Herz in Not
mir eher im Armenhaus die Zeit vertreiben würde als mit Ihnen, Sir. Kompromittieren Sie sich selbst, aber ich habe nicht die Absicht, mich von Ihnen kompromittieren zu lassen.“
David lächelte gelassen. „Darf ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Sie meine vierzigtausend Pfund ablehnen?“
Verzweifelt suchte Victoria sich aus seiner Umklammerung zu befreien. „Lassen Sie mich endlich los.“
„Ich wäre ein schlechter Geschäftsmann, wenn Sie mich am Ende der Woche bitten, mein absurdes Angebot zu erneuern und ich die Bedingungen nicht zu meinen Gunsten änderte. Im Moment können Sie noch fordern, was Sie wollen. Ich sorge für Ihren Vater, Ihre Tante, erhalte das Gut...“
„Sie würden mir ein Haus in London zur Verfügung stellen und Hartfield halten?“ fragte Victoria ungläubig und heftete ihren Blick wieder fest auf das funkelnde Juwel an seiner Krawatte.
„Habe ich das nicht bereits gesagt? Allerdings erwarte ich, dass Sie in London wohnen. Dass Sie sieben Nächte die Woche nach Hertfordshire verschwinden, könnte ich nicht akzeptieren.“ Sein ironisches Lächeln vertiefte sich, als er sah, wie Victoria errötete. „Ich gebe Ihnen einen Tag Bedenkzeit. Überlegen Sie gut, Mrs. Hart, bevor Sie mein Angebot endgültig ablehnen. Möglicherweise sind Sie dann nicht mehr in der Lage, Bedingungen zu stellen ...“
Wütend sah Victoria ihn an, nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. „Mein Entschluss steht fest. Ich will Sie nie wieder sehen, Mr. Hardinge ... oh, Verzeihung, Lord Courtenay. Aber ich bin froh, dass ich nun Ihre wahre Natur kennen gelernt habe. Sie werden lachen, wenn ich Ihnen erzähle, dass ich bislang nie auf den Klatsch gehört und Sie für einen ehrenwerten Mann gehalten habe.“ Sie blickte zur Tür. „Tante Matilda“, sagte sie erleichtert, als sie das rotbackige Gesicht ihrer Tante erspähte.
David ließ Victoria sofort los und trat ein paar Schritte zurück. Richard Du Quesne betrat mit hochrotem Gesicht den Raum, hinter ihm folgte Matilda, die sich mit ihrem Fächer heftig Luft zufächelte. Unsicher blickte Richard von David zu Victoria. „Ach, die Küche ist wirklich riesig“, versuchte er die peinliche Stille zu überbrücken.
„Und heiß“, meinte David trocken. Bevor er den Kopf in den Nacken legte und verärgert auf die Stuckdecke starrte, traf Victoria ein drohender Blick.
Er versucht die beiden wieder loszuwerden, stellte sie fest. Der Gedanke, dass er sie mit seiner gefühllosen Vereinbarung ködern wollte, machte ihr Angst. Umso mehr, da sie der Verlockung kaum widerstehen konnte. Natürlich wusste er das! Offensichtlich hatte er Übung in so herzlosen Methoden. Victoria lächelte ihre Tante viel sagend an. „Ich hoffe, du hast deine Besichtigungstour beendet. Wir müssen jetzt wirklich aufbrechen.“ Dann wandte sie sich Richard Du Quesne zu, verabschiedete sich höflich, ging zur Tür und wartete, dass ihre Tante ihr folgte.
„Ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft, Lord Courtenay“, sagte Victoria leise in den düsteren, nur vom Kaminfeuer beleuchteten Raum.
„Ich danke für Ihren Besuch, Mrs. Hart“, erwiderte David ebenso ausdruckslos.
„Nun?“ fragte Richard kurz darauf ungeduldig.
„Ach ... halt den Mund“, fuhr David ihn an, während er zum Fenster ging und beobachtete, wie die beiden Frauen in die Kutsche stiegen.
„Nun?“ erkundigte auch Matilda sich, sobald der Wagenschlag hinter ihnen zugefallen war.
Angestrengt schaute Victoria auf das vornehme Portal, durch das sie gerade entkommen war. Dann strich sie sich eine Locke aus der Stirn, schüttelte den Kopf und murmelte: „Nein!“
David, der die ablehnende Geste beobachtet hatte, fluchte laut, als der Wagen den Platz verließ.
„Hab ich dich nicht gewarnt?“ murmelte Richard. „Ach, ich hol uns erst mal was zu trinken.“
6. KAPITEL
Emma betrachtete sich kritisch im Spiegel. „Violett steht mir nicht.“ „Die bernsteinfarbene Seide passt vielleicht besser zu Ihrem Teint“, schlug Victoria taktvoll vor.
Entnervt warf Emma das lila Seidenkleid aufs Bett. „Darin sehe ich aus wie eine trauernde Witwe.“ Beschämt sah sie zu Victoria. „Oh, ich wollte nicht... “
„Schon gut. Ich habe mich auch noch nicht daran gewöhnt.“ Victoria strich traurig über ihr lavendelblaues Seidenkleid. „Zum Glück mag ich die Farben Grau und Lavendel.“
„Ihnen stehen vermutlich alle Farben. Schon damals, als Sie noch in London lebten, habe ich Sie immer
Weitere Kostenlose Bücher