft.
»Wenn sie uns nicht beide zusammen sehen, werden sie nicht mal glauben, daß wir uns kennen«, sagte sie über die Berge von Papieren auf seinem Schreibtisch hinweg. »Du mußt die Gartenparty übermorgen besuchen, und vorher müssen wir dir vom Schneider einen ordentlichen Anzug anfertigen und dich rasieren lassen.«
»Ich versuche, ein Stück Land in Virginia in meinen Besitz zu bringen, und ein Mann kommt deswegen morgen zu mir ins Haus. Ich muß hierbleiben.«
»Du kannst während der Anprobe mit ihm deine Geschäfte besprechen.«
»Du meinst, einer von diesen kleinen Männern soll mich am ganzen Körper betätscheln? Das dulde ich nicht. Sag diesen Leuten, sie sollen mir ein paar Anzüge ins Haus schicken, und ich suche mir einen davon aus.«
»Rot oder purpur?« fragte sie ruhig.
»Rot. Ich habe mal so einen roten Schottenrock gesehen, der . . .«
Houston mußte nun sehr laut und deutlich werden: »Du wirst morgen einen Schneider im Haus empfangen, der bei dir Maß nimmt für einen Anzug, dessen Farbe und Stoff ich bestimmen werde, Und du wirst mit mir zu dieser Gartenparty gehen. Und wir werden auch noch andere Funktionen in den nächsten zwei Wochen vor unserer Hochzeit gemeinsam wahrnehmen.«
»Bist du sicher, daß echte Ladies immer so laut sein müssen? Ich dachte, eine wahre Lady schreit nie.«
»Sie
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