Herz in Gefahr (German Edition)
Gemach.
13. Kapitel
Auf der Burg Waterhouse kam man nicht zur Ruhe. Nach Helens Verlobungsfeier mit Robin Bloomfield, nach dem schrecklichen Mord, der Gerichtsverhandlung und dem anschließenden Begräbnis des kleinen Andrew hatten die Bediensteten nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen ein Fest vorzubereiten, Helens Hochzeit mit Sir Matthew Warthorpe. Helen hatte auf eine Verlobung verzichtet, zumal ihre Verlobung mit Robin Bloomfield aufgrund seiner Abwesenheit noch nicht als gelöst gelten konnte. Sie drängte darauf, sofort und ohne Verzögerung vor dem Altar mit Matthew getraut zu werden. Doch im Gegensatz zum Verlobungsfest sollte die Hochzeit ohne jeden Prunk gefeiert werden. Helen hatte darauf bestanden, die Feierlichkeiten ohne viel Aufwand und nur im engsten Familienkreise zu begehen. Niemand wunderte sich darüber, denn die Bewohner der Burg Waterhouse befanden sich noch immer in Trauer um ihren einstigen Erben.
Aber warum diese Eile? Wollte sich Helen mit dieser Hochzeit bestrafen? Doch wofür? Sie hatte Andrews Tod nicht verhindern können und Robins Liebesschwüren blindlings Vertrauen geschenkt. Glaubte sie, als Matthews Gemahlin den Tod ihres Bruders sühnen zu können?
Die einzige Näherin, die mit dem Hochzeitskleid beschäftigt war, fasste gerade die letzte Naht zusammen, als Helen sie in der Nähstube zur Anprobe aufsuchte. Ohne sich über die Qualität der Arbeit zu äußern, schlüpfte Helen in das Kleid aus weißer Seide, sah kurz an sich hinab und ließ ein freudloses »Es ist gut so« hören. Sie hatte sich nicht einmal im Spiegel betrachtet.Die Näherin stand kopfschüttelnd dabei und sagte: »Mylady, wo soll ich die Stickereien anbringen? Wollt Ihr wieder nur kleine schlichte Sterne oder soll ich vielleicht die gesamten Tierkreiszeichen mit goldenem Faden einsticken?«
»Nein, keine Stickereien. Weder Sterne, noch Tierkreiszeichen, noch sonstiges. Das Kleid bleibt so, wie es ist«, antwortete Helen.
»Keine Stickereien? Aber die Säume wollt Ihr doch mit Pelz verbrämt haben?, Oder mit Samtbordüren eingefasst?« Die Näherin konnte nicht begreifen, dass Helen keinerlei Schmuck und Zierrat wünschte.
»Keinen Pelz, kein Samt«, erwiderte Helen ungerührt.
»Aber dann werdet Ihr aussehen, als trügt Ihr an Eurem Hochzeitstag ein Totenkleid!«, entfuhr es der Näherin voller Entsetzen.
Über Helens Gesicht ging ein zaghaftes Lächeln, das erste seit dem Unglück.
»Ja? Meinst du, dass es einem Totenkleid ähnelt?«, fragte sie leise.
Die Näherin sah sie fassungslos an. Sie murmelte: »Jawohl, Mylady.«
»Gut. Dann bleibt es genauso, wie es jetzt ist. Wage keine Veränderungen daran. Dein Dienst ist erledigt. Geht zum Verwalter und lass dich entlohnen. Ich brauche dich nicht mehr.«
Die Näherin brach in Tränen aus. Sie wurde fortgeschickt! Das konnte nur heißen, dass die junge Herrin eine andere für die Feinarbeiten angestellt hatte.
»Aber Mylady!«, klagte sie. »Ich bin die beste Stickerin der ganzen Gegend! Auch verbrämen kann ich ausgezeichnet. Schickt mich nicht weg. Jede Herrin war bisher mit mir zufrieden. Lasst es mich wenigstens versuchen! Es schadet meinem Ruf, wenn Ihr eine andere mit der Feinarbeit betraut.«
Helen lachte freudlos. »Sei keine Närrin und wisch dir die Tränen ab. Verstehst du nicht? Ich werde keine Stickereien, keinen Pelz und keinen Tand aus Samt und Perlen tragen. Mir gefällt das Kleid ungeschmückt. Es ist fertig. Du hast gute Arbeit geleistet. Doch nun benötige ich deine Dienste nicht mehr. Deine nicht und auch nicht die von einer anderen.«
»Heilige Mutter Gottes!«, rief die Näherin entsetzt aus. »Tut es nicht, Mylady! Es heißt, dass es Unglück bringt, ein reinweißes Kleid zu tragen. Es lockt die Toten an!«
Helen lachte wieder, und auch diesmal klang das Lachen freudlos und bitter. »An wem soll Gevatter Tod hier noch seine Freude haben? Mein Vater, der Lord, ist lange schon zum Sterben bereit, und auch mir bedeutet das Leben nichts mehr. Einzig die Rache hält mich noch auf dieser Erde. Ich trage das Totenkleid für Robin Bloomfield!«
»Helen, Helen, versündigt Euch nicht!«, rief Margaret, die in diesem Moment zur Tür hereinkam und Helens Worte gehört hatte. »Ihr versucht Gott!«
»Und Gott, wie oft hat er mich schon in Versuchung geführt? Immer habe ich tapfer widerstanden. Und was hat es mir genutzt? Nichts! Nur Leid und Unglück kam über mich!«, versetzte Helen und rannte zur Tür hinaus.
Margaret sah
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