Herz im Zwiespalt (German Edition)
unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Der Lord wird es Euch bestimmt eines Tages erklären.«
»Nun kommt schon«, drängelte Archie. »Wir haben die Küche und die Brauerei noch nicht gesehen. Vielleicht hat Nan sogar Kuchen gebacken.«
Bis zum Mittagessen waren sie mit der Besichtigung durch. Lizz war in der Tat angenehm überrascht. Mochte die Festung von außen her auch kalt und unfreundlich wirken, so besaß sie im Inneren durchaus einen gewissen Charme.
»Mylady«, begrüßte George sie kühl, als er sich neben sie an den Tisch setzte.
»Gewöhnlich geleitet der Hausherr die Lady an ihren Platz«, erklärte er vorwurfsvoll und dieser Tadel weckte augenblicklich Lizzys Unmut. Das war ja wieder einmal typisch für diesen Kerl. Er kümmerte sich keinen Deut um sie, mit Vorwürfen war er aber schnell zur Stelle.
»Wie schade, dass ich keine Gedanken lesen kann«, gab sie bissig zurück. »Vielleicht solltest du mir eine Liste mit deinen Hausregeln aufstellen. Es wäre doch wirklich zu ärgerlich, Wenn mir erneut ein so fataler Fehler unterlaufen würde.«
George bedachte sie mit einem seltsamen Blick. »Bist du immer so zynisch beim Mittagessen?«
Lizz errötete zart. »Nur wenn man mich anstelle eines freundlichen Grußes mit Vorwürfen überschüttet.«
»Vielleicht habe ich mich tatsächlich etwas im Ton vergriffen«, gab er zu ihrem maßlosem Erstaunen zu. »Der heutige Morgen war wie verhext. Ein Problem jagte das andere und nun haben wir auch noch mit einer Mäuseplage in den Getreidekammern zu kämpfen.«
Er schüttelte angewidert den Kopf. Wenn es so weiterging, würden sie trotz der guten Ernte einen harten Winter vor sich haben.
»Gibt es denn nicht genügend Katzen hier?«, erkundigte sich Lizz zögernd. Sie war sich nicht sicher, ob er eine Einmischung in dieser Angelegenheit billigte.
George tat sich ein großes Stück Hammelfleisch und einige Kartoffeln auf das Schneidebrett und widmete sich seinem Mahl.
»Die elenden Biester sind bereits so fett, dass sie den Mäusen kaum mehr nachjagen können.«
Lizz tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. »Auf Stobhall hatten wir zwar nie eine richtige Plage, doch soweit ich mich erinnere, sind die Bauern mit den Nadeln der Eibe gegen die Nager vorgegangen.«
George horchte interessiert auf. »Mit Tannennadeln?«
»Ja, Mylord. Die Eibe besitzt hochgiftige Nadeln. Unsere Pächter haben getrocknete Apfelschnitze mit diesen präpariert und sie den Mäusen als Köder vorgesetzt. Das Gift wirkt unglaublich schnell.«
George kaute nachdenklich einen Bissen Fleisch.
»Eiben sind in dieser Gegend ziemlich selten. Aber einen Versuch wäre es zumindest wert.«
Dass er ihren Vorschlag tatsächlich in Betracht zog, freute Lizz ungemein. »Keine zwei Meilen vor dem Dorf habe ich eine Eibe gesehen. Wenn du möchtest, könnte ich sie dir zeigen.«
George wollte schon ablehnen, doch als er ihre vor Freude geröteten Wangen sah, konnte er es ihr einfach nicht abschlagen. Himmel, allein ihr Anblick brachte sein Blut in Wallung. Die vergangene Nacht hatte sie sich wärmesuchend an ihn geschmiegt. Noch jetzt glaubte er den weichen Druck ihrer festen, kleinen Brüste auf seinen Rippen zu spüren. Sie schienen sich regelrecht in seine Haut gebrannt zu haben ... Nicht imstande, dieser süßen Qual länger standzuhalten, war er noch vor dem ersten Morgengrauen aus ihrer Nähe geflohen. Seither verfluchte er sich für seine eigene Dummheit. Er hätte sie in ihrer Hochzeitsnacht nehmen sollen. Hätte sich tief in ihrem Schoß verlieren sollen. George war sich sicher, dass er sich nur so von ihrem Zauber befreien konnte. Er musste sich selbst beweisen, dass auch Lizz eine ganz gewöhnliche Frau war. Nur so würde sie endlich die Macht über ihn verlieren.
»In Ordnung. Wir werden uns gemeinsam auf die Suche machen.«
Lizz beobachtete ihn unter gesenkten Augenlidern hervor. Er schien heute wirklich in zugänglicher Stimmung sein. Vielleicht war der Zeitpunkt geeignet, um ihn auf Archie anzusprechen. Bisher hatte er noch kein Wort über ihn verloren.
»Heute Morgen hat Archie mir die Burg gezeigt«, erklärte sie in freundlichem Plauderton.
»Dann hast du mit Sicherheit auch den hintersten Winkel von Tantallon gesehen. Der kleine Bengel kennt die Burg besser als jeder andere«, gab er mit einem amüsierten Lächeln zurück.
»Wo ist eigentlich seine Mutter?«, erkundigte sie sich nun und bemühte sich, ihre Enttäuschung zu verbergen.
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