Herz dder Pflicht
bist an dem Gewinn beteiligt, den die Goldmünzen einbringen.“
Brodribb stammelte etwas Unverständliches, so dass Richard die Schlinge wieder lockerte. „Was versuchst du mir mitzuteilen?“
„Nächsten Freitag, diesmal bei Howell’s End. Der junge Waters ist fort, um alles zu arrangieren. Aber ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich nicht wusste, dass Gold geschmuggelt wird.“
Möglicherweise sagte er nicht die Wahrheit. Richard war indes sicher, dass die Angst um sein Leben Brodribb dazu bewogen hatte, das korrekte Datum der nächsten Lieferung zu verraten. Er löste den Strick, und der Reitknecht sank stöhnend zu Boden. Über ihm stehend, murmelte Richard mit Grabesstimme ein paar lateinische Verse, die endeten: „Hiermit habe ich deine Seele gereinigt.“
„Ich will nicht, dass meine Seele gereinigt wird“, knurrte Brodribb, kam taumelnd auf die Füße und stürzte sich auf seinen Peiniger, nur um erneut zu erleben, dass ihm die Garotte um den Hals geworfen und fest zugezogen wurde. Diesmal stürzte er fast bewusstlos zu Boden. Richard kniete sich über ihn, nahm ihm die Schlinge ab und benutzte sie dazu, Brodribbs Hände hinter seinem Rücken zu fesseln. „Elender Leibeigener“, donnerte er. „Dank deinem Gott, dass der Dunkle Rächer dich wertloses Geschöpf verschont. Ändere dein Leben, sonst komme ich zurück, um das zu beenden, was ich gerade begonnen habe.“
Richard drehte sich um und verschwand rasch zwischen den Bäumen. Als er sicher sein konnte, dass ihm niemand folgte, nahm er Mantel und Maske ab und rollte alles zu einem Bündel zusammen, das er in der Laube verstaute. Dann ging er langsam zum Hintereingang zurück und wartete im Gebüsch, bis die Whist-Gesellschaft sich aufgelöst hatte und zu Bett gegangen war. Er schlüpfte durch ein Fenster in der Nähe der Speisekammer ins Haus und schlich sich in Richtung Dienstbotentreppe.
Als er von oben Schritte und Gelächter hörte, versteckte er sich in einer Nische. Die Gedanken in seinem Kopf rasten.
Brodribb hatte brauchbare Auskünfte geliefert. Richard beschloss, mit Bragg darüber zu sprechen und dann zu entscheiden, wie man sie verwenden konnte. Sollte er Sadler vertrauen und ihn bitten, dafür zu sorgen, dass die Schmuggler bei ihrer nächsten Aktion in Howell’s End festgenommen wurden? Oder würde Sadler darauf beharren, Jinkinson zu informieren, mit der unausweichlichen Folge, dass die „Gentlemen“ vorgewarnt würden?
Von Sir John war ihm die Lösung eines weiteren Problems aufgegeben worden, nämlich seinen Enkelsohn vor den Folgen seiner Dummheiten zu bewahren. Hätte Richard ohne Rücksicht auf Pandoras Halbbruder handeln können, wäre alles viel einfacher gewesen, doch William würde angeklagt und verurteilt. Bei Landesverrat war ihm der Tod durch den Strang sicher, und sämtliche Güter der Comptons würden von der Krone konfisziert. Die Familie, Pandora und Jack eingeschlossen, die nichts Böses getan hatten, wären ruiniert.
Richard war in einer Zwangslage. Jede Entscheidung, die er traf, konnte falsch sein. Er dachte über dieses anscheinend unlösbare Problem nach, als Bragg aus der Küchentür trat.
„Sie sind früh zurück, Sir“, murmelte der Sergeant. „Hat Brodribb was ausgespuckt?“
„Ich habe nicht die Zeit, lange mit Ihnen zu reden, Bragg“, erwiderte Richard rasch. „Hören Sie mir genau zu, und das ist ein Befehl. Der Dunkle Rächer war heute Nacht unterwegs und hat aus Brodribb Zeit und Ort der nächsten Guinealieferung herausgeholt – Freitag nächster Woche. Das sage ich Ihnen für den Fall, dass mir etwas zustößt. Sofern das geschieht, müssen Sie meinen Platz einnehmen und Lord Sidmouth, die Zollbehörde in Brighton und Sadler informieren.“
Im letzteren Fall würde William nicht gerettet werden. Das konnte nur dann bewerkstelligt werden, wenn Richard am Leben blieb.
„Sir“, zischte Bragg und salutierte vor seinem vorgesetzten Offizier.
„Lassen Sie das“, befahl Richard. „Und jetzt gehen Sie. Ich werde versuchen, mein Zimmer unbemerkt zu erreichen.“
Er hatte den Fuß der Dienstbotentreppe schon erreicht, als er Pandora begegnete, die gerade das Büro der Haushälterin verließ. Es war das erste Mal, seit er seine geheimen Ausflüge als Dunkler Rächer unternahm, dass er bei der Rückkehr jemand traf, und zu seinem Pech war es ausgerechnet heute, wo er seine Rolle mit einigem Erfolg gespielt hatte.
„Ritchie“, rief sie, „ich hatte angenommen, dass
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