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Herz des Winters (German Edition)

Herz des Winters (German Edition)

Titel: Herz des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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die weisen Herrschaften ihre eigenen Fähigkeiten – und Leben – mit ins Spiel warfen. Das ließ sie in seiner Wertschätzung steigen. Ein wenig.
    „Gut“, versuchte Berekh, die stundenlangen Diskussionen auf einen Punkt zu bringen, „was jetzt?“
    Tosalar hob hilflos die Arme. „Wir wissen nur, dass wir nichts wissen.“
    „Das ist ja immerhin schon etwas.“
    „Und was genau soll uns das bringen, Schlächter?“ Das Gift in Marosas Stimme prallte von Berekh ab, trotzdem wünschte er, man hätte dieses lästige Gör nicht mitgebracht. Jahrzehnte gingen an ihr vorbei, ohne auch nur die kleinste Spur in ihrem Geist zu hinterlassen, und das verursachte ihm Kopfschmerzen. Wäre er bloß ein Schädel geblieben.
    „Bei all den Arkanen, die hier waren, hätte zumindest einer die Arbeit eines Lehrlings erkennen müssen, den er betreut hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass sämtliche Lehrer gerade des einen Adepten, den wir suchen, zu den wenigen gehören, die in Liannon geblieben sind, ist praktisch nicht vorhanden.“
    „Also ist es niemand von uns“, schlussfolgerte Tosalar. Die Erleichterung ließ sein alterloses Gesicht beinahe jung aussehen.
    „Aber wer kann es dann sein?“
    Berekh musterte den Magier, der die Frage in den Raum geworfen hatte. Niemand, den er kannte, also verhältnismäßig jung für ein Ratsmitglied. Aber das waren im Vergleich zu ihm selbst die meisten. „Tja, das ist die Frage, nicht wahr?“ Der Bursche wand sich unter seinem Blick, bis der Nächste Fragesteller Berekhs Aufmerksamkeit auf sich zog.
    „Was ist mit den Schwarzmagiern?“
    Berekh unterdrückte eine angewiderte Grimasse. Privates und Geschäftliches wusste er immer schon zu trennen. „Ich denke, die können wir getrost ausschließen.“
    „Wieso? Wie man hört, befindet sich sogar die Äbtissin höchstpersönlich hier.“ Marosas Miene machte deutlich, dass das noch nicht alles war, was man so hörte. Berekh korrigierte seine Einschätzung ihre Intelligenz betreffend noch ein ordentliches Stück nach unten. Tratsch hinter vorgehaltener Hand war eine Sache, einen Magier direkt darauf anzusprechen, noch dazu, wenn dieser um ein Vielfaches mächtiger war als man selbst und als potentiell irr und gefährlich galt, war jenseits aller Vernunft.
    Etwas in seinen Augen musste sie erschreckt haben, denn sie wich unwillkürlich zurück. Als wäre an ihrer Frage nichts Außergewöhnliches, antwortete er ruhig: „Wenn der-oder diejenige über nekromantisches Wissen verfügt hätte, warum hätte er sich mit ausschließlich arkanen Runen begnügen sollen?“
    „Ein Autodidakt vielleicht?“ Yermen, der versucht hatte, sich aus dem Zelt zu stehlen, sorgte mit seiner Äußerung für Tumult. Magie wurde von der Gilde gelehrt, Magie ohne Gilde gab es nicht. So war es zumindest, wenn es nach den Vorstellungen der Arkanen ging. Berekh dagegen wurde nachdenklich.
    Warum eigentlich nicht? Arkane Magie wurde gelehrt, sie war nicht angeboren. Wenn jemand über die notwendigen Unterlagen verfügte … Magier lebten lange genug, um nachlässig zu werden, selbst mit den ihnen so heiligen Büchern. Gerade damit, wenn man es genau bedachte, denn obwohl es verboten war, niedergeschriebenes Wissen außerhalb von Liannon aufzubewahren, trennten sich viele nur ungern von ihren Folianten. Bereits zu Berekhs Zeit hatte es genügend Magier gegeben, die Bücher oder Schriftrollen auf Reisen mitnahmen. Ein verpöntes, aber geduldetes Verstoßen gegen die Richtlinien.
    Wenn jemand seine Bibliothek lange genug unbeaufsichtigt ließ, um jemandem das Kopieren von Texten oder Formeln zu erlauben …
    Berekh sah zu Tosalar, dem die Röte ins Gesicht stieg, vermutlich aus Zorn. Scheinbar waren seine Gedanken in eine ähnliche Richtung gegangen wie die Berekhs.
    „Es würde erklären, weshalb der Schutz so einseitig wirkt“, schlug er leise vor.
    Die aufgeregten Stimmen rund um ihn erstarben. Tosalars Lippen waren zu einem blutleeren Strich zusammengepresst, doch er nickte widerwillig.
    „Die gute Sache daran ist, dass wir keinen auch nur halb ausgebildeten Magier bekämpfen. Die Schlechte, dass wir nicht wissen, welche Sprüche oder Runen derjenige sich sonst noch angeeignet hat.“ Je mächtiger ein Zauber, desto aufwendiger wurde er und desto weniger Fehler und Ungenauigkeiten tolerierte er. Das Gekrakel auf dem Amulett ließ hoffen, dass ein Spruch von diesem Schreiber, der stark genug wäre, um ernsthaften Schaden anzurichten, nicht funktionsfähig war

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