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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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wieder einfiel, wie man sich bewegte. Dann wusch ich mich und machte mich auf den Weg ins Speisezimmer.
    Als ich das Zimmer betrat, war noch niemand da. Auf der Anrichte standen abgedeckte Platten mit dem Essen. Es roch nach Fleisch, aber nur schwach, denn zwei der Fenster standen einen Spalt offen und ein kalter Luftzug drang herein.
    »Hey!«
    Davids Stimme ließ mich herumfahren. Mein Herz machte einen Satz. »Hey«, gab ich zurück. Ich war innerlich so leer, dass es mir fast leichtfiel, einen normalen Tonfall anzuschlagen. »Seit wann kommst du freiwillig zum Abendbrot runter?«
    Er runzelte die Stirn und zuckte dann die Achseln.
    »Wegen vorhin …«, begann ich vorsichtig.
    »Nicht!« Er kam auf mich zu. Ganz dicht blieb er vor mir stehen und beim Anblick meiner verweinten Augen pressten sich kurz seine Lippen aufeinander. Ich verspürte das absurde Bedürfnis, einen Scherz zu machen.
    »Sieht so aus, als wäre heute ich für die roten Augen zuständig!«
    Diesmal lächelte er.
    Eine Weile sagten wir beide nichts.
    »Es tut mir leid«, setzte ich erneut an. »Ich wusste nicht, dass das Armb…« Ich konnte nicht zu Ende sprechen, weil er mir die Fingerspitzen auf die Lippen legte.
    »Scht!«, machte er.
    Seine Berührung fuhr mir bis tief in den Leib. Schlagartig war mir wieder schwindelig. David schien es mir anzusehen. Langsam hob er die Hände und griff nach meinen Schultern, um mich zu stützen. Die Sehnsucht nach ihm, nach seiner Berührung, seiner Umarmung wurde so stark in mir, dass ich unwillkürlich einen Schritt auf ihn zumachte.
    Er ließ mich los, wich zurück.
    Ich presste die Lippen zusammen.
    »Es tut mir leid!«, flüsterte ich. »Ich wollte dir nicht wehtun!«
    »Ich weiß.« Ganz flach war seine Stimme. »Du konntest es nicht wissen.« Er sprach von dem Armband und das brachte mich auf einen Gedanken.
    »Henry! Er hat mir das Armband gekauft!«
    »Er wusste auch nichts davon. Genau so eins habe ich Charlie geschenkt, nur ein paar Wochen, bevor sie …« Er schluckte hart, ich konnte es hören.
    Ich schloss die Augen. Alles in mir wollte nur von ihm festgehalten werden. Obwohl ich wusste, dass ich ihn mit dem, was mir auf der Seele brannte, nur noch weiter von mir forttreiben würde, musste ich es fragen. Es war wie das perverse Bedürfnis, an einem ohnehin schon schmerzenden Zahn ständig mit der Zunge herumprokeln zu müssen. Traurig sprach ich es aus: »Du vermisst sie sehr, oder?«
    Er versteifte sich, doch gleich darauf hatte er sich wieder in der Gewalt. Ich spürte, wie er sich sammelte, aber bevor er auf meine Frage antworten konnte, wurde die Tür des Speisezimmers geöffnet und Jason und Taylor kamen herein.
    Wie ertappt fuhren David und ich auseinander. Das Zimmer schwankte ein wenig um mich herum, aber ich riss mich zusammen. Taylors Miene hatte sich bei unserem Anblick aufgehellt und jetzt lächelte sie mir zuversichtlich zu. Jason hingegen schien nicht klar zu sein, was hier gerade geschehen war. Völlig ungerührt trat er an die Anrichte, hob eine der Abdeckungen hoch und sofort erfüllte der Geruch von gebratenem Fleisch den Raum. Schlagartig wurde mir schlecht.

I ch schaffte es, meine Übelkeit vor den anderen zu verbergen, nur David schien zu ahnen, dass etwas mit mir nicht stimmte. Immer wieder sah er in meine Richtung, und als Grace die Teller mit dem Hauptgericht auftrug, legte er seine Serviette weg und sagte: »Ich glaube, du brauchst ein bisschen frische Luft, kann das sein?«
    Ich tat Messer und Gabel beiseite und nickte kläglich. Mein Vater schaute mir ins Gesicht. Seine Augen rundeten sich. »Du bist ja ganz grün!«, entfuhr es ihm.
    Ich stützte mich auf der Tischkante ab und stemmte mich in die Höhe. »Entschuldigt«, murmelte ich. Ich wartete nicht ab, bis Jason mich entließ, sondern ging zur Tür. David folgte mir. Er öffnete mir und brummte irgendetwas Zustimmendes, als Taylor uns nachrief: »Geht nicht zu weit! Es ist Sturm angesagt. Er soll schon bald die Insel erreichen!«
    »Warte hier«, sagte er, als wir draußen auf der Terrasse waren. »Ich hole schnell deine Jacke.« Er lief zum Gästehaus. Während er weg war, stand ich einfach nur da und versuchte, die Welt davon abzuhalten, um mich herum Tango zu tanzen. Ich hatte mich noch nie im Leben so matt und kraftlos gefühlt.
    »Juli?«
    Davids Stimme ließ mich zusammenzucken. Obwohl mein Gesicht in Richtung Gästehaus gewandt war, hatte ich gar nicht bemerkt, dass er wiedergekommen war. Blinzelnd

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