Herz aus Eis
Leanders Manieren vermißte.
Das Anliegen, das sie an die Schneiderin hatte, war in sieben Minuten erledigt, und die Frau warf verzweifelt die Hände in die Höhe, als sie hörte, daß sie in so kurzer Zeit ein so kompliziertes Kleid fertigstellen sollte. Dann mußte sie sich auch noch hinsetzen vor Schreck, weil Houston ihr auftrug, in derselben Zeit noch ein Kleid für Jean Taggert zu nähen. Sie drängte Houston in fliegender Hast wieder aus dem Laden, weil sie jede Sekunde für die Erledigung dieses Auftrags benötigte. Houston konnte ihr ansehen, wie begeistert sie von der Aussicht war, zwei Ladies für die Hochzeit auszustatten.
Nun stand Houston mit aufgespanntem grünem Parasol vor dem Laden und blickte über die Straße zur Kneipe hinüber, wo Kane sich die Wartezeit mit einem Drink vertrieb. Sie hoffte, er ließe sie hier nicht lange stehen.
»Holla«, hörte sie eine Männerstimme, »wartest du auf uns?«
Drei junge Cowboys umringten sie. Dem Geruch nach mußten sie soeben nach einem wochenlangen Ritt durch die Prärie mit ihren Kühen die Stadt erreicht haben.
»Komm, Cal«, sagte einer der drei. »Laß sie ihn Ruhe. Sie ist eine Lady.«
Houston tat so, als wären die Männer gar nicht vorhanden, betete aber im stillen, daß Kane in diesem Moment neben ihr auftauchen möge.
»Ich mag Ladies«, sagte Cal.
Houston drehte sich um und legte die Hand auf die Klinke einer Ladentür.
Doch ehe sie die Klinke niederdrücken konnte, legte Cal seine Hand auf die ihre.
»Wie soll ich das verstehen?« sagte Houston, zog ihre Hand zurück und musterte den Mann mit einem verächtlichen Blick.
»Redet auch wie eine Lady«, sagte Cal. »Honey, wie wäre es, wenn wir beide hinüber in die Kneipe gingen und paar Glas Bier miteinander trinken würden?«
»Cal«, sagte einer von den anderen Cowboys mit warnender Stimme.
Doch Cal drängte sich noch dichter an Houston heran und sagte: »Mit mir könntest du dir großartig die Zeit vertreiben, Honey.«
»Ich zeige dir, womit du dir deine Zeit vertreiben kannst«, hörte Houston jetzt Kanes Stimme, während er den Cowboy hinten beim Hemd und Hosenbund packte und ihn im hohen Bogen auf die schmutzige Straße warf.
Als der Cowboy, der nur halb so groß war wie Kane, sich wieder aufrichtete und den Kopf schüttelte, damit er wieder klar denken konnte, baute Kane sich vor ihm auf. »Das ist eine saubere Stadt«, sagte er mit grollender Stimme. »Wenn du eine Frau suchst, mußt du nach Denver weiterreiten; denn hier passen wir auf unsere Frauen auf.« Er beugte sich zu dem Jungen hinunter. »Und ich ganz besonders auf meine Frau. Hast du mich verstanden?«
»Jawohl, Sir«, murmelte der Cowboy. »Ich hatte nicht vor, mich an . . .« begann er, hielt wieder inne und sagte hastig. »Jawohl, Sir; ich reite sofort nach Denver weiter.«
»Eine gute Idee«, sagte Kane, ging auf den Bürgersteig zurück, nahm Houstons Arm und zog sie auf die Kutsche zu.
Stumm fuhr er mit ihr zu seinem Haus; hielt aber auf halbem Weg plötzlich die Kutsche an. »Verdammt! Ich schätze, du wolltest in deine Wohnung zurückfahren.« Er nahm die Zügel wieder auf. »Dieser Junge hat dir doch nicht weh getan, oder?«
»Nein«, sagte sie leise. »Vielen Dank, daß du mir zu Hilfe gekommen bist.«
»Keine Ursache«, sagte er; machte dabei aber ein finsteres Gesicht; als würde ihn etwas bedrücken.
Houston legte die Hand auf seinen Arm. »Vielleicht habe ich etwas voreilig gehandelt; aber ich schickte Mrs. Murchison eine Nachricht, daß sie ein Essen für uns beide vorbereiten soll. Falls du nichts dagegen hast, mit mir zu dinieren, heißt das.«
Er blickte rasch an ihr hinunter. »Ich habe nichts dagegen, hoffe aber, daß dir die Kleider nicht ausgehen werden, da ich offenbar die Gewohnheit habe, sie ziemlich oft zu ruinieren.«
»Ich habe mehr als genug Kleider in meinem Schrank hängen.«
»Also schön«, sagte er widerstrebend. »Aber ich muß heute irgendwann noch arbeiten. Geh du schon mal ins Haus, während ich das Pferd in den Stall bringe.«
Houston ging ins Haus und rannte dann in die Küche. »Ist alles vorbereitet?« fragte sie.
»Alles«, antwortete Mrs. Murchison lächelnd. »Und ich habe auch Champagner kalt gestellt.«
»Champagner?« wiederholte Houston kleinlaut. Sie mußte daran denken, was passiert war, als Blair zu viel Champagner getrunken hatte.
»Und ich habe alle Leibgerichte von Mr. Kane gekocht«, setzte Mrs. Murchison mit verklärten Augen
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