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Herz ist Trumpf

Herz ist Trumpf

Titel: Herz ist Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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bleiben.“
    Schon sprang sie hinaus, hielt den Weidenkorb wie einen Schutzschild vor sich und bahnte sich einen Weg durch die Menge der Bettler. Jetzt erst sah er, dass sie vor einer kleinen Kirche standen, die sich in einem beklagenswerten Zustand befand. Der Pastor stand lächelnd in der Tür und hielt sie für Amariah auf.
    „Euer Gnaden?“ Einer seiner Lakaien erschien an der Kutschentür.
    „Verdammt, bringen Sie Miss Penny diese verflixten Körbe!“ Guilford sprang ebenfalls zu Boden und schob sich durch die Menge hinter Amariah her. Es kostete ihn all seine Willenskraft, um seine Nase nicht mit dem Taschentuch zu bedecken. Wer hätte auch ahnen können, dass es Menschen gab, die ebenso abscheulich stanken wie der Abfall unter ihren Füßen?
    Schließlich erreichte er die Kirche und eilte die ausgetretenen Stufen hinauf, fort von den Bettlern. Sein Herz schlug heftig, und er spürte einen unangenehmen Schweißfilm unter seinem Hemdkragen. Aber Amariah strahlte ihn an, vermutlich weil er sich solche Mühe gab. Wenigstens ein kleiner Trost, dachte er nicht ohne Selbstironie.
    „Euer Gnaden, ich möchte Sie mit Reverend Robert Potter bekannt machen.“ Sie schlug denselben ungezwungenen, würdevollen Ton an, mit dem sie bedeutende Persönlichkeiten in Penny House vorstellte. „Er ist der Pfarrer der St.-Crispin-Gemeinde. Reverend Potter, Seine Gnaden, der Duke of Guilford. Lord Guilford ist sehr an unserer Wohltätigkeitsarbeit interessiert. Er begleitet mich heute, um sich selbst ein Bild zu machen.“
    Der Reverend verschränkte die Hände vor seinem schwarzen Talar und lächelte. Er war groß und hager, doch in seinen blauen Augen lag ein freundlicher Blick, der sein ganzes Gesicht weicher wirken ließ.
    „Es ist uns eine große Ehre, Sie hier bei uns in St. Crispin zu begrüßen zu dürfen, Euer Gnaden“, sagte er. „Ich wünschte, es gäbe mehr wohlhabende Herren, die sich für die Leiden der Unglücklichen interessieren.“
    Guilford fühlte sich wie ein Schmierenschauspieler in einem schlechten Stück. „Miss Penny gebührt die Ehre“, erwiderte er. „Sie ist diejenige, die mich hergebracht hat.“
    Amariah schob ihre Hand unter seinen Arm, und er ließ sich von ihr in die Kirche führen. Nach der warmen Sonne war es hier drinnen kühl und feucht. Sie traten durch eine Tür in der Seitenwand und kamen in einem saalartigen Raum, in dem drei Reihen langer Brettertische aufgestellt waren. Sobald die Lakaien die Körbe hereingebracht hatten, begannen zwei einfach gekleidete Frauen und ein Junge mit einem schwarzen Hut sie auszupacken.
    „So viel wir auch heranschaffen, es ist nicht annähernd genug“, seufzte Amariah, während sie Äpfel aus einem der Körbe auf den Tischen verteilte. „Es gibt so viele Hungernde in London, da spricht es sich schnell herum, wenn es irgendwo umsonst etwas zu essen gibt.“
    Eine der Frauen wickelte eine große, gebratene Gans aus ein paar Lagen Wachspapier, von der an einer Seite nur ein kleines Stück fehlte. Guilford war sich sicher, dass diese Gans am Abend zuvor das Büffet in Penny House geziert hatte.
    „Das ist von uns übrig geblieben, nicht wahr, Miss Penny?“, fragte er.
    „Wenn Sie damit Penny House meinen, ja.“ Amariah nickte. „Die Mitglieder erwarten, dass ihnen jeden Abend alles frisch zubereitet wird, und dann essen sie kaum einen Happen davon. Ich wüsste nicht, was falsch daran wäre, die Reste denjenigen zu bringen, die nicht so … so wählerisch sind.“
    Zum ersten Mal dachte Guilford darüber nach, wie viele Speisen in einer einzigen Nacht in Penny House nicht aufgegessen, wie viele kaum berührte Teller wieder nach unten getragen wurden. Ihm fiel auf, wie korpulent eine ganze Reihe seiner Freunde und Bekannten waren.
    „Aber diese Äpfel müssen Sie extra für heute besorgt haben“, stellte er fest.
    „Äpfel, Milch, Brot und Käse werden mit den Gewinnen von den Spieltischen gekauft. Trotzdem sind unsere Bemühungen nur ein kleiner Anfang. Lungerst du hier in einer bestimmten Absicht herum, Billy Fox?“
    „Ja, Madam.“ Der Junge, der beim Auspacken mitgeholfen hatte, hob grinsend den Kopf und sah Amariah unter seiner Hutkrempe hervor keck an. „Ich tu alles mit Absicht.“
    „Du bist auch mit Absicht frech, würde ich meinen.“ Lachend warf Amariah ihm einen Apfel zu. Billy Fox fing ihn und biss hungrig hinein.
    Guilford hielt den Jungen für neun oder zehn – sein Alter war schwer einzuschätzen, weil er so dünn und

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