Herz im Zwiespalt (German Edition)
untergingen.
36
Die erste Morgenröte kündigte den neuen Tag an, als ein lautes Poltern George aus dem Schlaf riss. Lizz bewegte sich leise neben ihm und schnurrte genüsslich: »Schon wieder? Du bist wirklich unersättlich.«
George lachte leise auf und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Er konnte es noch gar nicht glauben. Diese wundervolle Frau liebte ihn. »Das klingt zwar äußerst verlockend, Liebling ... Aber da ist jemand an der Tür. Schlaf weiter.«
Er streifte sich rasch eine Hose über und öffnete die Tür.
»Rob? Ist etwas geschehen?«
Robert nickte düster, seine Miene ließ auf nichts Gutes schließen. »Pater Ignatius ist tot. Lachlan hat ihn vor wenigen Minuten gefunden.«
George schloss betroffen die Augen. Seit er denken konnte, war der Pater stets ein Teil von Tantallon Castle gewesen.
»Wie ist er gestorben?«
Robert räusperte sich unbehaglich. »Alles deutet darauf hin, dass er mit einem Kerzenleuchter erschlagen wurde.«
»Was? Du glaubst, Pater Ignatius wurde ermordet?«
»Ein Mord?«, erkundigte sich Lizz entsetzt und drängte sich neugierig an George vorbei. Den warmen Morgenmantel ihres Gatten fest vor der Brust zugezogen, errötete sie zart, als sie Roberts erstaunten Gesichtsausdruck sah. Sogleich zeigte sich ein wohlwollendes Lächeln auf seinen Lippen. Er schien ehrlich erfreut zu sein, sie hier in Georges Arbeitszimmer vorzufinden.
»Raubmord, um genau zu sein«, korrigierte Robert und sein Gesicht verfinsterte sich wieder. »Es wurden einige sehr wertvolle Reliquien gestohlen.«
»Wo ist William?«, wollte George sofort wissen.
»Ich habe noch nicht nachgesehen.«
Lizzys Blick glitt empört von George zu Robert. »Das ist doch hoffentlich nicht euer Ernst. Ihr könnt unmöglich William für diese schreckliche Tat verantwortlich machen.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass er seinen eigenen Clan bestiehlt, um seine Spielsucht zu finanzieren«, erklärte George grimmig. »Vielleicht hat Pater Ignatius ihn dabei ertappt und William hat reflexartig zugeschlagen.«
»Nein! Das glaube ich keine Sekunde lang«, rief Lizz und schüttelte energisch den Kopf.
George zog sich fertig an und wollte in blinder Wut und Enttäuschung aus dem Raum stürmen, um seinen Bruder zur Rechenschaft zu ziehen, doch Lizz verstellte ihm den Weg. »Hör mir zu, George. Gestern Nacht habe ich Isabella und Lord Hamilton gesehen. Sie kamen gerade aus der Kapelle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die beiden etwas damit zu tun haben.«
»Ach ja? Trugen sie vielleicht goldene Kerzenständer und Reliquien unter den Armen?«, fragte George bitter.
Lizz wandte sich flehentlich an Robert. »Ich weiß, dass William nichts damit zu tun hat, Lord Robert. Bitte glaubt mir.«
Georges Augen verengten sich gefährlich. »Und woher willst du das wissen? Warst du vielleicht bei ihm?«
Lizz stemmte energisch die Hände in die Hüften. »Sei kein Schaf. Ich war bei dir, wie du sehr wohl weißt. William kann es kaum erwarten, endlich nach Dirleton aufzubrechen. Die letzten Tage hat er von nichts anderem gesprochen. Glaubst du wirklich, er würde diese Chance für einige lächerliche Goldstücke aufs Spiel setzen?«
»Ich wünschte, ich könnte dein Vertrauen in ihn aufbringen«, gestand George betrübt und schob Lizz von der Tür weg.
»Es gibt noch etwas, das du wissen solltest«, hob sie erneut an und eilte den beiden Männern in den Flur nach. »William hat mir gestern das Leben gerettet.«
Georges Gesichtszüge wurden sofort milder und er schloss Lizz fest in seine Arme. »Ich weiß, Kätzchen. Ich hörte von dem Unfall und ich werde ihm bis ans Ende meiner Tage dafür danken, dass er dich gerettet hat.« Seine Arme schlossen sich enger um ihren schlanken Körper, als ob er sich noch einmal versichern müsste, dass Lizz tatsächlich bei ihm war. Großer Gott, wenn ihr etwas geschehen wäre ... wenn er sie verloren hätte ... er durfte gar nicht daran denken.
Lizz befreite sich sachte aus seiner Umarmung und blickte dann ernst zu ihm auf. »George, es war kein Unfall.«
»Was?«, riefen Robert und er gleichzeitig.
»Dieser Felsbrocken war nicht der erste Anschlag auf mein Leben«, gestand sie leise.
George fühlte sich, als hätte man ihm einen Tritt in die Magengrube verabreicht. Er fröstelte plötzlich. »Wovon, um alles in der Welt, sprichst du?«
Lizz führte die beiden in ihr Gemach und holte den Drohbrief aus dem Nachttischchen. »Vor einigen Tagen versuchte mich jemand zu
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