Herz in Gefahr
Erinnerung an ihre Liebe sie nie verlassen hatte, sonst würde er sich bittere Vorwürfe machen.
“Wir waren so jung”, flüsterte sie. “Wenn ich zurückdenke, scheint mir, dass wir kaum mehr als Kinder waren.”
“Damals hast du das nicht gedacht.”
“Ich weiß, aber es ist so lange her. In jenem Alter sind die Gefühle überwältigend. Aber es war nicht die rechte Zeit, um Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.”
“Du hast deine jedoch getroffen”, erwiderte er schlicht. “Und sie brach mir das Herz. Oh, Judith, jahrelang verging nicht ein Tag, an dem ich nicht deine Gegenwart zu spüren glaubte. Selbst am entferntesten Ende der Welt.”
“Du kanntest meine Gründe …”
“Ich konnte sie nicht akzeptieren.” Dan erhob sich und setzte sein aufgeregtes Auf und Ab wieder fort. “Ich versuchte, dich zu hassen, weil du unsere Liebe Mrs Avetons unwichtigen Verleumdungen opfertest. Ich war sicher, wir wären damit fertig geworden.”
Judith blieb stumm.
“Später erkannte ich, dass ich unrecht gehabt hatte”, sagte er leise. “Ich muss verrückt gewesen sein, zu glauben, dass ich dich gewinnen konnte. Was hatte ich dir zu bieten? Ein junger Mann ohne Erziehung oder Vermögen?”
“Du hättest deinen Weg schon gemacht”, warf sie ein.
“Mit der Hilfe meiner guten Verbindungen oder in Abhängigkeit von Sebastian? Das wäre mir nicht recht gewesen, und dir auch nicht.”
Judith widersprach ihm nicht, obwohl sie sich danach sehnte, es tun zu können. Ihr waren seine unstandesgemäße Geburt und das Fehlen eines Vermögens nicht wichtig gewesen. Aber sie hatte nicht mit ansehen können, wie einem neunzehnjährigen, vielversprechenden Mann das Leben zerstört wurde durch die Intrigen einer bösen alten Frau.
“Dann war es vielleicht zu unser aller Bestem”, sagte sie scheinbar ungerührt. “Willst du mich nicht zu Prudence bringen?”
“Noch nicht. Erdulde mich noch einen Moment. Unserer alten Freundschaft zuliebe, frage ich dich noch einmal. Bist du glücklich?”
Judith wich seinem Blick aus. “Ich bin zufrieden.”
Er legte einen Finger sanft unter ihr Kinn und zwang sie so, zu ihm aufzusehen. “Sag mir die Wahrheit. Liebst du diesen Mann, wie wir uns damals liebten? Wenn du es tust, werde ich kein weiteres Wort sagen.”
Judith ertrug diese Qual keine Sekunde länger. Sie schlug heftig seine Hand fort. “Du hast kein Recht, mich zu fragen!”, rief sie.
“Das ist wahr, aber du hast mir nicht geantwortet. Oh, meine Liebe, willst du diese Verlobung nicht noch einmal überdenken, bevor es zu spät ist?”
“Hör auf!” Sie hob eine Hand und brachte ihn zum Schweigen. “Du hast versprochen, dich nicht einzumischen. Warum soll ich auf dich hören? Was willst du von mir?”
“Nur dein Glück, glaube mir. Gib dir etwas Zeit, um …”
“Ich kann nicht.” Judith erhob sich abrupt. “Und ich will nicht.”
Sie hatte jede Hoffnung verloren. Obwohl sie Dan die Gelegenheit gegeben hatte, ihr seine Liebe einzugestehen, hatte er nichts dergleichen getan. Wenn er sie in die Arme genommen hätte, wäre sie glücklich gewesen, ihm ihre Liebe und ihr Vermögen zu schenken. Stolz war ein Luxus, den sich eine verliebte Frau nicht leisten konnte.
Aber er berührte sie nicht. Sie wusste es nicht, aber Dan wagte es nicht, ihr wieder näher zu kommen, da er sonst jede Selbstbeherrschung verloren hätte.
“Vielleicht hast du recht”, sagte er kühl. “Ich werde nicht wieder über das Thema sprechen.”
Seine Situation hatte sich nicht geändert. Er konnte ihr immer noch nicht mehr bieten als seine Liebe. Und er kannte Judiths weiches Herz. Es war möglich, dass sie ihn aus Mitleid akzeptieren würde, und das könnte er nicht ertragen. Das Einzige, was er jetzt tun konnte, war, Judith zu beschützen und ihr Glück seinem voranzustellen.
“Prudence wird schon warten”, sagte er.
Judith senkte den Kopf. Es war ein Fehler gewesen, zu kommen. Ihr war nur noch einmal deutlich geworden, dass Dan der einzige Mann war, den sie liebte. Sie würde ihn bis an ihr Lebensende lieben.
Der Schmerz in ihren Augen war fast zu viel für Dan.
“Verzeih mir”, sagte er bedrückt. “Ich habe dich bekümmert. Du hattest recht. Es war ein Fehler, über die Vergangenheit zu sprechen. Wir können sie jetzt nicht mehr ändern.”
Judith war den Tränen gefährlich nahe und wünschte sich nur, in ihrem Kummer allein gelassen zu werden. Ihm so nah zu sein, war eine fürchterliche Qual. Aber sie
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