Herz aus Glas (German Edition)
lachte sie. »Warum so in Eile?«
Ich hatte mein Unbehagen in der Zwischenzeit vollständig überwunden und war eigentlich nur noch sauer. Taylor brauchte nur einen einzigen Blick in mein Gesicht, um das zu erkennen.
»Oh! Schlechte Laune? Hat David …«
»David kann nichts dafür!« Ich fauchte noch immer, aber dann wurde mir bewusst, dass auch Taylor nichts für meine Wut konnte. Ich riss mich zusammen. »Entschuldige. Ich wollte dich … Es ist nur … ach, egal!«
»Er ist eben hochgegangen auf sein Zimmer.« Sie stützte den Stapel Handtücher auf ihrer Hüfte ab. »Keine Ahnung, was los ist, aber du siehst aus, als würde es dir guttun, ein bisschen Dampf abzulassen. Ich bringe nur noch dieses Zeug hier runter in den Fitnessraum und gehe danach eine Runde joggen. Willst du nicht mitkommen?«
Im ersten Moment war ich drauf und dran, Nein zu sagen, aber dann nickte ich doch. »Gute Idee! Gib mir fünf Minuten, um Laufklamotten anzuziehen.«
»Zehn«, sagte sie. »Ich muss mich auch noch umziehen. Wir treffen uns in zehn Minuten draußen auf dem Parkplatz!«
Kurz darauf standen wir vorm Haus und der Wind zerrte an unseren Haaren. Taylor schlug vor, zum Strand runterzulaufen. Locker trabten wir los und ich war dankbar dafür, dass sie mich mit keinem Wort mehr auf den Grund für meine schlechte Laune ansprach. Mit jedem Schritt, der mich von Sorrow forttrug, kam mir mein Unbehagen von eben dümmer und belangloser vor. Wir unterhielten uns eine Weile über die Feier gestern Abend. Ich machte einen ironischen Scherz über Roman und Suzie und einen gemeinen über Kimmi. Sie lachte über beide, aber bei dem gemeinen funkelten ihre Augen vergnügt. Dann erzählte sie mir, was ihr gestern Abend auf dem Weg zu ihrer Freundin Dummes passiert war.
»Ich musste tanken.« Sie kicherte schon, bevor ihre Geschichte richtig angefangen hatte. »Stell dir vor: Ich fahre an die Zapfsäule, steige aus, nehme den Zapfhahn. Und merke, dass der Tank auf der anderen Seite ist!« Sie warf mir einen kurzen Seitenblick zu, um zu prüfen, ob mich das Ganze überhaupt interessierte.
»Und?«, fragte ich.
»Gut. Also: Ich ziehe an diesem blöden Zapfdingsbums, um es bis zum Tank zu kriegen, aber das Teil ist zu kurz. So ein Typ an der Kasse in der Tankstelle beobachtet mich durch die Scheibe, aber er kommt nicht auf die Idee, rauszukommen und mir zu helfen. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als den Hahn wieder einzuhängen. Ich steige ein, fahre zur nächsten Säule, was gar nicht so einfach ist. Ich glaube, dieses Monster, das Jason seinen Wagen nennt, hat einen Wendekreis von einer halben Meile.« Ihre Wangen hatten sich inzwischen gerötet, aber obwohl sie ohne Punkt und Komma redete und dabei gleichzeitig das Tempo etwas anzog, war sie nicht ein bisschen außer Atem.
Ich folgte ihr. Die Haut zwischen meinen Schulterblättern begann zu prickeln, wie sie es immer tut, wenn ich beim Laufen Stress abbaue.
»Ich steige wieder aus, nur um festzustellen, dass es an der nächsten Säule nur Diesel gibt. Ist es zu fassen! Der Typ an der Kasse grinst inzwischen, als sei Weihnachten.« Sie hüpfte über einen im Weg liegenden Ast, den der starke Wind der letzten Tage heruntergerissen hatte. Unser Weg ging in leichten Schlangenlinien durch Heidekraut und Ginsterbüsche und führte dann abwärts in einen schmalen Hohlweg. Die Böschungen ragten rechts und links von uns auf und es war zu eng, um nebeneinanderher zu laufen. Ich drosselte das Tempo ein wenig, um Taylor vorzulassen. Sie redete trotzdem weiter. »Ich also zur nächsten Säule, diesmal ist alles richtig. Ich glaube, mein Kopf war so rot wie eine Tomate!« Sie lachte laut und das Geräusch hallte von den Böschungen wider.
Wir ließen den Hohlweg hinter uns und befanden uns am Strand. Taylor joggte locker durch den tiefen Sand und wandte sich an der Wasserkante nach rechts. »Außer dem Typen an der Kasse beobachteten mich inzwischen auch ein paar Jugendliche und ich hätte ihnen ihre feixenden Gesichter polieren können, glaub mir! Ich steige also noch mal aus. Diesmal passt alles, aber, was soll ich sagen? Ich hatte vergessen, die Automatik auf Parken zu stellen, und der Wagen fängt an, hinter mir wegzurollen. So schnell bin ich noch nie in ein Auto gehechtet, das kannst du mir glauben!«
Sie verdrehte die Augen und rang die Hände dabei in einer so verzweifelt aussehenden Geste, dass ich lachen musste. »Du liebe Zeit! Die Jungs müssen geglaubt haben, dass du
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