Herz in Gefahr (German Edition)
Gäste heranzuschaffen.
Matthew setzte sich an einen großen Tisch, an dem neben einem Handwerker, der mit seinem Lehrjungen auf dem Markt gewesen war, und einigen auswärtigen Kaufleuten auch der Bote eines Lords und ein Knecht aus dem Kloster saßen.
»Gott zum Gruße, ihr Herren«, grüßte er leutselig und bestellte sich ein zünftiges Nachtmahl. Während des Essens lauschte er den Gesprächen am Tisch.
»Wird es bald Krieg geben oder nicht?«, hörte er einen der Kaufleute in die Runde fragen.
»Ich habe erfahren, dass der Herzog von York seine Männer zusammenzieht und gegen London reiten will. Selbst unserem Erzbischof, Thomas Bourchier, ist es nicht gelungen, ihn davon abzuhalten«, berichtete einanderer Kaufmann, der aus den Midlands nach Canterbury gekommen war.
»Wieso Krieg? Die blutigen Auseinandersetzungen mit Frankreich sind gerade erst zwei Jahre beigelegt. Wer wird denn schon wieder zu den Waffen greifen wollen? Das Land ist ausgeblutet, der König krank«, bemerkte der Handwerker blauäugig, der aus einem kleinen Dorf stammte und nur einmal jährlich die Stadt besuchte.
»Woher kommst du? Lebst du etwa hinter dem Mond?«, wunderte sich der Bote über die Unwissenheit des Dörflers. »Im Oktober 1453, vor weniger als zwei Jahren, hat die Königin, Margarete von Anjou, unserem König Heinrich VI. endlich den heiß ersehnten Erben geschenkt, den Prinzen of Wales. Kurz danach fiel der König, der lange schon krank und schwach war, in geistige Umnachtung. England stand ohne Herrschaft da. Korruption und Intrigen am Hofe erblühten zu neuer Größe. Die ehrgeizige Margarete von Anjou wurde als Vormund ihres Sohnes, dem Thronerben, bestellt und damit zum Oberhaupt des Hauses Lancaster. Der mächtige Herzog von York, Richard, war mit dieser Regelung jedoch ganz und gar nicht einverstanden. Er hatte sich nämlich selbst Aussichten auf den Thron gemacht. Stattdessen muss er sich nun mit der Rolle des Reichsprotektors zufrieden geben. Vor kurzem erwachte Heinrich VI. jedoch aus seiner geistigen Umnachtung und machte die Regentschaft des Duke of York überflüssig. Zudem berief der König nun den ärgsten Rivalen Yorks, den Duke of Somerset, zum ersten Mann im Königreich.
Doch das will sich der Duke of York natürlich nicht gefallen lassen. Im ganzen Land zieht er seine Leute zusammen, um sich die Krone anzueignen und wenn nötig, sogar mit Gewalt zu nehmen. Ich hörte munkeln, dass er bereits mit einem Heer auf dem Weg nach London sein soll. Wenn das wahr ist, so werden bald dieAnhänger des Hauses York unter dem Banner mit der weißen Rose gegen das Lancasterheer, dessen Feldzeichen die rote Rose ist, um die Krone von England kämpfen – und dann haben wir den schönsten Rosenkrieg«, schloss der Bote seinen Bericht und sah den Handwerker an, der mit offenem Munde zugehört hatte. Dann wandte er sich an Warthorpe.
»Und Ihr, Mylord, seid Ihr auch auf dem Weg zu den Waffen? Oder verfügt Ihr gar über ein Gefolge, welches für Euch in den Krieg zieht? Welcher Rose dient Ihr?«, fragte er ihn und betrachtete neugierig den kostbaren Ring mit dem Rubin an Warthorpes linker Hand.
»Gar keiner«, gab Matthew zu. »Ich suche meine Cousine, die von zu Hause weggelaufen ist und sich in Canterbury aufhalten soll. Habt Ihr vielleicht von einer jungen Lady gehört, die erst kürzlich in der Stadt eingetroffen ist und vielleicht im Kloster um Quartier gebeten hat?«
»Meint Ihr Lady Helen Waterhouse?«, fragte der Klosterknecht, froh, dass er endlich auch etwas zum Gespräch beisteuern konnte. »Ja, genau, die meine ich. Wisst Ihr, wo sie sich aufhält?«, fragte Matthew, bemüht, sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen.
»Lady Helen hat die Nacht tatsächlich im Kloster verbracht. Der Mönch, der die Pforte bewacht, hat mir erzählt, dass sie auf der Suche nach Robin Bloomfield ist, der bei uns um Asyl nachgesucht hat.«
»Was sagt Ihr da, Master?«, fragte Matthew atemlos. »Helen Waterhouse und Robin Bloomfield sind beide bei Euch? Seid Ihr sicher? Irrt Ihr Euch auch nicht?«
»Nein, ganz gewiss nicht. Zwei Leute, die sich als Bedienstete des Sir Warthorpe ausgegeben haben, liegen seit zwei Tagen vor den Klostertoren auf der Lauer, um Bloomfield aufzugreifen, falls er die Mauern verlässt und damit sein Asylrecht aufgibt. Doch bisher hat er dazu keine Anstalten gemacht. Es heißt, Lady Helenwäre nach Canterbury gekommen, um mit Bloomfields Hilfe den Mörder ihres Bruders zu finden. So hat es mir
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