Herz des Winters (German Edition)
können.
Viele Stellen waren das nicht, wie die Untersuchung des Leichnams gezeigt hatte: Augen, Rachen und für sehr scharfe oder starke Klingen die Stelle unter der Kehle, an der die Schuppen ein wenig weicher waren.
Es war erstaunlich, wie rasch aus Bauern und Handwerkern Kämpfer wurden. Sie lernten schnell in dem Bewusstsein, dass die Zeit bis zum Ernstfall immer knapper wurde. Schwieriger war es, sie auf die andere Seite einer Schlacht vorzubereiten.
Freunde und Gefährten sterben zu sehen, ohne ihnen zur Hilfe eilen zu können. Verletzt zu werden und dennoch weiterkämpfen zu müssen. Gefallene plündern zu müssen, um verlorene Ausrüstung ersetzen zu können. Zu töten und dem eigenen Tod ins Auge zu sehen. Die Geister, die einem danach unerbittlich folgten, wenn man wider Erwarten doch lebend das Schlachtfeld verließ.
Dinge, die in der Theorie banal klangen. Aber sie hatte schon viele daran zerbrechen und wehrlos auf den Tod warten sehen, selbst mitten im Kampf. Ein Grund, weshalb sie zu enge emotionale Bindungen innerhalb der Truppe immer möglichst vermieden hatte.
Sie hatte jedoch auch noch nie so viel Zeit im Vorfeld mit ihren Mitstreitern verbracht.
In den Nachmittags-und Abendstunden hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, die Lager außerhalb von Rinnval aufzusuchen. In diesem Krieg würde es auf die Zusammenarbeit aller Gruppen ankommen, und dazu wollte sie die Fähigkeiten ihrer Verbündeten kennen lernen. Außerdem tat es gut, Ozlakzbrats nüchterne Sichtweise zu den Problemen zu hören, vor die sie sich gestellt sah.
Daena hatte versucht, Taktiken und Vorgehensweisen zu entwickeln, damit im Chaos des Gefechtes zumindest ein grober Leitfaden bestand, an dem sie sich orientieren konnten. Die Grundidee war einfach gewesen – wer fliegen konnte oder auf andere Weise eine große Reichweite hatte, sollte die Echsen aus der Luft holen, damit die Bodenkämpfer in Aktion treten konnten. Wer über Feuer oder andere Erstschlagsmittel verfügte, sollte sich auf diese konzentrieren und so den anderen die Möglichkeit geben, zuzuschlagen.
Es bestanden aber die Trolle darauf, allein zu agieren. In die Nähe der schlagenden Bäume wollte niemand kommen, Daena eingeschlossen. Der Basilisk versuchte kurzerhand, sie zu fressen, die Naturgeister wollten ihre Kräfte nicht preisgeben und das Gestöhne der Ghoule war einfach unverständlich.
Als erstaunlich kooperativ hatten sich die Vampire erwiesen, wenn auch aufgrund ihrer sonnenscheuen Natur ein wenig eingeschränkt einsetzbar – sie waren begeistert von dem Gedanken, ihre Gegner einfach weiterzuwerfen und sich nicht um die Details kümmern zu müssen.
Um das Lager der Magier machte Daena einen weiten Bogen. Sollte sich Berekh mit ihnen herumärgern.
Ein wenig sehnsüchtig spähte sie aber doch auf die dampfenden Wannen – eines der wenigen Dinge, von denen die Zlaiku als Fellträger nichts zu verstehen schienen –, die weichen Teppiche und exklusiven Gerichte, die durch die Zelteingänge hindurch sichtbar waren. Wie es schien, mussten die Zauberer selbst hier auf keinen Luxus verzichten.
Mittlerweile fand sie daran allerdings nichts Bewundernswertes mehr. Vor allem, da die Zlaiku ihr Bestes taten, um all die Flüchtlinge zu versorgen und das aus ihren eigenen, beschränkten Vorräten. Aber es war nicht zielführend, sich davon verärgern zu lassen. Reichtum war zu allen Zeiten und in allen Teilen der Welt ungerecht verteilt worden, und immer waren diejenigen es, die selbst das Wenigste hatten, die am Freigiebigsten teilten.
Bald würden ohnehin die Untoten die Einzigen sein, die fürstlich speisen konnten.
12
„Was ist da eigentlich zwischen dir und diesem Zauberer?“
„Was?“, keuchte Daena. Sie musste sich unter dem improvisierten und hoffnungslos überfüllten Waffenständer hervorducken, um Sikaîl ansehen zu können. Der hatte seine Aufmerksamkeit jedoch auf das andere Ende des Raumes gerichtet. Sie folgte seinem Blick und erschrak.
Berekh stand außerhalb der Halle, umgeben von einer bunt gemischten Gruppe aus Menschen, Zlaiku und anderen Wesen und in ein offensichtlich ernstes Gespräch mit Yiryat vertieft. Trotz aller Selbstbeherrschung schmerzte es Daena immer noch, ihn zu sehen, sodass sie ihm, soweit es möglich war, bisher aus dem Weg gegangen war. Das war allerdings nicht der Grund für ihren Schock.
Der Magier sah erbärmlich aus. Seine Kleider waren zerschlissen, sein Gesicht ausgezehrt und von eisverkrusteten
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