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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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weil wir, nein, weil Brian Probleme bekam, wenn uns jemand als Liebespaar outete. Noch dazu sollten wir seine Exfreundin, die vor Eifersucht fast zerging, nicht länger reizen?!
    Â»Es ist schrecklich, dass du in diese Sache hineingezogen wirst. Du kannst schließlich absolut nichts dafür.«
    Â»Kann ich tatsächlich nicht«, stimmte ich ihm zu. Alles, was Brian anbrachte, um die Situation zu entschärfen, trug ganz und gar nicht dazu bei, mich zu beruhigen. Ich hörte noch immer diesen fremden Klang aus seiner Stimme heraus. War das Reue? Schlechtes Gewissen? Egal. Es war ohnehin zu spät.
    Â»Fest steht, dass du ein intimes Vier-Augen-Gespräch mit Natou planst, das sie ohne Weiteres in den falschen Hals bekommen kann. Was, wenn sie versucht, wieder mit dir anzubändeln, während ich mich brav unsichtbar mache?«
    Entrüstet schob ich den Stuhl nach hinten und stand auf. Ich hielt es inmitten der lärmenden, glücklichen Menschen keine Minute länger aus. Ich musste weg.
    Â»Katja! Du verstehst alles völlig falsch!«, sagte Brian.
    Irrte ich mich oder wirkte er verzweifelt? Nein, das konnte nicht sein. Der einzige Mensch, der hier echte Verzweiflung verspürte, war ich. Ich allein.
    Â»Ach ja? Ich glaube, ich verstehe das alles haargenau richtig. Und du kannst deine komischen Bananenblätter jetzt allein essen.«
    Â»Und was ist mit unserem Tauchgang?«, wollte Brian noch von mir wissen.
    Der hatte vielleicht Nerven – er brummte mir ein Undercover-Programm auf, anstatt offen zu seinen Gefühlen zu stehen, und dann wollte er einfach zur Tagesordnung übergehen? Die Verletztheit, die ich deshalb verspürte, konnte ich kaum in Worte fassen.
    Â»Findet ohne dich statt.« Der Stuhl schrammte laut über den Boden, als ich ihn an den Tisch schob und davoneilte.
    An der Straßenecke stieg ich in ein Taxi. »Zur Tauchbasis«, verlangte ich auf Englisch.
    Der Fahrer drehte sich zu mir um. »Zu welcher?«, wollte er wissen.
    Ich hielt ihm den Zettel hin, den ich mir an Bord ausgedruckt hatte, und kauerte mich dann auf dem Rücksitz zusammen. Die Fahrt würde mich eine Stange Geld kosten, doch das war mir egal. Ich wollte so schnell wie möglich hier weg. Unter Wasser würden meine Tränen wenigstens niemandem auffallen.
    Als Sybel, die Tauchlehrerin, wenig später über die seit mehr als 20 Jahren unter Naturschutz gestellte Unterwasserwelt der Insel sprach, ging es mir besser. Es tat gut, ihr einfach nur zuhören zu müssen – das lenkte ab.
    Da alle Teilnehmer bereits einen Tauchschein in der Tasche hatten, schwor Sybel an diesem Tag auf erlebte Praxis. Und so dauerte es nicht lange, bis wir mit einer Sauerstoffflasche am Rücken ins Wasser plumpsten und eine faszinierende Welt entdeckten. Schon das Schnorcheln hatte mir gefallen, aber Tauchen war etwas völlig anderes. Es erschloss mir ein Universum voller Farben und schwereloser Bewegung. Es gab Weich- und Steinkorallen und zahlreiche Schwämme um mich herum zu sehen. Außerdem Seepferdchen und Skorpionfische. Fehlten nur noch Rochen und Barrakudas. Nicht zu vergessen die freundlich dreinblickenden Meeresschildkröten. Zum Schluss entdeckte ich sogar einen Baby-Hai. Er zog einige Meter von mir und Sybel entfernt seine Kreise und sah überhaupt nicht Furcht einflößend aus. Eher niedlich, auf ungewohnte Weise.
    Die Welt hier unten nahm mich von Beginn an gefangen und sorgte dafür, dass meine Probleme plötzlich klein und unwirklich erschienen. Brian, Natou, Mum und Troller waren hier nicht wichtig. Wo ich auch hinsah, ging es wie in einem Disney-Zeichentrickfilm zu. Bunt und schrill, lebendig und still zugleich. Ich glaubte sogar, Nemo aus dem gleichnamigen Film zu erkennen. Es war bezaubernd. Ich paddelte mit den Füßen und schwebte durch die Welt weit unten. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte sogar meinen Namen vergessen.
    Ich kam müde vom Tauchen zurück, und nachdem ich das nasse Badezeug zum Trocknen auf den Balkon gehängt hatte, stieg ich unter die Dusche, um mich für den Abend fertig zu machen. Mit After-Sun-Lotion eingecremt, ließ ich mich trocknen und schlüpfte dann in einen weißen Rock und ein rotes Neckholder-Shirt, um die Poolbar anzusteuern.
    Als ich auf einem Barhocker Platz genommen hatte, bestellte ich einen Maracuja-Cocktail, um mich damit für den heutigen Tag, den ich irgendwie überstanden

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