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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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fröhliche Plauderei verfiel, während wir gemächlich zurückliefen. Als Sorrow vor uns auftauchte, fühlte ich die Anspannung mit jedem Schritt wieder stärker werden. Es war, als hätte der alte Kasten mit seiner sonderbaren Stimmung mich inzwischen tatsächlich schon fest im Griff.
    Taylor warf mir mitleidige Blicke zu. »Danke«, sagte sie. Anders als bis eben wirkte sie jetzt nicht mehr fröhlich, sondern ernst und ihre Stimmung fast ein bisschen düster. Aus diesem Grund war mir klar, dass sie nicht die gemeinsame Joggingrunde meinte.
    Fragend schaute ich sie an.
    »Für das, was du für David zu tun versuchst«, erklärte sie. »Es ist nicht leicht für dich, oder?«
    Ich atmete einmal tief durch, bevor ich den Kopf schüttelte.
    »Er kann froh sein, dass du da bist. Er hat sonst nicht so viele Menschen, denen etwas an ihm liegt.«
    Diese Aussage verwunderte mich allerdings etwas. »Henry liegt etwas an ihm.« Er war der Erste, der mir einfiel. »Und dir.«
    Sie wiegte den Kopf auf eine Weise, dass ich mich fragte, was sie in diesem Moment wohl dachte. Die Düsternis in ihrer Miene nahm noch ein wenig zu. Dabei hatte ich sie eben noch für zu fröhlich gehalten, um von dieser Insel zu stammen.
    »Und sein Vater?« Das kam als Frage aus meinem Mund. Mir fiel wieder ein, wie Jason das Klavier zertrümmert hatte. Die Aggression, die in seiner Haltung gelegen hatte, als er David mit dieser Axt gegenübergestanden hatte – nein, sein Vater gehörte definitiv nicht zu den Menschen, denen etwas an David lag! Ich fragte mich, wieso das so war.
    Taylor zwang sich zu einem knappen Lächeln. »Das ist kein Thema für ein Gespräch im Stehen. Wir sollten besser duschen gehen.«
    Ich blickte an mir herunter. Meine Beine waren mit trocknendem Schlick bespritzt und dem Kribbeln in meinem Gesicht nach zu urteilen waren es meine Wangen und die Stirn auch. Ich rieb mir die vom Laufen noch erhitzte Haut. »Wahrscheinlich hast du recht.«
    »Ich sorge dafür, dass Grace uns anschließend etwas vom Mittagessen warm macht. Treffen wir uns im Speisezimmer?«
    Ich hatte nicht wirklich Appetit, aber ich versprach ihr, in einer halben Stunde da zu sein.
    Es gab Braten und frisches Brot mit Kräuterbutter, die so lecker schmeckte, dass ich meine Appetitlosigkeit vergaß und ordentlich zulangte. Als ich Taylor noch einmal auf Jason ansprach, legte sie ihr Besteck weg und tupfte sich erst den Mund mit ihrer Serviette ab, bevor sie mir antwortete.
    »Die beiden haben sich noch nie besonders gut verstanden, fürchte ich. Ich glaube, Jason hält David für einen Schwächling.«
    Ich dachte an mein allererstes Zusammentreffen mit Jason Bell am Tag meiner Ankunft, an die Art, wie er den Schmerz seines Sohnes kleingeredet hatte. Und daran, wie er über seine Depressionen hergezogen war. »Das kommt mir auch so vor«, murmelte ich. »Er sieht nicht ein, dass David durch Charlies Tod …«
    »Oh, ich glaube, es liegt nicht an Charlies Tod!«, fiel Taylor mir ins Wort. »Ich bin ja schon etwas länger hier. Die beiden hatten auch vor Charlies … Unfall kein besonders gutes Verhältnis. Jason hat David auch schon vorher für zu weich gehalten.«
    Ich aß den letzten Bissen von meinem Kräuterbrot. Sorgsam kaute ich und schluckte, bevor ich fragte: »Wie hat sich das geäußert?«
    »Hauptsächlich in kleinen Pfeilen, die Jason ständig gegen David abgeschossen hat. Kleine Spitzen darüber, was ein Mann zu tun und zu lassen und wie er sich zu verhalten hat.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Wasserglas. »Ich glaube, es passte Jason nicht, dass David sich von Charlie so viele Vorschriften machen ließ.«
    »Vorschriften?« Ich zog die Augenbrauen zusammen. David erschien mir nicht im Geringsten wie jemand, der sich von irgendjemandem Vorschriften machen ließ.
    »Jason ist ein durch und durch altmodischer Macho«, lächelte Taylor. »Das ganze Programm: Die Frau ist dem Manne untertan, ein ganzer Kerl heult nicht und so weiter und so weiter. Er hat nie begriffen, dass die Zeit der Cowboys schon lange vorbei ist.«
    Ich war ein bisschen verwundert. »Wie alt ist er denn?« Er kam mir noch gar nicht so alt vor.
    »Knapp fünfzig.« Sie entblößte ihre schneeweißen, begradigten Zähne. »Aber im Kopf ist er wohl zweihundert. Den Eindruck habe ich zumindest manchmal.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Schon so spät? Ich muss runter. Der Herr Verleger hat gleich seine Krankengymnastik-Stunde.« Schon halb im Stehen trank sie ihr Glas leer. »Was hast

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