Herz ist Trumpf
Euer Gnaden“, sagte sie mit ehrlich empfundenem Wohlwollen. „Aber ich könnte mehr tun, als Ihnen eine trockene Erklärung zu geben. Morgen ist Sonntag, und da ist Penny House geschlossen. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie zu einer unserer Wohltätigkeitseinrichtungen und zeige Ihnen persönlich, was wir erreicht haben.“
Bereitwillig griff er den Vorschlag auf. „Was für eine großartige Idee, Miss Penny!“, rief er aus. „Ich werde gleich morgen früh mit meiner Kutsche hier sein.“
Sie dachte einen Augenblick nach und beschloss, ihm diesen offenkundigen Hieb nicht heimzuzahlen. Ob der Duke sonntags in die Kirche ging oder nicht, war seine Entscheidung. Sie würde sein Geld für ihre guten Werke akzeptieren, aber unter keinen Umständen den Fehler begehen, seine Seele retten zu wollen, während sie seine Taschen leerte.
„Am Nachmittag würde es mir besser passen, Euer Gnaden“, erklärte sie leichthin. „Und vielleicht wäre es weniger Aufsehen erregend, eine Mietdroschke zu nehmen.“
„Wir schließen einen Kompromiss und fahren mit meiner Kalesche“, erwiderte er abwinkend. „Die ist einfach genug.“
Natürlich war sie das nicht, nicht wenn das mit leuchtendem Blattgold verzierte Wappen des Duke auf dem Schlag prangte. Aber Guilford würde ja nicht einmal wissen, wie man sich unauffällig verhielt, wenn sein Leben davon abhinge.
Dennoch war sie bereit, auf seinen Vorschlag einzugehen. „Vielen Dank, Euer Gnaden“, sagte sie. „Es wäre mir ein Vergnügen, Sie in Ihrer Kalesche zu begleiten.“
„Und die Aussicht auf Ihre Gesellschaft, Miss Penny …“ Er runzelte leicht die Stirn, als müsse er nach den richtigen Worten suchen, „… versetzt mich schon jetzt in Hoch stimmung.“
Er verbeugte sich, wandte sich ab und verschwand in der Menge, ehe sie etwas darauf erwidern konnte. Amariah schüttelte lächelnd den Kopf, ehe sie den nächsten Gentleman begrüßte.
Guilford schob die Vorhänge zur Seite, blickte aus dem Fenster seines Schlafgemachs und lächelte zufrieden. Nichts als blauer Himmel und Sonnenschein. Die Götter des Glücks und der Wettengewinner waren ihm heute hold. Obwohl in romantischen Theaterstücken und Balladen immer behauptet wurde, dass Nebelschwaden das Beste für Liebende seien, hatte er festgestellt, dass Wärme und ein sonniger Himmel eine Dame viel eher in Stimmung brachten. Heiter und unmelodisch vor sich hin pfeifend, ließ er sich von seinem Kammerdiener Crenshaw das Krawattentuch zu einem Knoten binden, der ebenso perfekt war, wie der Tag es zu werden versprach.
„Großartiges Wetter, nicht wahr, Crenshaw?“, bemerkte er.
„Wie Sie wünschen, Euer Gnaden.“ Auch diesmal gab Crenshaw seine Standardantwort auf alle Fragen, die Guilford ihm gestellt hatte, solange sie beide zurückdenken konnten. Unter seinem weißen Haarschopf verbarg der Kammerdiener eine trübsinnige Schicksalsergebenheit. Er war unbestimmbaren Alters, und Guilford wusste nur, dass der Mann schon vor seiner Geburt zur Dienerschaft der Familie gehört hatte. Nach dem Tod seines Vaters hatte Guilford ihn zusammen mit dem Titel geerbt, und er ging davon aus, dass Crenshaw jeden Morgen mit dem Rasierzeug bereitstehen würde, bis einer von ihnen starb.
„Soll ich Ihre Rückkehr erwarten, damit Sie sich für den Abend umkleiden können, oder werden Sie sich direkt zu Miss Danton begeben?“
„Nein, nein, Crenshaw, ich bin mit Miss Danton fertig und sie mit mir“, antwortete Guilford ohne eine Spur von Verbitterung. „Heute genieße ich die Begleitung einer anderen schönen Dame – die Miss Amariah Pennys.“
„Die Besitzerin des Spielclubs?“ Crenshaws Erstaunen ließ ihn kurz seine Zurückhaltung vergessen. „Eine der drei rothaarigen Schwestern, Euer Gnaden?“
„Genau, die Älteste und Vornehmste der drei“, sagte Guilford genüsslich. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal auf eine Verabredung mit einer Frau so gefreut hatte. „Es ist noch nicht absehbar, wann ich zurückkomme.“
Guilford schlüpfte in den Rock, den der Kammerdiener ihm hinhielt, griff nach seinen Handschuhen und dem Hut und eilte die Treppe hinunter. Er hatte Amariah Penny von Anfang an gemocht. Das erste Mal war er in ihrem Etablissement gewesen, weil ein von Damen geführter Spielsalon eine unerhörte Sensation darstellte, aber wegen Amariah war er wiedergekommen. Es lag nicht an ihrem flammend roten Haar und ihrer wohlgestalten Figur – London war voll von viel schöneren
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