Herz in Gefahr (German Edition)
weg, wenn ihm sein Leben lieb war. Und wo war man derzeit sicherer aufgehoben, als in einem Söldnerheer, in dem jeder zweite wegen irgendeines Verbrechens gesucht wurde? Matthew hatte sich mit Sicherheit den Truppen des Duke of York angeschlossen und ritt nun gegen London. Leise teilte er Helen seine Gedanken mit.
»Wir müssen nach London, wenn wir Warthorpe finden wollen«, flüsterte er. »Ich werde versuchen, jemanden ausfindig zu machen, der den gleichen Weg hat wie wir.«
Obwohl Robin sehr leise gesprochen hatte, drangen seine Worte an das Ohr des Gauklers, der zuvor mit einem Reim um Lohn für seine Truppe gebeten hatte. Er saß am Nachbartisch, Rücken an Rücken mit Robin, und drehte sich jetzt nach ihm um.
»Nach London wollte Ihr, Mylord? Dann schließt Euch uns an. Ein starker Mann mehr im Tross kann in dieser Zeit nur von großem Nutzen sein.«
Robin betrachtete zweifelnd den Gaukler, der sich als Oberhaupt der kleinen Wandertruppe zu erkennen gegeben hatte. Dann sagte er: »Habt Dank, Master, für Euer freundliches Angebot. Wir haben keine Pferde, jedoch größte Eile, und müssen versuchen, so rasch wie möglich London zu erreichen.«
»Dann haben wir das selbe Ziel, Mylord. Auch uns drängt es nach der großen Stadt. Eine Schlacht steht bevor, die Truppen lagern bereits in der Nähe von St. Albans. Nie ist das Bedürfnis nach Unterhaltung und Zerstreuung größer als nach einem Kampf. Reist mit uns, wir könnten uns gegenseitig zu Diensten sein. Wir haben kürzlich unseren Feuerschlucker verloren. Er starb an einem geheimnisvollen Wechselfieber. Ihr könntet sein Pferd reiten, und für Eure Dame findet sich ein Platz auf dem Planwagen. Schlagt ein, Mylord, eine bessere Gelegenheit findet Ihr so schnell nicht wieder.«
Robin nickte. Er sah ein, dass der Mann Recht hatte. Dann blickte er fragend zu Helen. Konnte er ihr zumuten, mit einer Gauklertruppe durch England zu reisen? Helen hielt Robins fragendem Blick stand und sagte dann entschlossen:
»Ich bin auf einem alten Töpferkarren nach Canterbury gereist. Warum sollte ich dann nicht auf einem Planwagen nach London fahren können? Wir nehmen Euer Angebot gern an, Master, und werden uns mit Eurer gütigen Erlaubnis Eurer Truppe anschließen.«
Der Gaukler nickte zufrieden, lächelte dann freundlich und streckte Robin und Helen seine Hand entgegen. »Dann heiße ich euch also herzlich bei uns willkommen. Mein Name ist Roger Stoneway, doch alle nennen mich nur Funbird.«
Helen lachte. »Der Name passt zu Euch, Master Funbird. Ich bin Helen Waterhouse, aber Ihr könnt mich einfach Helen rufen.« Auch Robin hatte sich nun entspannt und stimmte in die Heiterkeit ein. Er ergriff Fun-birds Hand und stellte sich ebenfalls vor. Der Gaukler war ihm auf Anhieb sympathisch. Rote, krause Locken hingen ihm wild um den Kopf und verliehen ihm ein ungezähmtes, abenteuerliches Aussehen. Doch sein breites, gutmütiges Gesicht, aus dem zwei blaue Augen, rund und poliert wie Murmeln, hellwach und freundlich in die Gegend sahen, milderten den verwegenen Eindruck. Funbird war nicht sehr groß, doch die Muskeln an seinen Armen verrieten Kraft und Stärke. Alles in allem erweckte er den Anschein, ein kluger, mutiger und gerechter Anführer der kleinen Truppe zu sein, der seine Autorität nicht ausnutzte, aber trotzdem keinen Zweifel daran ließ, wer hier das Sagen hatte.
Die Komödianten gaben noch eine Vorstellung, dann drängte Funbird zum Aufbruch.
»Lasst uns gehen, damit wir morgen früh rechtzeitig nach London aufbrechen können. Wir haben unser Lager vor den Toren der Stadt aufgeschlagen.«
Die Gaukler packten ihre Instrumente und Jongleurbälle zusammen und verließen gemeinsam mit Robin und Helen das Gasthaus zum ›Heiligen Hirten‹.
20. Kapitel
Schon fünf Tage später war es soweit. Die verfeindeten Heere der Häuser Lancaster und York lieferten sich vor den Toren von London, in der Schlacht bei St. Albans einen unversöhnlichen Kampf um den englischen Thron. Die Söhne des Landes standen sich gegenüber und zerrissen sich in einem Kampf, der sich rasch von einer Adelsfehde zu einem Bürgerkrieg ausgewachsen hatte, in einem Krieg, der unter dem Namen ›Rosenkrieg‹ in die Geschichte eingehen sollte. Junge Männer, die als Kinder zusammen gespielt hatten und gemeinsam erzogen worden waren, lieferten sich erbitterte und blutige Zweikämpfe. Schwerter klirrten, Verwundete stöhnten, und ihr Blut färbte das Schlachtfeld rot.
Auch Matthew Warthorpe
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