Herz des Himmels (German Edition)
der knarrenden Tür. Als Irina leise das kleine Licht an ihrem Bett anstellte, drehte sie sich zögernd um.
„Entschuldigung, ich wollte dich nicht wecken“, murmelte die fast flüsternd. Sie sah müde aus und ihre Augen waren rot und geschwollen.
„Hast du nicht“, antwortete Kaithlyn. „Ich habe gewartet. Es tut mir leid, wie Rose sich benommen hat. Sie hat mir erzählt, dass deine Familie zu den Todeshändlern gehört. Das wusste ich nicht. Ich wusste auch nicht, dass die Leute –“, Kaithlyn formulierte es extra allgemein. „- so reagieren. Deshalb tut es mir leid.“
„Ich brauche kein Mitleid“, sagte Irina direkt. „Ich habe mich daran gewöhnt. Diese Fehde des Drachenclans und der Todeshändler ist so uralt, wie hätte sie auch nur eine Generation überspringen können? Klar, dass sie auch ihre Kinder mit Misstrauen und Hass aufwachsen lassen, bei uns ist das nicht anders.“ Es klang bitter. „Dauernd wird dir eingeschärft, wie du zu denken und zu reden hast, im Bezug auf diese Sache und es kommt dir vor, als hättest du keine Meinungsfreiheit mehr.“
„Nein, so ist es nicht“, sagte Kaithlyn bestimmt. „Bis vor kurzem wusste ich nicht einmal, dass ich zu dieser Familie gehöre. Ich weiß nichts über alte Fehden oder über die Tao Familie, aber selbst, wenn mir jemand etwas sagen würde, würde sich nichts ändern. Ich suche mir meine Freunde selber aus und stehe nur auf meiner eigenen Seite.“ Kaithlyn hielt inne. „Ich wollte, dass du das weißt.“
„Hast du deshalb….gewartet?“
„Es war eine merkwürdige Situation, nicht? Ich wollte, das wir das klären.“
Irina lächelte schwach.
„Danke, das ist mehr als ich erhofft hatte.“
„Das ich dir so etwas sage?“, fragte Kaithlyn verwirrt.
„Nein. Nicht direkt. Ich hab es nur nie verstanden, warum ich nicht selber entscheiden kann, wer Freund oder Feind ist, deshalb beruhigt es mich zu wissen, das es jemanden gibt, der das verstehen kann. Es klingt komisch, aber ich glaube, das wird eines Tages etwas zu bedeuten haben.“
„Vielleicht“, gähnte Kaithlyn. „Also dann, gute Nacht.“
Als Kaithlyn am nächsten Morgen wach wurde starrte sie benommen auf die Uhr. Eigentlich hätte sie topfit sein müssen. Der Unterricht bei Meister Razzu hatte schließlich immer sehr früh begonnen. Einmal sogar um sechs und im Vergleich dazu war es jetzt spät, gerade mal halb acht. Irina war schon auf, kämmt sich die Haare und flocht danach ein Band hinein.
„Steh auf, Schlafmütze, wir müssen doch noch frühstücken oder hast du keinen Hunger?“ Sie lächelte und ihre hübschen Züge strahlten.
„Mh“, murmelte Kaithlyn und weckte Harlow. Kaithlyn knöpfte sich gerade das schwarze Jackett zu, als ihr etwas einfiel, das sie fast vergessen hatte zu fragen. „Weißt du, ob ich Harlow mit in den Unterricht nehmen darf?“
Irina sah von ihrer Tasche auf, in die sie gerade ein Buch schob.
„Klar, hast du die Hausordnung nicht gelesen?“
„Nicht wirklich.“
„Im letzten Absatz steht, dass man Zauberer und Kianki nicht trennen soll oder so…ich habs eher überflogen. Kiankis sind halt echt selten.“
„Ich lass es drauf ankommen“, antwortete Kaithlyn.
Die Gänge waren überfüllt und laut. Rotschwarze Schülerscharen strömten zu der Mensa oder verfrüht zu den Unterrichtsräumen. Sie kamen wieder durch den bunten und irritierenden Gemäldesaal. Nach dem kurzen Frühstück zogen sie sich in eine ruhige Ecke zurück und holten den Stundenplan heraus.
„Raum 208 muss weit oben sein. Sollen wir jemanden fragen?“, meinte Kaithlyn. Irina sah sie viel sagend an. Plötzlich spürte Kaithlyn einen Schatten hinter sich. Ein Junge mit dunklen wildem Haar und braunen funkelnden Augen starrte sie an.
„Shay!“, stieß Irina hervor. Dann sah sie zu Kaithlyn. „Das ist mein Bruder, Shay Tao.“ Er durchbohrte Kaithlyn förmlich mit seinen Blicken.
„Freut mich“, sagte sie angespannt. „Ich bin -“
„Ich weiß, wer du bist“, sagte er und ein schiefes Lächeln überkam seine Lippen. „Kaithlyn Hayworth.“ Sie nickte zögernd. „Da hinten stehen noch mehr Leute aus euer Klasse“, sagte Shay und wies auf eine Kleingruppe vorbeiziehender Schüler. „Geht mit ihnen.“
„Danke“, sagte Irina und zog Kaithlyn mit sich. Sie spürte noch immer Shays Blicke auf sich.
„Woher wusste er, dass wir den Raum suchen? Woher kam er so schnell?“, fragte Kaithlyn unruhig.
„Er hat mich wahrscheinlich gesehen
Weitere Kostenlose Bücher