Herz dder Pflicht
William, was gibt es?“
Er bedeutete ihr, in die Bibliothek zu treten und Platz zu nehmen, dann setzte er sich ihr gegenüber. „Ich habe nachgedacht und bin mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich wünsche, dass du Roger Waters ehelichst. Der Mann ist ein Tölpel, und der Geruch der städtischen Gassen, aus denen er und sein Vater stammen, haftet an ihm. Miss Compton von Compton Place hat etwas Besseres verdient. Mir ist aufgefallen, dass Lord Hadleigh sehr angetan war von dir. Würde es dich freuen, wenn ich ihn noch einmal hierher einlade?“
„Ist mit dir etwas nicht in Ordnung, William?“, rief Pandora freimütig. „Vor gar nicht langer Zeit hat Roger Waters versucht, sich mir aufzuzwingen, und sogar da bestandest du anschließend darauf, dass ich ihn heirate. Was ist geschehen, dass sich deine Ansichten so gründlich gewandelt haben?“
„Ein Mann kann doch wohl seine Meinung ändern, ohne einer Inquisition ausgesetzt zu werden“, erwiderte William. „Lass es dir genügen, dass es so ist. Falls du nicht willst, dass ich nach Lord Hadleigh schicke, schlage ich vor, dass du und Tante Em den Rest der Saison in London verbringt. Dort triffst du vielleicht einen Gentleman, der dir besser gefällt als Roger Waters. Meine derzeitigen flüssigen Geldmittel sollten euch einen Aufenthalt von ein paar Wochen ermöglichen. Schließlich bist du, wenn auch erst in ein paar Jahren, eine Erbin, was dir ein gewisses Maß an Popularität einbringen dürfte.“
Pandora glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Sie hätte Williams Angebot, bevor Mr. Edward Ritchie nach Compton Place gekommen war, mit Begeisterung aufgenommen. Vermutlich wäre sie unverzüglich nach oben gelaufen und hätte ihre Koffer gepackt, um so schnell wie möglich nach London aufzubrechen.
„Ich möchte Compton Place im Augenblick nicht verlassen, William“, erklärte sie stattdessen. „Inzwischen habe ich, den Haushalt und das Gut betreffend, so viele Pflichten übernommen, dass es schwer für dich wäre, kurzfristig Ersatz für mich zu finden. Rice, um nur ein Beispiel zu nennen, ist zwar dem Namen nach der Verwalter, indes so inkompetent, dass in Wirklichkeit ich seine Arbeiten erledige.“
„Warum bist du so widerspenstig?“, fragte William ärgerlich, verstummte aber sofort wieder. Er konnte ihr den wahren Grund nicht verraten, weshalb sie Compton Place verlassen sollte, nämlich dass er sie so weit wie möglich von Roger Waters fort wissen wollte. Weder hatte er ein so dickes Fell, dass er über die Art, wie Waters über Pandora redete, nicht empört gewesen wäre, noch war er so tief in dessen gemeine Machenschaften verstrickt, dass er bereit gewesen wäre, sie Roger auszuliefern, nachdem dieser sich bei verschiedenen Gelegenheiten als der brutale Schurke gezeigt hatte, der er in Wirklichkeit war.
Nichts davon konnte er Pandora erklären. Stattdessen fragte er in so verzweifeltem Ton, dass sich Pandora über ihn wunderte: „Bist du ganz sicher, dass du deine Meinung nicht ändern wirst?“
„Ganz sicher“, bestätigte Pandora.
„Es ist wegen Mr. Ritchie, nicht wahr? Seinetwegen willst du hier bleiben. Gütiger Himmel, Mädchen, der Mann ist ein armer Schlucker. Vermutlich hast du so wenig Gentlemen kennengelernt, während du auf dem Land eingesperrt warst, dass sogar er dir anziehend erscheint.“
„Du solltest dich schämen, William. Hast du vergessen, dass dieser arme Schlucker dir das Leben gerettet hat?“
„Das habe ich keineswegs, doch meine Dankbarkeit reicht nicht so weit, ihm zu gestatten, meine Schwester zu heiraten.“
„Halbschwester, um genau zu sein, William.“
„Verdammt, ich will nicht genau sein“, rief William in einem Ton, der Pandora vertrauter war als der kürzlich angenommene. „Ich wünschte, du würdest wenigstens einmal das tun, was ich von dir erwarte.“
„Fluchen ist nicht hilfreich“, entgegnete Pandora würdevoll. William schien wieder ganz und gar der Alte zu sein, und sie hatte nicht vor, sich auf sein Niveau herabzubegeben.
„Du willst mir also nicht entgegenkommen.“ Ihr Halbbruder kehrte zu seiner früheren Höflichkeit zurück.
„Du hast gehört, was ich sagte, William. Zurzeit habe ich nicht den Wunsch, London zu besuchen. Was Lord Hadleigh betrifft, so kannst du ihn einladen, indes verspreche ich nichts. Ich fand ihn angenehm, mehr jedoch nicht. Es tut mir leid, wenn ich dir ungefällig erscheine, aber so ist es.“
Pandora verzichtete darauf hinzuzusetzen, dass William sein
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