Herz in Gefahr (German Edition)
meine Truppe so, als wären wir deine Leute«, fügte er hinzu, und die beiden Männer hatten ihre neue Freundschaft mit einem Krug Rotwein besiegelt.
Auch Helen hatte sich inzwischen gut bei den Komödianten eingelebt. Besonders fühlte sie sich zu der kleinen Rosa, der zehnjährigen Akrobatin, hingezogen. Die beiden lachten und alberten den ganzen Tag. Doch auch mit den anderen verstand sich Helen gut. Sie half Bernice, der Lautenspielerin, beim Kochen und Waschen und unterhielt sich mit ihr wie mit ihresgleichen.
Robin war stolz auf Helen, auch wenn er es sich und noch viel weniger ihr nicht eingestehen wollte. Helen war eine Frau, die es verstand, aus jeder Lebenslage das Beste zu machen. Robin hatte bisher nur wenige Frauen kennen gelernt, die so tapfer, unerschrocken und klug waren wie Helen. Wenn er es auch nicht wahrhaben wollte, so liebte er Helen beinahe noch mehr als damals, als sie noch sorgenfrei in ihrer Heimat lebten. Doch noch immer begegneten die beiden sich voller Scheu und Befangenheit. Sie hatten trotz der gemeinsamen Erlebnisse noch nicht wieder zu ihrem alten vertrauten Ton zurückgefunden und mieden ängstlich jede Berührung, aus Furcht, das zarte, neugeknüpfte Band ihrer Liebe könne bei der geringsten Belastung zerreißen. Robin betrachtete hoch zu Ross das Menschengewimmel ringsumher.
»Wie sollen wir hier jemals Warthorpe finden«, stöhnte er.
Funbird lachte. »Ganz einfach. Wir ziehen mit unserer Truppe von Gasthaus zu Gasthaus. Wir haben Kostüme im Wagen, mit denen ihr euch verkleiden könnt. Helen kann zur Laute singen, und du solltest mit dem Hut herumgehen. Ich wette, so finden wir ihn bestimmt. Halte die Augen und Ohren gut offen. Vielleicht schnappst du in einem Gespräch einen wichtigen Hinweis auf.« Endlich hatte der Planwagen eine stille Seitenstraße erreicht. Auf einem kleinen Platz vor einer Kirche banden sie die Pferde fest, kleideten sich in ihre Kostüme und begannen mit der Suche. Helen hatte vor Aufregung rosige Wangen. Sie trug ein Kleid, dass an die Tracht einer Küchenmagd erinnerte. In der Hand hielt sie eine Pergamentrolle, auf der Liedtexte geschrieben standen. Sie hatte eine helle, glockenklare Stimme, doch noch niemals in ihrem Leben hatte sie ihr Talent vor so vielen Leuten und vor allem für Lohn und Brot unter Beweis stellen müssen. Helen hatte Lampenfieber. Sie hielt die Pergamentrolle krampfhaft in der rechten Hand und brannte darauf, endlich singen zu können. Gleichzeitig saß ihr die Angst, zu versagen und ausgelacht zu werden, im Nacken. Sie schaute zu Robin, der sich einen bunten, mit Schellen und Glocken behangenen Umhang übergezogen hatte, und lächelteihm zaghaft zu. Robin erwiderte das Lächeln, trat zu ihr und strich ihr behutsam mit dem Zeigefinger über die Wange.
»Wir schaffen das schon«, ermunterte er sie. »Du wirst sehen, bald wirst du wieder in der großen Halle der Burg Waterhouse sitzen, und deinem Vater von unseren Abenteuern erzählen.«
»Ich fürchte mich ein bisschen«, gab Helen zu. »Ich habe Angst, ausgelacht zu werden. Die Soldaten sind laut und roh. Ich bin ihre derben Spaße nicht gewöhnt und weiß nicht, wie ich ihnen antworten soll.« In ihrer Aufregung merkte Helen erst später, dass Robin nur davon gesprochen hatte, dass sie, Helen, bald zurück auf Waterhouse sein würde. Was bedeutete das? Wo würde Robin sein? Hatte er vor, sie zu verlassen, nachdem er Warthorpe gefunden hatte? War ihm die Probeehe nur ein Mittel zum Zweck gewesen?
»Hab keine Angst, ich bin bei dir. Ich werde immer in deiner Nähe sein und auf dich Acht geben.«
Funbird klatschte in die Hände. Das war das Signal zum Aufbruch. Die kleine Truppe machte sich auf den Weg, und schon wenige Augenblicke später betraten sie die erste Schankstube. Lautes Gegröle und dicke, stickige Luft empfingen sie. Bernice begann die Laute zu spielen, die Trommel setzte gleichzeitig ein. Rosa machte einen Handstand, der Jongleur warf seine Bälle in die Luft und Funbird schaffte sich mit lauter Stimme Gehör: »Mein hochverehrtes Publikum! Die Gaukler sind da, seht und hört! Seid still, und dass mir niemand stört. Viele ferne Länder haben wir bereist. Meint ihr nicht, dass das beweist, wie trefflich wir euch zu zerstreuen vermögen? Hört und seht nun, und spendet dann euren Segen.« Bei den letzten Worten hielt Funbird ein tellergroßes Holzstück in die Höhe, das wie eine Goldmünze bemalt war. Die Leute lachten, dann herrschte Stille. Helen stand
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