Herz im Zwiespalt (German Edition)
Lizzys Körper entspannte. Teufel und all seine Gehilfen, das hatte er nicht gewollt. Er wollte nichts für sie empfinden. Nicht, nachdem sie ihn so schmählich hintergangen hatte. Gleichgültigkeit und Verachtung ja, doch ganz sicher nicht dieses verzehrende Gefühl, sie beschützen zu müssen. Er war doch kein elender Weichling!
Lizzys Pulsschlag beschleunigte sich und sie erwiderte seinen Kuss.
Dies war nicht länger der Angriff eines Eroberers, der seinen Untertan in die Knie zwingen wollte. Vielmehr glichen seine Liebkosungen einem verheißungsvollen Versprechen. Sanft, fordernd – auf eine unbestimmbare Weise wild und doch beruhigend. Instinktiv schmiegte sie sich näher an seinen starken Körper.
Er duftete angenehm nach Sandelholzseife, und da war noch ein anderer Duft, den sie nicht genau zu benennen vermochte ... Gefährlich, verwegen und unglaublich sinnlich.
Wie durch einen dichten Nebelschleier hörte Lizz das verlegene Hüsteln des Priesters.
»Fürwahr, dieser Bund ist besiegelt«, ließ sich der König mit lachender Stimme vernehmen.
Lizz fuhr wie unter einem Peitschenhieb vor George zurück und blickte entsetzt in die Runde. Sie errötete bis zu den Haarwurzeln, als sie Erstaunen, Belustigung und vereinzelt sogar Ärger in den Gesichtern der Gäste las.
Lizz bedachte George mit einem vorwurfsvollen Blick. Das hatte dieser Mistkerl absichtlich getan! Aber weshalb? Aus Rache? Oder wollte er allen Anwesenden beweisen, dass er nun ihr Herr und Meister war und sie beherrschen und demütigen konnte, wann immer ihm der Sinn danach stand?
Sie verfluchte den Mann, der nun ihr Gatte war – und sie verfluchte ihre eigene Schwäche, weil sie ihm so wenig entgegenzusetzen vermochte.
Bereits halb betrunken vor Kummer, dass seine Lieblingstochter nun die Frau seines ärgsten Feindes war, geleitete John Drummond Lizz durch den festlich geschmückten Bankettsaal. James hatte eigens für das Brautpaar einen Tisch auf einer erhöhten Plattform errichten lassen. Die übrigen Tische waren in einem Halbkreis vor ihnen aufgebaut. Lizz fühlte sich wie bei einem Spießrutenlauf, denn immer wieder verstellten ihnen Leute den Weg, um ihre Glückwünsche kundzutun. Entsetzt sah sie, dass auch David Flemming dies beabsichtigte. Großer Gott, hatte er den Verstand verloren? Er konnte doch nicht ... Sie blickte ängstlich zu George hoch, der mit verschlossenem Gesicht und ungewöhnlich steif neben ihr stand. Seine zinngrauen Augen warnend auf David Flemming gerichtet, nickte er beinahe unmerklich. Als ob dies ein vereinbartes Signal wäre, trat David vor. »Guten Abend, Lady Douglas«, begrüßte er sie förmlich. »Alles Gute für die Zukunft.« Seine Stimme hörte sich krächzend an, und es war deutlich vernehmbar, dass ihm jedes Wort Schmerzen bereitete. Lizzys Blick fiel auf den weißen Schal um seinen Hals, der die Würgemale von Georges riesigen Händen verbarg.
»Danke«, erwiderte sie kühl. Sie wagte es nicht, ihn anzusehen. Zu tief waren ihre Enttäuschung und ihr Groll über sein falsches Spiel mit ihr. Nur zu gern hätte sie ihm zwei weitere Würgemale zugefügt. Erstaunt stellte fest, dass ihre Liebe zu ihm gänzlich erloschen war. Alles, was sie noch für ihn empfand, war tiefe Verachtung ... und Mitleid.
»Das reicht«, erklärte George eisig und David floh unverzüglich aus seiner Reichweite.
Lizz reckte ärgerlich ihr Kinn höher, als sie erkannte, dass David unter Zwang gekommen war. »Das war nicht nötig, Mylord.«
»Doch, das war es. Ich will nicht, dass über meine Frau getratscht wird«, entgegnete George eisig und zog sie unbarmherzig weiter.
Im Nachhinein wusste Lizz nicht mehr, wie sie es geschafft hatte, auf ihren Platz zu kommen. Ihre Hand zitterte, als sie nach dem Weinkelch griff und einen tiefen Zug daraus nahm.
Große Schüsseln, randvoll mit frischen Austern und in Weißwein gegarten Garnelen, standen auf den Tischen. Platten mit gespickten Enten und goldbraun gebackene Tauben wurden von Pagen hereingetragen, saftiges Rindfleisch und kleine Pasteten folgten. Niemand musste Hunger oder Durst leiden.
Der König hatte wahrlich keine Kosten gescheut. Schließlich sah er in dieser Heirat eine Art Zeichen des Neubeginns. Eine Verbindung, die Streit und Fehden zwischen den mächtigsten Clanen beenden sollte.
Wie immer stieg mit der Menge des Alkohols auch die Lautstärke an. Bald war ein rauschendes Fest in Gange, das dem König ein wohlmeinendes Nicken abverlangte.
Ein Trinkspruch
Weitere Kostenlose Bücher