Herz des Winters (German Edition)
dieser Einführung vorgestellt haben mochte, es war gewiss meilenweit von dem grinsenden, leuchtenden Schädel entfernt, der zum Vorschein kam und ihn voll unverhohlener Missgunst anstarrte.
„Das hier ist …“
„Rekh“, wurde sie barsch unterbrochen. „Was starrst du so, Fleischberg?“
Daena musste in ihre Wangen beißen, um sich weder die Überraschung über Berekhs neuen Kosenamen, noch den Ärger oder die Belustigung anmerken zu lassen, die in ihr um Vorherrschaft kämpften.
„Und dieses … Rekh … ist dein …?“, fragte Sikaîl, noch immer sein Messer umklammernd, das mittlerweile allerdings seine bedrohliche Wirkung verloren hatte.
Aus dem Violett wurde eiskaltes Blau, das die gesamte Hütte ausfüllte und Daena bis ins Mark erschütterte. In all der Zeit, die sie mit Berekh verbracht hatte, hatte sie ihn nur ein einziges Mal so voller Hass erlebt, und das war in jener Nacht gewesen, in der sie – selbst kaum bei Sinnen vor Schmerz – sich die Hände blutig gegraben und ihn in die Erde gebettet hatte, um ihn vor den Morochai zu schützen. Es war zu einem guten Teil seine eigene Ohnmacht, die ihn so in Rage versetzte, doch niemand musste ihr verdeutlichen, welche Wunden die Worte des Saren soeben noch aufgerissen hatten.
„Rekh ist mein Gefährte“, stellte sie daher mit fester Stimme klar. Kein zufälliger Begleiter, kein Gegenstand, der mit herumgeschleppt wurde, sondern eine eigene Person. „Wir haben viel miteinander durchgemacht. Also bitte, leg das Messer weg, damit wir in Ruhe reden können.“
Sikaîl betrachtete den Schädel weiterhin misstrauisch. Sein Blick machte deutlich, dass seine Gedanken über Berekhs Dasein zumindest annähernd den richtigen Weg eingeschlagen hatten. Das Küstenvolk war krankhaft voreingenommen, was alle Arten der Magie anging, und dass ein sprechender Schädel nicht von den gerade noch geduldeten Schamanen stammen konnte, war eindeutig. Aber immerhin ließ er die Klinge in die Scheide gleiten und nahm wieder Platz. Auch Berekhs Augenhöhlen waren jetzt wieder von einem wärmeren, purpurnen Leuchten erfüllt. Nicht nur um seinetwillen war Daena froh, dass nur sie den mit Schmerz gemischten Triumph darin lesen konnte.
Behutsamer als sonst setzte sie ihn neben sich auf die Bank – wohlweislich auf die Sikaîl abgewandte Seite – und platzierte ihn so, dass er sich ohne Umstände am Gespräch beteiligen konnte. Sie vergewisserte sich noch einmal, dass zumindest in den nächsten Minuten keiner der beiden den anderen lynchen würde, ehe sie ihren nun offiziellen Gefährten fragte: “Was für Schwachpunkte hast du gemeint, Rekh?” Und warum zum Geier hast du sie früher nie erwähnt?
Mit einem Tonfall, der implizierte, jeder Mensch mit ein wenig Verstand müsste so eine Frage nicht stellen, erklärte Berekh: “Offensichtlich gibt es Dinge, die sie zumindest vermeiden. Kälte, soweit wir wissen. Enge Umgebungen wie die Minen, in denen sie ihre Flügel nicht benutzen können. Warum sie die Sümpfe scheuen, ist mir noch nicht ganz klar. Vielleicht liegt es an den Gasen, aber es könnte genauso gut an der Feuchtigkeit oder sogar der Stechmückenpopulation liegen. Tatsache ist, dass sie sicherlich nicht nur aus reiner Bequemlichkeit Sklaven halten und ganze Landstriche verschonen.”
Schweigen breitete sich aus, während sie diese Erkenntnis auf sich einwirken ließen.
Schließlich war es Sikaîl, der seine Gedanken als Erster gesammelt hatte. „Selbst wenn es stimmt, was du sagst, Knochen. Was nützt uns das? Sie lassen sich wohl kaum in Höhlen locken, und eine Eiszeit und Mückenschwärme stellen sich nun einmal nicht auf Wunsch ein.“
Berekh schnaubte verächtlich, was aufgrund seiner fehlenden Nase ein wenig merkwürdig klang.
„Dir nützt es nichts, du Fischmensch, wenn du nicht anfängst, über dein Kaff hinaus zu denken. Dass man die Echsen nicht mit bloßer Gewalt schlagen kann, solltest du Daena glauben. Aber im Kampf gibt es mehr als das. Noch nie etwas von Taktik gehört und gezieltem Einsatz von Ressourcen?“
„Was für Ressourcen denn? Schneebälle?“ Sikaîls Züge verhärteten sich. Offensichtlich bereute er bereits, sich auf dieses sinnlose Gespräch eingelassen zu haben.
„Menschliche Ressourcen, du Barbar. Götter, man sollte wirklich meinen, dass sie euch auf der Kämpferakademie etwas über das Kämpfen beibringen. Du kannst keine Eiszeit heraufbeschwören. Das heißt aber nicht, dass niemand das vermag.“
„Rekh
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